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Katja Kipping

Grünen-Parteitag: Mehr Schein als Sein

In ihrer Pressekonferenz am 19. November 2012 nahm Katja Kipping zu drei Themen Stellung: Zum einen zur außenpolitischen Situation und der Gefahr von drohenden Militäreinsätzen im Nahen Osten, zum zweiten zum Bundesparteitag der Grünen und zum dritten zur Diskussion um ein weiteres Hilfspaket oder einen Schuldenschnitt für Griechenland.

Guten Tag. Ich möchte heute zu drei Punkten Stellung nehmen: zum einen zur außenpolitischen Situation und der Gefahr von drohenden Militäreinsätzen im Nahen Osten, zum zweiten zum Bundesparteitag der Grünen und zum dritten zur Diskussion um ein weiteres Hilfspaket oder einen Schuldenschnitt für Griechenland.

In Bezug auf die Situation im Nahen Osten ist unsere Botschaft ganz eindeutig: Wir meinen, es darf keine deutschen Soldatinnen und Soldaten an der türkisch-syrischen Grenze geben. Die angekündigte Stationierung von Patriots mit 170 Bundeswehrsoldaten ist für uns absolut inakzeptabel. Auch das Verhalten der Bundesregierung, die hier womöglich plant, am Parlament vorbei diesen Einsatz zu organisieren, ist vollkommen inakzeptabel. Für uns als LINKE steht fest, wenn die Bundesregierung diesen Einsatz von Soldaten am Parlament vorbei beschließt, dann werden wir das mit allen Mitteln versuchen aufzuhalten, zur Not auch mit rechtlichen Mitteln. Nach unserer Einschätzung gibt es derzeit keine wirklich kriegerische Bedrohung der Türkei. Insofern gibt es auch keinen Anlass für einen Einsatz. Deutsche Soldaten an dieser Grenze könnten ein Teil der kriegerischen Auseinandersetzung werden, weil der Einsatz der Patriot-Raketen die Situation nicht beruhigen, sondern anheizen  würde.

Wir als LINKE meinen, nur ein Waffenstillstand, ein Stopp von Waffenlieferungen kann die Situation überhaupt beruhigen. Die Äußerungen von SPD und Grünen in dieser Frage sind höchst irritierend. Es besteht hier die Gefahr, dass es am Ende einen Freifahrtschein zum Töten gibt. Von uns als LINKE wird es einen Freifahrtschein zum Töten nicht geben. Der Grundsatz, „Wo die Waffen sprechen, da schweigt die Vernunft“, gilt für uns nicht nur für den Konflikt an der türkisch-syrischen Grenze, sondern er gilt für uns auch, wenn es um andere Auseinandersetzungen im Nahen Osten geht. 

Die Angriffe auf die Integrität des Staates Israels sind inakzeptabel, genauso wie Angriffe, wo am Ende vor allen Dingen die Zivilbevölkerung zu den Opfern gehört. Insofern ist unser Credo hier ganz klar: Wir setzen uns für eine Waffenruhe, für einen Waffenstillstand ein. Das ist das einzige Mittel, was erst mal überhaupt zu einer Beruhigung in der Region beitragen kann. Es muss alles unterbleiben, was an die eine wie an die andere Seite als eine Ermunterung gedeutet werden kann. Wir können noch einen Punkt festhalten: Wenn sich jetzt alle anderen Staaten auf einen sofortigen Waffenlieferstopp in diese Region verständigen würden, das wäre doch ein Signal der Weltgemeinschaft, an die verfeindeten Parteien vor Ort zu sagen: Was es jetzt braucht, ist ein Schweigen der Waffen und nicht ein Agieren mit Waffen. 

Zum Bundesparteitag der Grünen:
Von einem Linksruck bei den Grünen kann nun wahrlich nicht die Rede sein. Was man festhalten kann: Den Grünen ist eine ziemlich perfekte Show gelungen. 

Schauen wir uns die Beschlüsse mal im Einzelnen an. Gorleben: Vor Ort in Niedersachsen wurde ja oft der Eindruck erweckt, dass sich die Grünen sehr dafür engagieren, dass das Endlager definitiv nicht nach Gorleben kommt. Mit dem aktuellen Beschluss ist es nun klar, dass in diesem Fall Niedersachsen von den Grünen verraten und aufgegeben wurde. Es ist doch bezeichnend, wenn der CDU-Umweltminister Peter Altmeier diesen Beschluss lobt. Ich denke, das spricht für sich. 

Hier möchte ich ganz klar sagen: DIE LINKE ist die einzige im Bundestag vertretene Partei, die auf allen politischen Ebenen, von der Kommune bis zur Bundesebene, ganz klar immer gesagt hat: Gorleben muss raus aus dem Pool der zu prüfenden Endlagerstätten. 

Zu den Steuerbeschlüssen: Man kann vielleicht etwas zugespitzt sage: Wenn man vom Abschreiben rot werden würde, dann hätten die Grünen ein Problem. Also im Bereich der Steuern haben die Grünen einiges, wie die stärkere Besteuerung von Reichtum beschlossen, wo offensichtlich auch Fehler, die unter Rot-Grün begangen wurden, wieder rückgängig gemacht worden sind. Wir freuen uns natürlich, dass Ideen, für  die DIE LINKE seit langen wirbt, aufgegriffen werden. 

Aber im Grunde genommen gibt es ging es beim Parteitag der Grünen vor allen Dingen um viel Schein. Das zeigt der Blick auf die Beschlüsse zur Sozialpolitik. Die Grünen haben sich leider nicht darauf verständigen können, das Hartz IV-Sanktionssystem abschaffen zu wollen. Sie halten weiter an der Rente erst mit 67 fest. Insofern kann man eines sagen: Sie sind zwar Meister der Imagepflege, aber wenn es dann zum Schwur kommt, wenn es um die wirklich wichtigen Entscheidungen geht, wie die Abschaffung der Hartz IV-Sanktionen, dann wird leider doch gekniffen. 

Außenpolitisch gibt es einen sehr ins Detail gehenden Beschluss der Grünen zur Kompetenz des UN-Sicherheitsrates. Die Formulierung könnte man wie folgt auf den Punkt bringen: Beschließt das zuständige Gremium nicht den Krieg, den wir für wichtig erachten, dann suchen wir uns eben ein anderes Gremium. Also ich lese diesen Beschluss so, dass sich die Grünen klar vom Primat des Gewaltverzichts verabschiedet haben. 

Mein Fazit ist: eine perfekte Show, dafür Respekt, Hut ab; inhaltlich ökologisch wankelmütig; sozial eher halbherzig und was die generelle strategische Ausrichtung anbelangt, so stehen Teile des Personals für Schwarz-Grün, andere Teile des Personals für Rot-Grün. Es ist also noch völlig offen. Man hat nicht ausgeschlossen, dass es zu Schwarz-Grün kommt. Insofern glaube ich, auch für die Grünen ist es gut, wenn es Druck von links gibt, damit es mit dem sozial-ökologischen Umbau vorangeht.

Zur Situation in Griechenland: Es wird ja aktuell wieder viel über Griechenland darüber diskutiert, ob das Land  einen Schuldenschnitt braucht oder ein weiteres Hilfspakt oder ob es womöglich beides gibt. 

Zur Frage Schuldenschnitt: Wenn es einen Schuldenschnitt gibt, was, wenn man sich die Zahlen anschaut, für Griechenland wahrscheinlich unumgänglich ist, weil es kein Szenario gibt, wonach Griechenland realistisch in der Lage ist, den angelaufenen Schuldenberg abzutragen. Also wenn es zu einem solchen Schuldenschnitt kommt, dann stellt sich ja die Frage: Wer muss die Zeche bezahlen? Sind es diejenigen, die die Krise verursacht haben – die Banken? Sind es am Ende die Menschen, die RentnerInnen, die Beschäftigten, die Erwerbslosen, junge Väter und Mütter? Das ist genau die Frage. Deswegen sagen wir als LINKE: Wenn es zu einem Schuldenschnitt kommt und am Ende öffentliche Gläubiger die Zeche bezahlen müssen, dann müssen daran an Bedingungen geknüpft werden. Zu diesen Bedingungen gehört für uns zum einen eine couragierte Besteuerung von Reichtum, um die entgangenen Einnahmen zu kompensieren, das heißt natürlich auch eine Besteuerung von Rieseneinkommen auf Spekulationsgewinne. Zu den Bedingungen gehört zweitens, dass die eigene Einnahmebasis deutlich verbessert wird. Das heißt , es muss einen Kampf gegen Steuerflucht, gegen Kapitalflucht geben. Drittens muss es für den Schuldenschnitt die Bedingung geben, dass es keine weiteren Sozialkürzungen, keine weiteren Kürzungsprogramme aufgelegt werden, denn genau diese verschärfen die Krise, anstatt Wege aus der Krise aufzuzeigen. 

Vielen Dank!