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Klaus Ernst

Deutsche Pharmamacht ungebrochen

50 Jahre nachdem das vermeintlich harmlose Schlafmittel Contergan der Firma Grünenthal auf den Markt kam, wird in der Öffentlichkeit an das tausendfache Leid erinnert, das durch bewusste Verharmlosung und Vertuschung ausgelöst wurde. Dazu erklärt der stellvertretende Parteivorsitzende Klaus Ernst:

Die Tragödie um das vermeintlich harmlose Schlafmittel ist symptomatisch für eine von Pharmainteressen geleitete Gesundheitspolitik. Der Prozess gegen den Contergan-Hersteller Grünenthal war 1970 nach vielen Jahren "wegen geringer Schuld" eingestellt worden und hatte zur Gründung einer Stiftung geführt, in die Grünenthal 100 Millionen DM einzahlte - um im Gegenzug von allen weiteren Verpflichtungen freigesprochen zu werden.

Heute erhalten die Geschädigten eine monatliche Leibrente zwischen 100 und 500 Euro, wovon der Bund die Hälfte bezahlt. Der Stiftungsbetrag war 1997 aufgebraucht. Daraus entwickelte sich ein Streit, in dem die Geschädigten eine Neugründung der Stiftung forderten.

Das am 19. Oktober 2005 in Kraft getretene Gesetz über die Conterganstiftung für behinderte Menschen (Conterganstiftungsgesetz) führte zur Änderung des Namens der Stiftung in "Conterganstiftung für behinderte Menschen". Ferner bezweckte es Abbau von Bürokratie, die Änderung von Verfahrensvorschriften und eine Anpassung des bisherigen Stiftungsgesetzes an die aktuellen Gegebenheiten.

In diesem ersten großen Arzneimittelskandal wurde deutlich, dass

  • die Haftung der Pharmaunternehmen nicht ausreichend abgedeckt wird,
  • der Staat sich schützend vor die Unternehmen stellt,
  • Betroffene schlecht beraten worden sind, die auf weitere Schadensersatzansprüche mit der Gründung der Stiftung verzichtet haben,
  • die Schuldfrage und das öffentliche Interesse kleingeredet wurden.

Heute müssen wir rückblickend feststellen, dass die Politik aus dem Lehrbeispiel für die deutsche Pharmamacht nur unzureichend gelernt hat. Nach wie vor ist der Einfluss der Pharmaindustrie ungebrochen, wie die so genannte Gesundheitsreform der Großen Koalition gezeigt hat.

DIE LINKE fordert eine stärkere Kontrolle des Arzneimittelmarktes sowie eine erweiterte Haftung der Unternehmen.  Gleichzeitig muss die Beratung von pharma- und medizingeschädigten Menschen verbessert werden. Ein Teil der Gewinne der Pharmaindustrie sollte in einen Haftungspool eingezahlt werden.



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