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Gesine Lötzsch

Nur eine solidarische Gesellschaft hat Zukunft

Gesine Lötzsch beim Politischen Jahresauftakt der Partei DIE LINKE und der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag im Berliner "Kosmos"

Liebe Genossinnen und Genossen, sehr geehrte Gäste, ich freue mich, dass Alexis Tsipras zu uns gesprochen hat, "denn Solidarität", sagte Che Guevara, "ist die Zärtlichkeit der Völker", und wir als Partei der Solidarität sind eine europäische Partei, eine internationalistische Partei. Wir gehören zu denen, die nicht das Spiel gegen die faulen Griechen, gegen die faulen Südländer mitmachen, sondern wir wehren uns dagegen, dass die Völker gegeneinander ausgespielt werden.

Viele von Euch waren gestern gemeinsam an den Gräbern von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht und auch gemeinsam am Nachmittag und am Abend in der Berliner Volksbühne. Wer dabei war, der hat gespürt, wie Solidarität funktioniert, wie sehr wir die Solidarität brauchen. Die bewegenden Reden von Alexis Tsipras, Malte Mola und Pierre Laurent haben gezeigt: Wir müssen zusammenhalten. Wir können zusammenhalten, wenn wir voneinander wissen und wenn wir die Solidarität nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem Herzen leben. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich Diether Dehm dafür danken, dass er die Manifestation am Nachmittag und auch das abendliche Konzert in der Berliner Volksbühne organisiert hat. Wie sehr hat uns doch die Musik der Gruppe Quilapayun, die Musik von Bots bewegt. Wie sehr haben wir gemeinsam gespürt: Wir haben gemeinsame Gedanken, gemeinsame Ideen, aber auch gemeinsame Gefühle. Wir als Menschen sind doch nicht nur Kopf, wir sind doch auch Herz. Darum haben wir uns in der LINKEN zusammengeschlossen, liebe Genossinnen und Genossen.

Pierre Laurent, der Vorsitzende der Europäischen Linkspartei und der Vorsitzende der Französischen Kommunistischen Partei, hat in seiner Rede eine interessante Geschichte erzählt. Er sprach von einer Diskussion zwischen Kautsky und Rosa Luxemburg. Kautsky vertrat die These, dass man sich doch in Krisenzeiten mehr um das eigene Volk kümmern müsse. Und Rosa Luxemburg fragte zurück: "Sollten wir jetzt etwa den Aufruf ‚Proletarier aller Länder, vereinigt Euch‘ ändern in "Proletarier aller Länder, vereinigt Euch, aber nicht in Krisenzeiten"? Rosa Luxemburg, so glaube ich, hat Kautsky die richtige Antwort gegeben. Diese Antwort müssen auch wir geben, liebe Genossinnen und Genossen. Denn – nicht jeder und jede wird sich daran erinnern, darum rufe ich Euch die Sache in Erinnerung – unser jetziger Innenminister, Hans-Peter Friedrich, Mitglied der CSU, einer Partei im Süden unseres Landes, war einer der Ersten, der den Griechen gesagt hat: Verkauft doch eure Inseln. So eine zynische, so eine höhnische Politik machen wir nicht mit. Dieser Innenminister spricht auch aus diesem Grunde nicht für uns, liebe Genossinnen und Genossen.

Viele Fragen sind schon angesprochen worden, die unsere Partei betreffen. Ganz gegen meine Gewohnheiten will ich ein einziges Mal auch das Wort Personaldebatte in den Mund nehmen – ein einziges Mal –, denn solche Debatten können uns nützen, wenn sie mit konkreten Ideen, Konzepten und Vorschlägen verbunden sind. Wenn wir sie so führen, dann sind wir auch erfolgreich, liebe Genossinnen und Genossen. Als Gregor Gysi in der Zeitschrift "SUPERillu" angekündigt hat, er würde wieder als Spitzenkandidat für DIE LINKE zur Verfügung stehen, habe ich ihn angerufen und gesagt, dass ich das gut finde. Gregor Gysi hat schon sehr erfolgreich viele Wahlkämpfe unserer Partei bestritten. Wenn er kommt – sogar, wie heute, an seinem Geburtstag –, dann füllen sich Säle und Plätze. Das trifft natürlich auch auf Oskar Lafontaine zu. Darum ist es doch nur allzu verständlich, wenn Gregor sich wünscht, dass Oskar Lafontaine auch wieder bei der Bundestagswahl antritt. Ich glaube, das wünschen sich viele in unserer Partei. Gestern in der Volksbühne haben wir gesehen, wie viele Menschen auch er wieder begeistert hat. Die Reaktion einiger Medien darauf war zu erwarten. Sie lästerten über die alten Haudegen, die es für DIE LINKE wieder richten müssten. Aber was soll eigentlich diese Altersdiskussion? Auch das kann eine Art der Ausgrenzung sein. Wir brauchen doch schließlich alle. Wir brauchen Alte, wir brauchen Junge, und wir brauchen Menschen mittleren Alters. Wir bekommen immer wieder gute Ratschläge, auch aus manchem Medium, von wem wir uns denn so in unserer Partei trennen sollten. Ich finde, wir sollten uns lieber Gedanken darüber machen, wie wir Menschen hinzugewinnen können und nicht, von wem wir uns trennen sollten. Wir haben in unserer Partei junge Menschen, wir haben lebenserfahrene Menschen. Es gibt auch Beispiele, dass Menschen, die die 70 schon erreicht haben, Mitglied der Partei werden und sagen: Ich habe gar nicht mehr so viel Zeit, also muss ich besonders aktiv sein. Und, liebe Genossinnen und Genossen, es ist doch nicht nötig, nur bei den Kindern, Enkeln und Urenkeln für unsere Partei zu werben. Man kann auch bei gleichaltrigen Freundinnen und Freunden für DIE LINKE werben. Wenn Menschen mit 18 oder mit 80 heiraten, dann können sie doch auch mit 18 oder mit 80 in unsere Partei eintreten.

Liebe Genossinnen und Genossen, Gregor hat es neulich gesagt: Wir wollen zurück auf die Erfolgsspur. Wenn wir zurückschauen, müssen wir uns fragen: Was war denn unser Erfolgsrezept in den vergangenen Jahren? In den 90er Jahren hatten wir eine enge Verbindung von parlamentarischer und außerparlamentarischer Arbeit, obwohl der Begriff außerparlamentarische Arbeit ja so etwas Abstraktes hat, denn 99 Prozent des Lebens spielen sich ja außerhalb der Parlamente ab. Also sagen wir doch Leben und Arbeiten im Alltag. Damals waren mehr Genossinnen und Genossen als heute in Mieterbeiräten, in Gewerkschaften, in Rentenberatungsstellen, in Sportvereinen, in Kulturvereinen, in Vorständen von Kleingartenvereinen tätig. Das Wissen, das dort gesammelt wurde, war Gold wert. Man kann dieses Wissen nämlich nicht einfach kaufen. Man kann nicht zu einem Umfrageinstitut gehen, so wie wir das heute häufig machen müssen, oder Datenbanken bei der Bundesregierung abfragen. Dieses Wissen kam exklusiv von den Genossinnen und Genossen unserer Partei. Dahin müssen wir zurück. Wir müssen zurück zur produktiven Verbindung im Leben, in den Parlamenten, in der politischen Zielsetzung. Das – so glaube ich – sollten wir uns auch für das Jahr 2012 vornehmen, liebe Genossinnen und Genossen.

Im Jahr 2012 haben wir erreicht, dass DIE LINKE seit vier, fünf Jahren endlich eine wirklich gesamtdeutsche Partei ist. Das ist ein unschätzbarer Gewinn, eine Bereicherung für uns alle. Aber dennoch müssen wir auch weiterhin der Anwalt für die Menschen im Osten bleiben. Es ist doch ein Skandal, dass wir immer noch unterschiedliche Mindestlöhne in Ost und West haben. Es ist doch ein Skandal, dass wir immer noch nicht die gleichen Renten haben. Erinnert Euch daran: Im Jahr 2009 ist Angela Merkel zur Wahl angetreten und hat erklärt, sie wird dafür sorgen, dass es in Ost und in West Rentengerechtigkeit gibt. Davon will sie heute nichts mehr wissen. Wir müssen in Wahlauseinandersetzungen die Menschen an dieses gebrochene Versprechen erinnern. Wir LINKE werden für Rentengerechtigkeit kämpfen. Darauf könnt Ihr Euch verlassen, liebe Genossinnen und Genossen.

Immer mehr Menschen in unserer Gesellschaft sind arm – im Osten und im Westen. Eine wesentliche Ursache dafür ist die Einführung des Hartz-IV-Systems. Übrigens sah ich letztens – der eine oder andere hat das vielleicht auch gesehen – eine interessante Dokumentation über Peter Hartz im Fernsehen. Er zeigte sich dort enttäuscht über die Umsetzung seiner Reform. Nicht, was Ihr jetzt denkt. Er hat nämlich gesagt, er hätte vorgeschlagen, dass das Arbeitslosengeld II 511 Euro betragen solle. Wir als LINKE fordern seit langem einen Betrag von 500 Euro und werden dafür von den anderen Parteien häufig höhnisch belächelt. Doch dieses höhnische Lächeln wird ihnen vergehen, wenn es uns gelingt, immer mehr Menschen, die mit dieser Gesellschaft innerlich abgeschlossen haben, wieder für die Politik zurückzugewinnen. Wissenschaftler sprechen inzwischen schon von einer defekten Demokratie. Auch wir erleben das an vielen Stellen. Ich finde, es ist eine Tagesaufgabe, die Demokratie zurückzuerobern, denn wenn das nicht gelingt, regieren weiterhin die Banken. Damit wollen wir uns nicht abfinden, liebe Genossinnen und Genossen.

Armut ist ein Problem in Ost und West. Armut können wir in Bremen sehen und sogar im reichen Baden-Württemberg. Wir sollten niemals akzeptieren, dass Menschen in unserer Gesellschaft verarmen und ausgegrenzt werden. Ein wirksames Mittel gegen die Spaltung der Gesellschaft ist das, was das zentrale Ziel, das zentrale Mittel und die zentrale Botschaft unserer Partei ist, nämlich die Solidarität, die solidarische Gesellschaft. Wir müssen alle davon überzeugen, dass eine solidarische Gesellschaft für alle besser ist.

Mit der Gründung der Partei DIE LINKE haben wir alle unseren politischen Horizont enorm erweitert. Das ist auch manchmal anstrengend. Viele Gewerkschafter, Kriegsgegner, Umweltschützer, Künstlerinnen und Künstler, Menschen aus den verschiedensten sozialen Bewegungen sind jetzt in den Reihen der Partei DIE LINKE. Das ist aus meiner Sicht eine Bereicherung und kein Problem, wie der eine oder andere meint. Wir wollen Menschen aus möglichst vielen Bereichen unserer Gesellschaft für die Politik einer solidarischen Gesellschaft gewinnen. Natürlich müssen wir immer neu nachdenken: Haben wir die richtigen Mittel? Wir müssen unsere Politik neu justieren. Das ist doch selbstverständlich. Aristoteles schrieb einmal: "Eine Stadt besteht aus unterschiedlichen Arten von Menschen. Ähnliche Menschen bringen keine Stadt zustande." Liebe Genossinnen und Genossen, das trifft auch auf unsere Partei zu. Ähnliche Menschen bringen auch keine Partei zustande. Seien wir doch froh darüber, dass wir so unterschiedlich sind, und versuchen wir nicht, uns einander ähnlich zu werden, sondern machen wir unsere Unterschiede und unsere unterschiedlichen Erfahrungen produktiv.

Wir haben inzwischen 16 starke Landesverbände – sicherlich unterschiedlich stark, aber 16 Landesverbände. In jedem Land gibt es besondere Erfahrungen. Darum habe ich auf unserer Tagung in Elgersburg vorgeschlagen, dass doch jeder Landesverband ein Referenzprojekt entwickeln sollte, in dem er zeigt: Das haben wir geschafft, so haben wir die Gesellschaft real verändert. Seht her! DIE LINKE kann etwas schaffen. Wir wurden doch nicht gewählt, um Regierungspolitik nur zu analysieren – so wichtig das ist – und zu beklagen, sondern wir wurden gewählt, um die Gesellschaft zu verändern, die Probleme der Menschen zu lösen, Lösungen anzubieten und dafür zu sorgen, dass das Leben besser wird. Manchmal hört man den Verweis, dass wir in den Parlamenten nicht die Mehrheiten haben oder dass man mit dem Koalitionspartner etwas nicht hinbekommen habe. Das ist für viele Menschen nicht befriedigend. Es macht sie auch wütend, denn sie haben keine Lust, auf die Lösung ihrer Probleme so lange zu warten, bis wir entweder Mehrheiten in den Parlamenten haben oder Koalitionspartner, die genau das machen, was wir sagen. Das ist – so glaube ich – noch ein Stück Weg. Darum möchte ich hier an dieser Stelle mit einigen wenigen Beispielen an erfolgreiche Projekte erinnern, die durch unsere Partei in den verschiedenen Bundesländern erreicht wurden. Ich erinnere daran, dass die Abschaffung der Studiengebühren in Hessen und in Nordrhein-Westfalen nur durch den Druck der LINKEN möglich war. Im Osten gibt es gar keine Studiengebühren. Dort, wo mit dem Gedanken gespielt wurde, welche einzuführen, sind heute sicherlich alle froh, dass sie es nicht getan haben. Also da, wo DIE LINKE stark ist, gibt es keine Studiengebühren. Das ist doch ein starkes Argument für unsere Partei, finde ich. DIE LINKE in Mecklenburg-Vorpommern hat aktuell eine Volksinitiative für einen Mindestlohn über 10 Euro gestartet. Auch das ist ein Referenzprojekt, das Schule machen sollte. In Berlin und Brandenburg hat DIE LINKE durchgesetzt, dass die Vergabe von kommunalen Aufträgen an Mindestlöhne geknüpft ist. Danach müssen sich jetzt die anderen Bundesländer richten, und auch der Bund steht in der Pflicht, bei öffentlichen Aufträgen nachzuziehen und Mindestlöhne umzusetzen.

Liebe Genossinnen und Genossen, viel wird über Politik- oder Politikerverdrossenheit gesprochen. Wir sollten den Menschen beweisen, dass wir nicht die Flinte ins Korn werfen, wenn wir ein Ziel nicht sofort erreichen, sondern dass wir gemeinsam alles tun, um unsere Forderungen durchzusetzen. Das ist der beste Weg gegen Politikverdrossenheit.

Ich hatte vor einiger Zeit die Idee, ein Buch zu veröffentlichen, das Porträts von 16 linken Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern aus den16 Bundesländern enthält. Wir haben diese Genossinnen und Genossen alle eingeladen. Sie sitzen hier vorne in der ersten Reihe. Ich darf sie recht herzlich begrüßen. Unsere Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, Bürgermeister, Stadträte und Verordnete, das sind die, die jeden Tag mit den Menschen vor Ort sprechen, das sind die, die jeden Tag über konkrete Lösungsansätze diskutieren. Mir ist aufgefallen, als ich die Porträts gelesen habe, dass die Probleme in Ost und West bei vielen kommunalen Fragen sehr, sehr ähnlich sind. Ich glaube, wenn wir an konkreten Dingen gemeinsam arbeiten, dann werden wir auch gar nicht mehr über einen Ost-West-Konflikt reden müssen. Dann verliert er schlagartig an Bedeutung. Ich bedanke mich recht herzlich bei Kathrin Gerlof, die dieses Buch geschrieben hat, die liebevoll, aufmerksam unsere 16 Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker porträtiert hat. Vielen Dank, Kathrin.

Liebe Genossinnen und Genossen, gestern waren Tausende an den Gräbern von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Beide wurden heimtückisch ermordet. Die Mörder wurden nie zur Rechenschaft gezogen. Das ist jetzt bald 100 Jahre her. Doch noch immer werden in unserem Land Menschen ermordet, weil sie schwarze Haare und eine dunkle Hautfarbe haben, weil sie einen anderen Glauben haben oder weil sie Antifaschisten sind. Bei der Bekämpfung des Neofaschismus können wir uns leider nicht auf den Staat verlassen. Im Gegenteil. Der Geheimdienst – so muss man den Verfassungsschutz wirklich nennen – hat die Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund sogar noch mit Geld unterstützt. Das ist wirklich empörend! Ich sage ausdrücklich Geheimdienst, weil der Begriff Verfassungsschutz ein Begriff ist, der vernebelt, was diese Organisation tut. Denn vom Verfassungsschutz könnten wir erwarten, unsere Verfassung zu schützen und nicht dazu beizutragen, dass unsere Verfassung unterlaufen wird und solche Terrorzellen über Jahre in unserem Land ihr Unwesen treiben können. Ich finde es beschämend, dass noch niemand von den regierenden Politikern die Verantwortung übernommen hat. Das ist beschämend für eine Demokratie, und das muss sich ändern. Aber wirklich wird sich in unserer Gesellschaft nur etwas ändern, wenn viele Menschen gegen den braunen Terror auf die Straße gehen und die Zuständigen an ihre verfassungsmäßigen Aufgaben erinnern.

Am vergangenen Sonnabend haben in Magdeburg Tausende auf der Meile der Demokratie ihren Widerstand gegen Neonazis zum Ausdruck gebracht. Ich bedanke mich auch bei den Genossinnen und Genossen der Partei DIE LINKE in Magdeburg, die gemeinsam mit vielen Initiativen der Zivilgesellschaft gezeigt haben, dass Magdeburg eine freie Stadt, eine tolerante Stadt ist, die keine Nazis will. Darum bitte ich Euch auch alle: Kommt am 18. Februar nach Dresden und verhindert dort einen neuen Neonaziaufmarsch. Das sind wir auch den Opfern des Naziterrors schuldig. Wir fordern ein Verbot der verfassungsfeindlichen NPD. Aber wir wissen: Selbst wenn die NPD verboten sein wird, haben wir noch viel zu tun. Es ist gut, wenn wir in Dresden viele sind. Wir werden uns solidarisch mit allen erweisen, die von Polizei und Justiz verfolgt werden. Dadurch lassen wir uns nicht einschüchtern. Liebe Genossinnen und Genossen, sagt es weiter: Kommt am 18. Februar nach Dresden!

Wir wissen noch nicht, wie viele Wahlen wir in diesem Jahr haben werden. Klar, in Schleswig-Holstein, vielleicht im Saarland. Die saarländische CDU und die SPD glauben ja, dass sie im laufenden Galopp die Pferde wechseln können. Ich glaube, da täuschen sie sich. Und der Versuch, von der Opposition in die große Koalition zu kommen, ist offensichtlich nicht nur der Wunsch der saarländischen SPD. Auch auf der Bundesebene hofft Herr Steinbrück auf die zweite Chance für eine große Koalition. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass die SPD in der Opposition links blinkt und dann versucht, rechts in Richtung Kanzleramt abzubiegen. Da ist es gut, dass wir auch 2013 im Bundestag wieder eine berechenbare linke Opposition haben. Wir müssen in dem Wahlkampf – ob er nun 2012 oder 2013 ist – deutlich sagen, was wir wollen, was unsere Botschaft, was unsere Position ist. Ich erinnere daran, dass es nicht immer einfach ist. Wir haben im Jahr 2002 eine bittere Erfahrung gemacht. Damals haben viele die Botschaft "Stoiber verhindern" als Aufforderung verstanden, die SPD zu wählen. Das Ergebnis war: Die Linke flog als Fraktion aus dem Bundestag, und Petra Pau und ich waren dann die einzigen Abgeordneten für die PDS im Deutschen Bundestag. Das, obwohl wir in dieser Zeit – Petra wird das bestätigen – beide nicht dümmer geworden sind und obwohl wir von der Solidarität vieler Genossinnen und Genossen getragen wurden, wollen wir nicht nochmal erleben. Nicht wegen uns, sondern weil dieses Land für eine solidarische Gesellschaft eine starke LINKE braucht.

Liebe Genossinnen und Genossen, Alexis Tsipras hat vor mir gesprochen. Ich möchte noch einmal an das Wort von Che Guevara erinnern: "Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker". Die normalen, die einfachen Menschen können ihr Leben nur gestalten, wenn sie es solidarisch leben. Der Neoliberalismus hat sich in viele Herzen und Hirne eingefressen. Wir sollten sehr darauf achten, dass uns das nicht passiert, denn nur eine solidarische Gesellschaft hat Zukunft. Wir müssen diese Solidarität leben. Wir wollen sie leben. Wir können sie leben – in Europa, in Deutschland und in unserer Partei.

Vielen Dank!