Asylrecht verteidigen

Migration hat es schon immer gegeben. Menschen machen sich aus unterschiedlichsten Gründen auf den Weg und suchen nach einem sicheren und besseren Leben. Migration ist dabei oft das Resultat globaler Ungerechtigkeiten, der Klimakrise und von Kriegen und Konflikten.
Deutschland ist längst zum Einwanderungsland geworden, etwa ein Viertel der in Deutschland lebenden Menschen hat eine Einwanderungsgeschichte. Menschen mit Migrationsgeschichte gehören zu unserer Gesellschaft und leisten einen wichtigen Beitrag für ihr Funktionieren, wirtschaftlich, kulturell, als Freund*innen.
Gegenwärtig erleben wir einen Überbietungswettbewerb um die radikalsten Forderungen nach Abschottung und Asylverschärfungen. Es wird so getan, als gäbe es einen Zusammenhang zwischen schweren Straftaten und der Kultur oder der Herkunft von Menschen. Dabei hat Kriminalität immer vielfältige soziale Ursachen. Menschen, die migrieren, pauschal für Unsicherheit verantwortlich zu machen, ist daher sachlich falsch. Durch zunehmenden Hass und Hetze werden Menschen mit Migrationsgeschichte eingeschüchtert, fühlen sich nicht mehr sicher, rechte Straftaten nehmen zu.
Wir machen unsere Nachbar*innen nicht zu Sündenböcken von Kürzungspolitik und Missmanagement - und stehen immer und überall für Menschenrechte und für das Grundrecht auf Asyl ein. Die Linke steht für eine solidarische Einwanderungsgesellschaft, in der alle Menschen unabhängig von Pass, Herkunft, Hautfarbe, kultureller oder religiöser Zugehörigkeit die gleichen Rechte und Chancen haben. Wir gehen keinen Zentimeter nach rechts!
Dafür setzen wir uns ein
Asylrecht ist Menschenrecht
Wir lehnen alle bisherigen Asylrechtsverschärfungen ab. Durch die Zustimmung der Ampelregierung zur GEAS-Reform wurde das Recht auf Asyl faktisch abgeschafft. Der individuelle Zugang zu Asylverfahren und Rechtsschutz muss für Asylsuchende auch an den EU- Außengrenzen sichergestellt werden, denn illegale und tödliche Praktiken an den europäischen Grenzen kosten das Leben von tausenden Menschen. Schnellverfahren und Inhaftierung von Schutzsuchenden (ob in sogenannten Rückkehr-, Transit-, kontrollierten Zentren oder „Hotspots“) lehnen wir ab. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden: Asylsuchende brauchen einen Zugang zu wirksamem Rechtsschutz an der Grenze. In Deutschland muss es eine unabhängige Asylverfahrensberatung durch Wohlfahrtsverbände und Vereine geben.
Integrationshindernisse abbauen
Wir wollen, dass Menschen nach ihrer Ankunft keine Steine in den Weg gelegt werden, sondern dass sie die Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Wir fordern, dass alle Geflüchteten ab dem Tag ihrer Ankunft in Deutschland eine uneingeschränkte Arbeitserlaubnis erhalten. Niemand soll darauf warten müssen, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Wir wollen den öffentlichen und genossenschaftlichen Wohnungsbau massiv fördern und so dafür sorgen, dass genügend Wohnraum für alle zur Verfügung steht. Die Unterbringung in Massenunterkünften lehnen wir ab.
Ausreichende Finanzierung der Kommunen
Um ein gutes Ankommen für Geflüchtete zu ermöglichen, müssen entsprechende gesetzliche, finanzielle und strukturelle Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit insbesondere die Kommunen nicht mit den Aufgaben der Versorgung, Unterbringung und integrativer Angebote allein gelassen werden.
Menschen retten
Die EU-Abschottungsagentur Frontex muss aufgelöst und durch ein ziviles europäisches Seenotrettungsprogramm ersetzt werden. Bestehende Instrumente zur Überwachung des Mittelmeers und der Außengrenzen wollen wir in den Dienst der Seenotrettung stellen. Die Kriminalisierung der zivilgesellschaftlichen Seenotrettung muss umgehend beendet werden. Pushbacks sind illegal und müssen beendet werden.
Abschiebungen lösen keine Probleme
Abschiebungen, insbesondere in Krieg, Verfolgung und Elend oder als Form der Doppelbestrafung, lehnen wir ab. Straftäter*innen müssen unabhängig vom Aufenthaltsstatus ein reguläres Strafverfahren im Inland erhalten und gegebenenfalls Haftstrafen im Inland verbüßen.
Fluchtursachen bekämpfen - nicht die Geflüchteten
Statt weiter systematisch Fluchtursachen wie Waffen, Umwelt- und Klimazerstörung sowie Armut zu exportieren, wollen wir globale Ungerechtigkeiten überwinden, Demokratie und soziale Bewegungen von unten unterstützen und Menschen in Not effektiv helfen.
Wir sind eine Einwanderungsgesellschaft – und müssen das auch sein
Die großen Herausforderungen von mehr Personal in Gesundheit, Pflege, Bildung und Erziehung, von ausreichend bezahlbarem Wohnraum, funktionierendem Nahverkehr, sozialem und ökologischem Umbau der Wirtschaft werden wir nur gemeinsam schaffen. Für eine gerechte Einwanderungsgesellschaft müssen die Hindernisse für ein gutes Ankommen und volle Teilhabe an der Gesellschaft beseitigt werden. Menschen mit Migrationsgeschichte sind in allen gesellschaftlichen Bereichen vertreten und leisten wertvolle Arbeit – ganze Lebensbereiche würden ohne sie sofort zusammenbrechen. Unsere Einwanderungsgesellschaft bedeutet aber vor allem auch, dass alle hier zu Hause und Teil unserer Gesellschaft sind, ob als Kolleg:innen, Freund:innen, Nachbar:innen oder im Ehrenamt.
Einwanderung muss im Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards organisiert werden, wir wollen sichere und legale Einwanderungswege eröffnen, die das Sterben an den europäischen Grenzen beenden – und einen schnellen Weg zum Einstieg in die Arbeitswelt und zu voller Teilhabe in der Gesellschaft eröffnen. Dazu braucht es:
legale Wege zur Einwanderung jenseits des Asyl- und Flüchtlingsrechts
rechtliche Gleichstellung, Aufenthaltsrecht und Staatsbürgerschaft
ein erleichterter Familiennachzug für Geflüchtete
Zugänge zum Arbeitsmarkt
die sozialen Rahmenbedingungen und notwendigen Investitionen, mehr Angebote und Personal für Sprachkurse, psychosoziale Versorgung und für Schulen und Kitas, Wohnen sowie einen Fonds für Willkommenskommunen.
Teilhabe organisieren
Wir wollen ein Bundespartizipationsgesetz, um Menschen mit Migrationsgeschichte besser einzubeziehen und mehr in der Gesellschaft zu repräsentieren. Dazu gehören eine Quote, um den Anteil von Menschen mit Migrationsgeschichte in der öffentlichen Verwaltung entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung zu erhöhen, und ein Partizipationsrat, der in wichtige Entscheidungen in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik einbezogen wird. Migrantische Selbstorganisationen müssen im Partizipationsrat vertreten sein.
Wir wollen das aktive und passive Wahlrecht auf allen Ebenen für alle langfristig in Deutschland lebenden Menschen. Alle hier geborenen Kinder und Jugendlichen sollen die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Nach fünf Jahren Aufenthalt in der Bundesrepublik soll jeder einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung haben. Wir fordern Legalisierungsmöglichkeiten für Menschen ohne Aufenthaltsstatus und effektive Bleiberechtsregelungen für Menschen, die mit einem unsicheren Aufenthaltsstatus oder mit Kettenduldungen leben müssen.
Antirassismus ins Gesetz: Es braucht eine klare Arbeitsdefinition von institutionellem und strukturellem Rassismus.
Meldungen und Meinungen zum Thema Flucht und Migration
Wo steht die Linke in der politischen Debatte? Hier geht es um aktuelle Positionen und Meldungen aus der Partei
Solidarität heißt: niemanden vergessen!
Ein Konzeptpapier der LINKEN zur Aufnahme von Flüchtlingen in Corona-Zeiten
Solidarität wurde in den letzten Wochen oft beschworen und zu Recht. Denn sie ist in diesen schweren Stunden dringend nötig. Aber während über Corona-Maßnahmen zum Schutz der Menschen landauf und landab debattiert und entschieden wird, drohen zeitgleich viele Menschen vergessen zu werden. Abstand halten, sich vor der Pandemie schützen, ist gerade für viele Geflüchtete nicht möglich. Sei es in den Gemeinschaftsunterkünften in Deutschland oder den Lagern an den europäischen Außengrenzen. Dezentrale Unterbringung - hier wie dort - ist das Gebot der Stunde, wenn das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit ernsthaft für alle garantiert werden soll. Was außerhalb der deutschen Grenzen passiert, wird von der Bundesregierung ignoriert. An allen relevanten EU-Außengrenzen hat sich die Lage Geflüchteter dramatisch verschärft, unabhängig davon, ob sie auf dem Landweg oder über das Meer kommen. An der griechischen Grenze schrecken Grenzpolizist*innen auch nicht vor dem Einsatz von Gummigeschossen und Tränengas zurück. In der Folge heißt das: das individuelle Recht auf Asyl wird nach Gutdünken teilweise oder ganz suspendiert.Ausdruck der humanitären Katastrophe sind die Hotspots auf den griechischen Inseln, wo ca. 40.000 Menschen unter schlimmsten Bedingungen in hoffnungslos überfüllten Lagern leben. Ein Drittel dieser Menschen sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Moria auf Lesvos ist zum Symbol unmenschlicher Politik gegenüber Geflüchteten geworden. Viele antirassistische Organisationen der Zivilgesellschaft, zur Seenotrettung oder konkreten Solidarität vor Ort machen mobil gegen diese humanitären Missstände. Auch wir als LINKE fordern eindringlich von Bundesregierung und EU, für menschenwürdige Bedingungen an der EU-Außengrenze und innerhalb der EU zu sorgen! Infektionsschutz darf kein Privileg sein, Geflüchtete dürfen nicht als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Handeln ist dringend geboten. Jetzt!
Es braucht deshalb auf kommunaler, Landes- und Bundesebene ein sofortiges Solidaritätsprogramm! Wir fordern:
- Die Unterbringung von Geflüchteten soll insbesondere in der Corona-Pandemie dezentral in Familienwohnungen und auch für Alleinreisende in Wohnungen oder kleinen Wohngruppen einzeln sichergestellt werden. Geflüchtete müssen dringend Zugang in das Gesundheitssystem erhalten und nach dem Vorbild Portugals krankenversichert werden.
- Bundesländer, die bereit sind, Menschen aufzunehmen, sollen Landesaufnahmeanordnungen erstellen und verabschieden. In den Ländern, wo DIE LINKE an Regierungen beteiligt ist, setzen wir uns bereits jetzt aktiv dafür ein und machen den Anfang, damit andere Länder nachziehen!
- Die Landesaufnahmeprogramme dürfen nicht blockiert werden. Wenn Bundesländer ein sicherer Hafen sein wollen, dürfen ihnen dazu keine Steine in den Weg gelegt werden. Kommunen und Landkreisen die sich zum „sicheren Hafen“ erklärt haben, sind von Bund und Ländern unbürokratische und zusätzliche finanzielle Hilfen dafür zu gewähren!
- Wir fordern die Bundesregierung auf, ihre eigenen Beschlüssen umzusetzen, die menschenunwürdigen HotSpots endlich zu evakuieren und in einem ersten Schritt ein Bundesprogramm von mindestens 10.000 Personen aufzulegen. Außerdem muss endlich ein offener Familiennachzug ermöglicht werden.
- Niemanden zurücklassen: Solange Menschen vor Ort in den Lagern bleiben müssen, weil sie keine Möglichkeit haben, über ein Aufnahme- oder Relocationprogramm eine menschenwürdige Aufnahme zu erfahren, organisieren wir für sie Hilfe vor Ort. Bund und Länder sollen dazu in Abstimmung mit der griechischen Regierung durch Träger wie etwa dem THW oder DRK vor Ort den betroffenen Gemeinden helfen, um die medizinische und hygienische Versorgung der Menschen sicherzustellen.
Wir fordern den Bund auch dazu auf, Dublin-Rückführungen aus Deutschland zu stoppen! Die Bearbeitung von Asylanträgen muss hierzulande geschehen. Und wir fordern, Grenzschließungen für Drittstaatsangehörige zum Zweck der Familienzusammenführung aufzuheben und unverzüglich eine unkomplizierte Regelung zur Verlängerung der bereits erteilten Visa zu treffen, so dass kein erneutes Visaverfahren beginnen muss.
Wir fordern, dass überall in der EU in allen Kommunen Geflüchtete den gleichen Schutz vor COVID19 wie die Mehrheitsbevölkerungen erhalten.
Auf europäischer Ebene, im Zusammenhang mit dem „Pact on Migration“, den die Kommission Anfang Juni 2020 vorlegen wird, verlangen wir von Bundesregierung und EU-Kommission:
- Wer europäischen Boden betritt, muss mit seiner Ankunft über alle Rechte verfügen, wie sie im Europäischen Gründungsvertrag festgeschrieben wurden. Es gibt ein unveräußerliches Recht auf Asyl.
- die Beendigung der illegalen Hotspot-Politik und die Auflösung der Hotspots in Griechenland bis Ende 2020! Unverzüglich sollen alle unbegleiteten Kinder, Familien und besonders von Covid-19-gefährdete wie Alte und Kranke evakuiert werden!
- ein europäisches Rettungssystem zur Rettung Geflüchteter einzurichten, das mit den zusätzlichen Mitteln für Frontex finanziert wird!
- dafür einzutreten, dass Gewalt gegenüber Geflüchteten sowie illegale Pushbacks an den EU-Außengrenzen aufhören!
- die Abschaffung des Dublin-Verfahrens. Bei der Verteilung sollen Belange Geflüchteter Berücksichtigung finden, wie Familienzusammenführung, sprachliche, kulturelle und andere Anknüpfungspunkte zu einem Mitgliedsstaat.
- eine Task Force einzurichten, die die soziale Situation und die Unterbringung von Geflüchteten in den Mitgliedsstaaten unterstützt und kontrolliert.
- ein verbindliches Resettlement-Programm aufzulegen, das die Ansiedlung Geflüchteter innerhalb der EU finanziell und logistisch unterstützt.
- keine Deals mit Drittstaaten eingehen, die dazu dienen, Geflüchteten den Weg nach Europa zu versperren und das Recht auf Asyl auszuhebeln.
- die staatliche Sorgepflicht in den Lagern wahrzunehmen und zugleich die Hilfe von NGOs und der Zivilgesellschaft nicht länger zu kriminalisieren.
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Zum Wohle aller: Migrant:innen an erster Stelle
Donald Trump droht Millionen von Mexikaner:innen in den USA, die keine gültige Dokumente besitzen,.mit einer Massenabschiebung. Die Mexikanische Regierung protestiert einerseits gegen diese Pläne, andererseits bereitet sich auf die Aufnahme dieser Menschen.
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Die besondere Geschichte eines sieben Jahre andauernden „Kampfes“ um einen Friedhof für geflüchtete Menschen.
WeiterlesenFür einen Wandel in der Migrations- und Asylpolitk
Immer mehr Politikerinnen und Politiker machen Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete zu Sündenböcken. Doch der zunehmende Abschottungswahn ist eine kollektive Selbsttäuschung, die von den wirklichen Problemen ablenkt.
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