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Helmut Scholz

Wahlen in Afghanistan als Chance zur Änderung der internationalen Strategie nutzen

Aus Anlass der Präsidentschaftswahlen in Afghanistan hat Verteidigungsminister Jung (CDU) bekräftigt, die deutschen Truppen in den nächsten fünf bis zehn Jahren nicht aus Afghanistan abzuziehen. Dazu erklärt Helmut Scholz, Mitglied des Parteivorstandes und Europaabgeordneter der LINKEN:

Acht Jahre nach der mit einem völkerrechtswidrigen Überfall erfolgten Entmachtung der Taliban in Afghanistan können die Präsidentschaftswahlen einen wichtigen Beitrag zur Demokratisierung des Landes leisten. Zugleich belegen die Monate vor der Abstimmung noch einmal mit bedrückender Deutlichkeit, dass der von westlichen Staaten betriebene Versuch einer militärischen „Befriedung“ Afghanistans gescheitert ist.

Kein Tag vergeht ohne neue Gefechte, Überfälle und Attentate, ohne die Tötung und Verletzung von Zivilisten. Allein in der Woche vor den Wahlen fielen Dutzende Menschen der Gewalt zum Opfer, auch bei Anschlägen im Herzen der Hauptstadt Kabul. Die von US-Präsident Barack Obama vollzogene Truppenverstärkung und die Intensivierung der Militäraktionen haben – bei Selbsteingeständnis der Unmöglichkeit eines militärischen Siegs in dem von Bush ausgerufenen „Krieg gegen den Terror“ - die Situation nicht entspannt, sondern weiter verschärft.

Der Krieg droht, alle noch verbliebenen Errungenschaften und die Anstrengungen zum Wiederaufbau, zur Errichtung funktionierender staatlicher und gesellschaftlicher Strukturen und zur Verbesserung der dramatischen sozialen Lage zunichte zu machen. Extremistische Kräfte wie die Taliban gewinnen vor diesem Hintergrund wieder an Einfluss und Zulauf. Geschwächt wird dagegen die Bildung demokratischer Strukturen, der Norden bleibt politischer Akteur und erpressbar, die eigenständige Bekämpfung der Korruption wird erschwert. Notwendig ist daher ein umfassender Wandel der internationalen Strategie gegenüber Afghanistan.

Die LINKE fordert ein sofortiges Ende der Besatzung und der Militäroperationen des Westens sowie den Abzug aller ausländischen Truppen, einschließlich der Bundeswehr-Einheiten. Dagegen müssen die Kompetenzen und Möglichkeiten einer demokratisch gewählten und der Rechtsstaatlichkeit verpflichteten afghanischen Regierung gestärkt und erweitert werden. Dazu, wie auch zur Überwindung von Unterentwicklung und Armut in zahlreichen Provinzen, muss die internationale Hilfe deutlich verstärkt und auf die Überwindung der tatsächlichen Probleme des Landes ausgerichtet werden. Unumgänglich ist nicht zuletzt, die Nachbarländer Afghanistans, insbesondere Pakistan, in einen Prozess der Stabilisierung und Demokratisierung einzubeziehen.