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Feministische Politik

Zeit für linken Feminismus

Frauen und queere Menschen haben in den vergangenen Jahrhunderten viel erreicht. Aber in Zeiten himmelschreiender sozialer Ungerechtigkeit, erstarkender rechter Kräfte und zunehmender Militarisierung bleibt viel zu tun. Und: Macht und Geld sind noch immer fest in den Händen der Männer. Die Revolution der Geschlechterverhältnisse ist unvollendet. Wir müssen und werden sie weiter voranbringen. Wir streiten für Gleichstellung, damit Frauen und Männer gleich viel verdienen, gleiche Entwicklungsmöglichkeiten haben, sich zu Hause die Arbeit gerecht aufteilen und Erniedrigung und Gewalt ein Ende haben. Geschlechtergerechtigkeit heißt Befreiung für alle von den kapitalistisch-patriarchalen Fesseln. Das ist linker Feminismus.

Dafür setzen wir uns ein

Nicht nur Frauen, auch vielen Männern gefällt nicht, dass Kinder oft weniger Zeit mit Vätern verbringen als mit Müttern. Nur mit neuen Arbeitszeitmodellen für alle wird sich die heutige Arbeitsteilung ändern, bei der Frauen den Löwinnen-Anteil der Arbeit für Haushalt, Kinder oder Pflege tragen. Während die einen ihren Teilzeitjob gern aufstocken würden, müssen die anderen Überstunden schieben, weil die Firma es verlangt oder das Gehalt sonst nicht reicht. Dabei ist genug Arbeit für alle da, wenn sie gerecht und nach unseren jeweiligen Bedürfnissen verteilt wird.

Wir kämpfen dafür, dass Vollzeit nicht mehr 40 Stunden sind, sondern rund 30 – perspektivisch noch kürzer. Denn das Leben dreht sich nicht allein um den Job. Statt kapitalistischem Wachstumszwang, Stress und Konsum brauchen wir Zeit füreinander und die Möglichkeiten für eine ökologische Lebensweise. Wir brauchen auch ein Umdenken, wie Familienarbeit besser verteilt und anerkannt werden kann. Viele Frauen werden zwischen diesen Verpflichtungen und der Erwerbsarbeit zerrieben, nicht selten landen sie in der Bürgergeld-Falle. Öffentliche Angebote für Kinderbetreuung oder eine professionelle Rund-um-die-Uhr Pflege müssen ausgebaut werden. Wir brauchen einen Rechtsanspruch für Beschäftigte auf Freistellung von bis zu sechs Wochen für die akut notwendige Pflege von Angehörigen — bei voller Bezahlung.

 

Im reichen Deutschland leben mehr als 17 Millionen Menschen unterhalb der Armutsgrenze. Frauen sind viel häufiger betroffen als Männer. Das Armutsrisiko alleinerziehender Mütter ist viermal höher als das verheirateter. Für Frauen kann die Scheidung ein finanzielles Fiasko sein. Viele Frauen, die heute noch einigermaßen über die Runden kommen, haben Angst davor, dass im Alter das Geld nicht reicht. Weil Frauen weniger verdienen als Männer, ist ihre Rente fast 60 Prozent niedriger. Wir wollen, dass niemand Angst vor Armut haben muss – weder Studierende noch Alleinerziehende oder Bürgergeld Beziehende und Rentner*innen. Eine Mindestsicherung ohne Sanktionen, die garantiert vor Armut schützt, muss bei Bedarf jeder und jedem zustehen — einfach weil wir Menschen sind. Frauen und FLINTAs sollen selbstbestimmt leben können, statt in Existenzängsten gefangen oder von einer Partnerschaft finanziell abhängig zu sein.

Noch immer sind die Tätigkeiten zwischen den Geschlechtern ungerecht verteilt. Es gibt typische Frauenund Männerberufe. Frauen verdienen im Schnitt 21 Prozent weniger als Männer–in vielen Bereichen trotz gleicher Qualifikation und gleicher Arbeit. Das geschieht, weil Tätigkeiten von Frauen systematisch abgewertet werden. Wir fordern ein Gesetz, das solche Ungerechtigkeiten beendet. Und ein Verbandsklagerecht, damit Frauen nicht allein vor Gericht ziehen müssen, wenn sie gegen Unterbezahlung klagen. Ein weiterer Grund für die geringen Einkommen von Frauen sind Teilzeitjobs. Zwei Drittel, mehr als 65 Prozent, aller Mütter arbeiten in Teilzeit. Nicht wenige möchten zurück auf eine Vollzeitstelle, aber der Arbeitgeber lässt sie nicht. Deshalb brauchen wir ein Rückkehrrecht auf Vollzeit, das für alle Betriebe und Einrichtungen gilt. Fast ein Drittel aller Arbeitnehmerinnen ist prekär beschäftigt – im Niedriglohnsektor, befristet oder in Leiharbeit. Gerade für sie ist es wichtig, dass der Mindestlohn weiter steigt und das Arbeitsverhältnis unbefristet ist.

Wer sich professionell um andere sorgt, seien es Kinder, Alte oder Kranke, verdient gesellschaftliche Anerkennung – nicht nur, aber auch finanziell. Beschäftigte im Gesundheits-, Erziehungs- und Bildungswesen – das sind vor allem Frauen – müssen mehr verdienen. Und sie brauchen bessere Arbeitsbedingungen. In der ambulanten und stationären Pflege fehlen heute schon mehr als 370.000 Beschäftigte. Das ist nicht nur für das Personal eine große Belastung, sondern auch für die Patient*innen und ihre Angehörigen.

 

Lebensentwürfe und Familienformen sind heute vielfältig und alle sind gleichwertig. Deswegen soll die Förderung durch Staat und Gesellschaft in Zukunft nicht Ehepaaren, sondern all denjenigen zugutekommen, die mit Kindern oder Pflegebedürftigen leben. Auch bei den Rentenansprüchen muss die geleistete Sorge-Arbeit viel stärker gewichtet werden. Die staatliche Subventionierung des Alleinernährer- oder Zuverdienerinnen-Modells wollen wir beenden. Das ungerechte Ehegattensplitting muss durch familienfreundliche Steuermodelle ersetzt werden. Nicht nur Paare in monogamer Zweierbeziehung übernehmen Verantwortung füreinander. Deswegen wollen wir die Ehe durch Wahlverwandtschaften und Co-Elternschaft ergänzen. Reproduktionsmedizin soll auch nicht-verheirateten, lesbischen und Single-Frauen durch Kostenübernahme der Krankenkasse zur Verfügung stehen. Jede Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender, intersexuellen, queeren und asexuellen Menschen muss aufhören. Das gilt auch für Kirchen und Religionsgemeinschaften als Arbeitgeber.

#metoo steht für die zahlreichen Erfahrungen mit alltäglichem Sexismus und sexualisierter Gewalt. Es geht um mehr als dumme Sprüche oder sexistische Werbung. Sowohl sexuelle Belästigung als auch Beleidigung und sexualisierte Gewalt gegen Frauen sind nur die Spitze des Eisbergs, sie sind die offensichtlichen Belege eines tiefergehenden strukturellen gesellschaftlichen Sexismus, der auch in Deutschland traurige Alltagsrealität ist. Es geht ums Ganze. Lasst uns gemeinsam darüber reden! Wir wollen einen bundesweiten Aktionsplan gegen Sexismus, der alle staatlichen Ebenen in die Pflicht nimmt und vor allem auch zivilgesellschaftliche Akteure einbezieht. Wir wollen einen Rechtsanspruch auf sofortigen Schutz und umfassende Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder – ohne Nachweispflichten, die die Frauen zusätzlich belasten oder ihre Sicherheit gefährden.

Unfassbar: Der Paragraph 218 stellt Abtreibung heute noch unter Strafe. Frauen wird noch immer das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper vorenthalten. Schluss damit: Der Paragraph 218, der den Schwangerschaftsabbruch nur unter der Bedingung einer Zwangsberatung in den ersten drei Monaten straffrei lässt, muss aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden. Es braucht ein Gesetz, das den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen wohnortnah garantiert. Wir wollen flächendeckend Beratungsstellen, damit Frauen bei gewollten und ungewollten Schwangerschaften Unterstützung bekommen. Und es braucht gute Rahmenbedingungen für Familien, damit jede Frau, die ein Kind möchte, sich guten Gewissens für eine Schwangerschaft entscheiden kann. Zur Selbstbestimmung gehört auch der Zugang zu Verhütungsmitteln. Deshalb wollen wir, dass die Krankenkassen die Kosten dafür übernehmen.

Als LINKE stehen wir an der Seite jener, die sich für Bewegungsfreiheit, Grundrechte, Frieden und soziale Absicherung einsetzen – auf der ganzen Welt. Gerade für Frauen sind Krieg und Flucht gefährlich und lebensbedrohlich. Deswegen treten wir ein für den Stopp deutscher Waffenexporte und für zivile Konfliktlösung. Deutschland ist längst ein Einwanderungsland. Wir wollen die solidarische Einwanderungsgesellschaft gestalten. Wir fordern ein flächendeckendes Programm, um Geflüchtete und Migrantinnen dabei zu unterstützen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Wir setzen auf ein einladendes »Wir, die hier leben«. Das ist vielfach bereits gelebte Praxis in den Kommunen, auf der Arbeit und in der Freizeit, bei Gewerkschaften genauso wie in Sportvereinen und migrantischen Organisationen. Wie viel Offenheit und Engagement in unserer Gesellschaft vorhanden ist, zeigen die vielen Frauen und Männer, die in der Flüchtlingssolidarität aktiv sind. Zusammen überwinden wir noch jede Grenze.

Frauenpreis

Clara-Zetkin-Preis: And the winner is...

Soziokulturelles Zentrum Frauenkultur

In den ersten Oktobertagen 1990 wurde das damals noch so genannte “Frauenkulturzentrum” eröffnet. Ziel ist es Frauen* in ihrer künstlerischen und kulturellen Arbeit zu unterstützen und zu fördern, sowie einen festen Ort zu schaffen, an dem Frauen* über die Auseinandersetzung mit weiblicher Kunst und Kultur einen Raum der sozialen Kommunikation erfahren und erleben können.

mehr Informationen

Herstellung von Geschlechter­gerechtigkeit

Die Linke will die strukturelle Diskriminierung von Frauen aufheben und streitet für die tatsächliche Herstellung der Geschlechtergerechtigkeit - auch in der Linken selbst.

Gegen Sexismus, Grenzüberschreitungen und sexualisierte Gewalt

Konsequent handeln

Bist du Betroffene oder willst über einen Vorfall sprechen? Wende dich an unsere Expertinnenkommission

BAG Lisa

LISA ist eine autonome Frauenstruktur, in der Frauen die Möglichkeit haben, ihre Politikansätze zu entwickeln, zu diskutieren und zu beschließen. In LISA engagieren wir uns für eine emanzipatorische Gesellschaft, in der jede*r gleiche Möglichkeiten für selbstbestimmte Lebensentwürfe hat. Mach mit!

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Aktuelles

Meldungen und Meinungen zum Thema Feministische Politik

Wo steht die Linke in der politischen Debatte? Hier geht es um aktuelle Positionen und Meldungen aus der Partei

Paragrafen 218 und 219 ersatzlos streichen

In Gießen beginnt der Berufungsprozess gegen die Gießener Ärztin Kristina Hänel. Die Frauenärztin bietet auf ihrer Internetseite Informationen über Schwangerschaftsabbrüche an und war dafür im November 2017 vom Amtsgericht wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden. Die Vorsitzende der Partei DIE LINKE, Katja Kipping, dazu:

Die Paragraphen 218 und 219 gehören ersatzlos gestrichen. Ich hoffe sehr dass sich im Bundestag diejenigen Abgeordneten verbünden, die das Recht der Frauen auf Selbstbestimmung über ihren Körper verteidigen.

Zum aktuellen Rechtsruck gehört, dass hart erkämpfte Frauenrechte infrage gestellt werden. Wir erleben aggressive Kampagnen und Einschüchterungsversuche von Seiten der Rechten, die Frauen das Recht absprechen, über ihren Körper selbst zu entscheiden. Unsere ganze Solidarität gilt Frauen wie der Frauenärztin Hänel und ihrem Team, die sich dafür einsetzen, dass dieses Recht auch umgesetzt werden kann.

Dafür werden sie mit Einschüchterungsversuchen der aggressiven Rechten nur zu oft überzogen, sei es dass man versucht sie zu kriminalisieren, oder sie zu beleidigen und zu bedrohen. Es ist ein Unding, dass diese mutigen Frauen kriminalisiert werden.

Ärztinnen und Ärzte, die Informationen über die Möglichkeit und die Voraussetzungen für einen Schwangerschaftsabbruch geben, verdienen keine Strafe, sondern unsere Solidarität. DIE LINKE hat der Frauenärztin Kristina Hänel stellvertretend den Clara-Zetkin Frauenpreis 2018 verliehen. Ich wünsche Frau Hänel persönlich viel Erfolg für die heutige Verhandlung.

 

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