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Michael Schlecht

Investieren in China?

Von Michael Schlecht, MdB, wirtschaftspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE

Wirtschaftsminister Gabriel war in China unterwegs und kritisierte, dass deutsche Unternehmer nicht frei investieren können, sondern immer nur mit einem chinesischen Partner im Rahmen von Joint-Ventures. Das sei ungerecht, da chinesische Investoren in Deutschland weitgehende Freiheiten hätten. Dieser Vergleich ist schief, da es mehr als 5000 deutsche Unternehmungen in China gibt und gemeinsam mit anderen ausländischen Investoren große Teile der Volkswirtschaft hierdurch bestimmt wird. In Deutschland sind hingegen sind lediglich 300 Unternehmen in chinesischer Hand. Anstatt dem deutschen Kapital Hilfestellung bei der weiteren Eroberung des chinesischen Marktes zu geben, sollte Gabriel sich lieber für höhere Investitionen hierzulande einsetzen.

Joint-Venture sind gemeinschaftliche Unternehmen. In China meist zwischen ausländischen und chinesischen Unternehmen. Die chinesische Regierung legt Wirtschaftsbranchen fest in denen ausländische Unternehmen in Kooperation mit einem chinesischen Unternehmen operieren dürfen. Damit soll ein Wissens- und Technologietransfer nach China befördert werden. Aber natürlich geht es auch darum die chinesische Kontrolle über eigene Volkswirtschaft zu behalten. Für ausländische Unternehmen, auch deutsche, war und ist dies angesichts des gigantischen chinesischen Marktes trotzdem interessant. Trotz der Restriktionen locken prächtige Profite.

VW beispielsweise war das erste deutsche Unternehmen, welches mittels Joint-Venture bereits 1984 nach China kam. 2015 ist China der wichtigste Markt für VW, hier verkauft der Konzern die meisten Autos weltweit. Nochmals konnten die Gewinne gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden – mehr als fünf Milliarden Euro Gewinn macht VW 2015 in China. Man könnte auch sagen: Die Chinesen zahlen VW die Kosten des Abgasbetruges.

Doch die Luft für deutsche Unternehmen wird dünner und der Expansionsdrang gerade auf dem chinesischen Markt größer. Immer mehr Umsätze und Profite zu erzielen angesichts einer lahmenden Weltkonjunktur, Brexit und Sanktionspolitik gegenüber Russland war auch schon mal einfacher für die Chefetagen deutscher Unternehmen. Da ist natürlich nachvollziehbar, dass man sich lästiger Investitions- und Marktbeschränkungen entledigen will.

Befremdlich ist dabei, dass ausgerechnet Sigmar Gabriel sich hier zum Rammbock der Interessen der Chefetagen und Eigentümer der deutschen Unternehmen machen lässt und erstmals Joint-Ventures infrage stellt. Die berechtigten Interessen Chinas seine Wirtschaft gestalten zu können und eben nicht von der Übermacht ausländischer, also auch deutscher Konzerne überrollt zu werden, sollte doch ein Sozialdemokrat verstehen und unterstützen können.

Gabriel sollte sich lieber Gedanken machen, wie wieder mehr in Deutschland investiert wird. Gegenwärtig liegt die Reinvestitionsquote deutscher Industrieunternehmen hierzulande gerade einmal bei fünf Prozent. Das heißt, dass 95 Prozent der Profite an die Eigentümer ausgeschüttet werden, in Finanzanlagen gehen oder für Investitionen im Ausland genutzt werden.

Um diese Investitionsschwäche hierzulande zu beheben, ist eine Steigerung der Binnennachfrage in Deutschland von zentraler Bedeutung. Diese kann erreicht werden durch massiv höhere öffentliche Investitionen, die ebenfalls am Boden liegen. Vor allem sind aber höhere Löhne von entscheidender Bedeutung. Wenn seit 2000 die Profite um rund 50 Prozent emporschnellen und die Reallöhne gerade einmal um wenige Prozente in den letzten Jahren aus dem Keller kommen, dann ist das nicht nur sozial ungerecht. Nein, es markiert auch eine erhebliche Schwächung der Binnennachfrage.

Für höhere Löhne muss der Mindestlohn in einem ersten Schritt auf zehn und dann in weiteren schnellen Schritten auf zwölf Euro erhöht werden. Vor allem aber muss eine Stärkung der Gewerkschaften in Lohnrunden erreicht werden. Die Streikfähigkeit muss verbessert werden, unter anderem indem Leiharbeit und sachgrundlose Befristungen verboten werden und Werkverträge nur noch mit Zustimmung des Betriebsrates vergeben werden dürfen.