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Gregor Gysi

Der Motor für den Politikwechsel werden

Rede von Gregor Gysi zum Politischen Jahresauftakt der Partei DIE LINKE in Berlin

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde, verehrte Gäste, ein Jahresauftakt lohnt sich immer, weil durch irgendein komisches Datum denkt man immer, dass alles neu beginnt. Das stimmt zwar nicht, aber in gewisser Hinsicht muss man sich ja auch mit Illusionen anfreunden. Nun ist es so üblich, dass wir bei diesem Jahresauftakt kurz auch zu unserer inneren Situation sprechen. Ich will das auch machen, aber ich will auch so schnell wie möglich auf Politik zu sprechen kommen. Aber ich sage mal zur inneren Situation folgendes: Wir haben gelegentlich Personaldebatten die wir überhaupt nicht gebrauchen können und zwar weil sie zur Unzeit geführt werden. Wir haben auf demokratische Art und Weise eine neue Parteiführung gewählt und zwar bis zum Mai 2012. Meinetwegen können wir ab März 2012 wieder eine Personaldebatte führen, aber davor bringt die gar nichts. Weder einem Einzelnen, noch unserer Partei, noch der Politik. Wir stehen jetzt vor sieben wichtigen Landtagswahlen, zum Teil gekoppelt mit Kommunalwahlen und vor zwei gesonderten Kommunalwahlen im Jahr 2011. Und wenn wir irgendetwas taugen, dann müssen wir diese Wahlen erfolgreich gestalten, um ein Signal in die Gesellschaft zu setzen, dass sie sich zu verändern hat. Das ist unsere politische Aufgabe und das müssen wir hinbekommen. Und ich will versuchen zu beweisen, dass wir unersetzbar sind für unsere Gesellschaft. Wenn wir das nicht wären, hätten wir gewisse Tendenzen überflüssig zu werden. Das betrifft aber eigentlich andere.

Also ich sage mal was zu unserer Programmdebatte. Ich kenne die Einen, die mir erklären, Gregor, die wollen alles wieder verändern. Das geht auf gar keinen Fall.

Und dann kenne ich die anderen die mir erklären, Gregor, die wollen verhindern, dass irgendetwas verändert wird. Das geht nun überhaupt nicht. Ich kann beide verstehen. Aber liebe Genossinnen und Genossen, jetzt muss ich ausnahmsweise, nachher mache ich das Gegenteil, mal die Zeitung "Neues Deutschland" würdigen. Ich finde den Abdruck von gegenteiligen Positionen einmal in der Woche im ND einen wirklichen Gewinn. Und ich finde das auch eine Bereicherung. Und jetzt lasst uns doch mal ein bisschen ruhiger sein. Zum Schluss stehen wir sowieso vor folgender spannenden Frage: Beschließen wir ein Programm für 55 Prozent der Mitglieder gegen 45 Prozent der Mitglieder, oder beschließen wir ein Programm für 90 % der Mitglieder. Wenn wir letzteres wollen, müssen wir eh Kompromisse suchen und finden. Dafür bin ich geeignet und dann gibt es wieder die üblichen Nachtsitzungen und ich bin jetzt schon sicher, wir werden uns verständigen. Lasst Euch nicht kirre machen, wir kriegen ein vernünftiges Programm zum Ende dieses Jahres!

Und jetzt haben wir noch eine Kommunismus-Debatte. Also, lasst mich ganz kurz, aber auch sehr eindeutig zumindest meine Haltung dazu beschreiben.

Erstens, die alte Bundesrepublik Deutschland war politisch und strukturell völlig anders strukturiert und organisiert als die anderen Länder, auch Westeuropas. Es gab und gibt zum Teil immer noch einen militanten Antikommunismus. Den kannten weder Italien noch Frankreich, aber der war ausgeprägt in der alten Bundesrepublik Deutschland. Der hatte vier Ursachen. Die eine Ursache bestand darin, dass man nach 1945 in wesentlichen Teilen den Apparat des Nazistaates übernommen hat, und den Leuten gesagt hat, ihr müsst jetzt lernen demokratisch zu werden, ihr müsst euch den Antisemitismus abgewöhnen, aber antikommunistisch dürft ihr bleiben. Also ein Standbein bleibt euch. Das war die eine Erklärung. Die Zweite kam, denn der Kalte Krieg begann, so dass das ganze forciert wurde. Die Dritte war, dass viele aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft kamen, und zwar nicht begeistert vom Kommunismus. Hat ja keinen Sinn, sich da etwas vorzumachen. Und die Vierte war, dass die SED die DDR in einer Art und Weise organisierte, dass auch das den Antikommunismus durchaus mit geprägt hat. Mauer, Tote, politische Prozesse. All das wisst ihr. So war das. Und nun gibt es, und das finde ich ja auch spannend, eine Debatte um die Verwendung des Begriffs, dazu werde ich noch etwas sagen, und zwar einfach deshalb, weil doch Marx völlig andere Vorstellungen hatte. Marx und Engels haben in ihrem Kommunistischen Manifest eine kommunistische Gesellschaft beschrieben, das klingt wie eine Traumgesellschaft. Eine Gesellschaft, in der sich Klassenlosigkeit durchgesetzt hat, in der höchste soziale Gerechtigkeit herrscht, in der es wirklich für alle die gleichen Bildungschancen gibt. Eine Gesellschaft mit höchster Emanzipation, mit höchster Partizipation, mit höchster demokratischer Teilhabe. Sie haben geschrieben, "eine Gesellschaft, in der die Freiheit des Einzelnen Voraussetzung der Freiheit für alle ist". Das ist doch wirklich eine schöne Vision. Das ist doch die eine Realität. Jetzt komme ich aber zur zweiten Realität. Es gab viele, die nannten sich Kommunistinnen und Kommunisten, und die hatten mit diesen Zielen nichts zu tun. Sie haben schlimmste Verbrechen begangen, wenn ich zum Beispiel an Stalin und Pol Pot erinnern darf. Nun kann man ja eine Debatte führen, und das ist ja spannend, und sagen, na gut, was machen wir jetzt? Verbinden wir uns mit dem Begriff zum Beispiel – was ja niemand vorgeschlagen hat – und erklären immer dazu, was wir alles nicht damit meinen. Nehmen wir auf das Denken und Fühlen von Menschen Rücksicht, oder nicht?

Für mich war erstaunlich zum Ende der DDR 1989/90, dass der Begriff Sozialismus viel weniger diskreditiert war, als der Begriff des Kommunismus, dabei hatte sich die DDR immer sozialistisch genannt. Ich dachte, es wäre eher umgekehrt. Aber das ist ein interessanter Unterschied zwischen den neuen und den alten Bundesländern. In den neuen Bundesländern ist der Begriff des Kommunismus gar nicht so diskreditiert wie in den alten. Weil viele Menschen in den alten Bundesländern, wenn sie den Begriff Kommunismus hören, eben nicht an die Vision von Marx denken, sondern sie denken an Stalin, sie denken an Mauer, sie denken an Tote. Das kann man ignorieren und sagen: interessiert mich nicht. Ich verstehe ja etwas anderes darunter. Wenn man es ignoriert, selektiert man sich allerdings. Weil man ja aufgibt, diese Menschen zu erreichen. Das will ich auf gar keinen Fall. Deshalb haben wir sehr lange darüber 1989 diskutiert. Und wir haben andere Schlussfolgerungen gezogen. Zum Beispiel, dass wir eine linke, pluralistische Partei sein wollen. Deshalb haben wir uns vom Begriff des Kommunismus in unserer Programmatik verabschiedet und gesagt wir streben allerdings eine neue Gesellschaft an, nämlich den demokratischen Sozialismus. Und wir haben ihn demokratisch genannt. Das will ich auch begründen. Da haben viele zu mir gesagt, Sozialismus im wirklichen Sinne ist immer demokratisch. Da habe ich gesagt, ja, das kann sein. Aber die Leute haben gerade eine andere Erfahrung gemacht. Und deshalb will ich nicht nur den wirklichen Sinn, sondern da machen wir eben eine Dopplung und sagen demokratischer Sozialismus, weil dann das völlig klar ist, was Gesine eben gesagt hat, mit uns wird es weder einen Stalinismus noch einen autoritären Sozialismus geben! Das ist für immer erledigt! Das hat die Menschheit abgelehnt, das hat die Menschheit abgelehnt!

Und, liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde und liebe Gäste – mir hilft auch der Vergleich zum Christentum nicht weiter. Natürlich kann ich sagen, ich darf doch den Begriff des Christentums benutzen ohne jedes Mal auf die Inquisition hinzuweisen. Warum geht es nun nicht beim Kommunismus? Ganz einfach. Weil die Menschen in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Christentum nicht die Inquisition verbinden. Die liegt ein bisschen zu lange zurück. Da verbinden sie die heutigen Kirchen mit. Und das ist eben anders beim Begriff des Kommunismus. Da verbinden sie noch Stalin mit, die Toten an der Mauer etc. Und das müssen wir respektieren und berücksichtigen, wenn wir sie denn erreichen wollen. So, und deshalb sage ich nochmal eins: Im ND stand, dass ich gesagt habe, wir sollen den Begriff nicht mehr verwenden. Also manchmal sage ich ja auch Blödsinn, aber so einen Blödsinn sage ich nun selten. Ich verwende ihn ja nun gerade selber immerzu. Also ich meine, das ist ja albern. Ich habe aber was ganz anderes gesagt. Ich habe gesagt, ich bin ganz sicher, dieser Begriff wird nicht unser Ziel im kommenden Programm sein. Da bin ich ganz sicher. Und dieser Begriff wird auch nicht unsere Alltagspolitik prägen. Auch da bin ich ganz sicher. Dafür brauchen wir den Begriff nicht. Aber eine theoretische, politische Auseinandersetzung wird es selbstverständlich geben, und dazu muss man auch den Begriff verwenden. Und wir haben schon 1989 und auch bei der jetzigen Parteibildung für DIE LINKE eins entschieden: Wir sind und bleiben eine pluralistische, linke Partei. Wir waren keine kommunistische Partei, wir sind keine kommunistische Partei und wir werden auch keine kommunistische Partei werden. Das ist entscheidend, und diese Botschaft können wir der Bevölkerung mitteilen! Aber wir sind eine Partei, ich habe es schon gesagt, die den demokratischen Sozialismus anstrebt. Und darf ich noch darauf hinweisen, ich habe 1989, als das gar keiner hören wollte, als die Signale ganz anders standen, da habe ich gesagt, der Staatssozialismus ist gescheitert, das ist wahr, aber der Kapitalismus hat nicht gesiegt. Er ist bloß übrig geblieben. Und was kommen wird, ist der demokratische Sozialismus. Und dabei bleibt es auch. Und für den streiten wir!

Und nun sage ich auch ganz klar: Man kann ja über Artikel streiten, man kann auch den einen Satz anders formulieren und so weiter, das weiß ich alles sehr gut. Mir sind auch schon Sätze missunglückt. Missglückt. Verunglückt sind sie auch schon. Beides. Ich habe das vereinheitlicht. Es geht mir um etwas ganz anderes. Wenn jetzt so getan wird, als ob Gesine Lötzsch Einstellungen hätte, die sie niemals hatte, die sie heute nicht hat und die sie niemals haben wird, dann erfordert das unsere ganze Solidarität mit ihr. Und die wird sie von mir auch bekommen, damit das ganz klar ist.

Und nun komme ich mal zu unserer Gesellschaft. Da ich ja ein sehr aufmerksamer Verfolger unserer Medien bin, und ich begrüße alle Vertreterinnen und Vertreter von den Medien, da lese ich das, und höre das, und sehe das und da fällt mir plötzlich auf – also, wenn ich das alles richtig verstehe, leben wir im Wachstum. Es gibt steigende Steuereinnahmen, es gibt eine ungeheure Konsumlaune, hohe Gewinne, sinkende Arbeitslosenzahlen, hohe Erwartungen an die Binnenkonjunktur 2011. Das Ausland beneidet uns, vor allem um unsere Wirtschaftsentwicklung. Also überall herrscht Krise, nur nicht bei uns. Ich glaube, das ist alles falsch. Und wenn es gelegentlich halb wahr ist, ist es letztlich auch falsch. Und zwar aus folgenden Gründen:

Wir haben ein Wachstum. Aber nur durch Exportwirtschaft. Und dieses Wachstum der Exportwirtschaft haben wir erreicht durch sinkende Löhne, durch sinkende Renten, durch sinkende Sozialleistungen. Dadurch sind unsere Güter billiger geworden. Dadurch konnten wir immer mehr exportieren. Was unsere Nachbarländer so selbstverständlich bedrückt und was außerdem bei uns hier in Deutschland zu einer wachsenden Armut geführt hat. Ich finde, das ist überhaupt kein Grund stolz zu sein. Ganz im Gegenteil. Das Ausland bewundert uns nicht. Griechenland, Spanien, Irland sehen in der Deutschen Bank, in der deutschen Niedriglohnpolitik – als Ursache für die forcierten Exportüberschüsse – Verursacher der Krise. Und Dank Merkel werden wir auch dort noch verantwortlich gemacht für das Diktat von Sparprogrammen, die völlig unverantwortlich sind. Weil sie in diesen Ländern zu Armut führen. Übrigens, selbst die Exportchancen Deutschlands reduzieren wir am Ende, die denken nicht einmal in sich konsequent, aber das lasse ich jetzt mal alles bei Seite. Aber weil sie dort zur Armut führen, mit unvorstellbaren Auseinandersetzungen, deren Ausgang auch wir überhaupt noch nicht einschätzen können. Das ist unverantwortlich, was dort geschieht! Unverantwortlich!

Ich will jetzt nicht historisch werden, aber ganz kurz: Der Vertrag von Versailles war natürlich ein Diktat der es rechtsextremen Kräften später ermöglicht hat, eine viel zu starke Rolle in Deutschland zu spielen. Und wenn wir jetzt umgekehrt bei den Ländern sagen, immer runter mit den Löhnen, immer runter mit den Sozialleistungen, ihr müsst eure Ausgaben immer weiter reduzieren, können wir ähnliche Effekte erreichen. Das ist verhängnisvoll! Wir sind die Einzigen, die vor einer solchen Politik hier in Deutschland ganz deutlich warnen! Es gibt keine Regulierung der Finanzmärkte, trotz der Finanzkrise. Es wird weiter spekuliert. Statt die Schieflage des europäischen Handels zu beseitigen, verklärt Merkel den Einsatz für deutsche Exportwirtschaft zur vaterländischen Pflicht. Statt Binnenkonjunktur anzukurbeln durch Lohnerhöhungen, Mindestlohn, Rentenerhöhung, Abbau prekärer Beschäftigung, werden die Lohnstückkosten weiter gedrückt. Statt den enormen Reichtum zu besteuern, wird er gehegt und gepflegt. Die Möglichkeiten zur Geldvermehrung durch Spekulation nicht etwa eingeschränkt, sondern weiter ausgebaut. Statt ökologischem Umbau werden die Laufzeiten für Atomenergie verlängert. Keine sozialstaatliche Konsolidierung, weitere Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge. Immer tiefere soziale Spaltung bei Gesundheit, bei Rente und eben bei Löhnen. Kommunen schließen Schwimmbäder, Theater, können Schulen nicht instandhalten. Aber zur Rettung der Banken fließen hunderte Milliarden! Für Stuttgart 21 fließen Milliarden. Überall sind Milliarden da, aber nicht, wenn es um die Bildung geht, nicht, wenn es um Schwimmbäder geht. Nicht, wenn es um Kultur und Theater geht. Das ist das Problem dieser Gesellschaft!

Es gibt jetzt eine Bertelsmann-Studie über soziale Gerechtigkeit. In 31 OECD-Ländern, das ist wirklich spannend, auf welchem Platz wir landen. Bei Bertelsmann. Das ist keine linke Einrichtung, wenn ich daran erinnern darf. Also, bei der Armutsvermeidung und bei der Bekämpfung von Armut liegen wir bei den 31 Ländern auf Platz 14. Bei der Bekämpfung von Kinderarmut liegen wir auf Platz 14. Dreizehn Länder sind besser. Bei Einkommensunterschieden liegen wir auf Platz 15, weil sie so angestiegen sind in Deutschland. Bei den Ausgaben für frühkindliche Bildung liegen wir auf Platz 16. Beim Zugang zur Bildung liegen wir auf Platz 22. Zweiundzwanzig! Es gibt nur neun Länder, die schlechter sind diesbezüglich als wir. Kinder von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern haben es inzwischen, das haben wir geschafft, in den USA leichter zu studieren, als in Deutschland. Das ist die Wahrheit. Und das hat übrigens sich bei Schröder und Fischer nicht um einen Millimeter verändert. Das ist auch eine wichtige Wahrheit. Und dann kommt das Letzte. Die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Wisst ihr, auf welchem Platz wir da sind? Auf Platz 30! Es gibt ein Land, das da noch schlechter ist. Das ist die Slowakei. Ansonsten haben wir Platz 30. Bertelsmann-Studie. Kann man alles nachlesen. Das sind die Realitäten unserer Gesellschaft.

Was machen die anderen? Was erleben wir jetzt? Wir erleben jetzt eine scheinbare Alternative Schwarz oder Grün. Die Union forciert diese beschriebene Entwicklung, macht eine gigantische Neuverschuldung wegen der Krise und lässt das die sozial Schwächsten bezahlen. Da man sich in Deutschland der Armut schämt, fürchten sie keinen Widerstand der Armen. Das ist auch ein Problem für uns. Wie kriegen wir Arme dazu, ihren Widerstand deutlicher zu machen, als sie es tun? Sie verbindet außerdem, die Union, äußerst geschickt, die Wirtschaftskrise mit der Sicherheitskrise, also mit der Terrorgefahr, und versucht, durch einen autoritär-patriarchalen Stil - das Volk wird erst später merken, was richtig war, sagen sie dann – und Chauvinismus, erst Deutschland, dann Europa, vielen Menschen Hoffnung auf Sicherheit, Arbeit und Einkommen zu geben. Die Grünen machen was anderes. Die Grünen gehen den Weg des Green-New-Deal und der Partizipation und meinen, damit einen demokratischen Weg zur Lösung der Wirtschafts- und Ökokrise zu formulieren. Die Grünen erklären absichtsvoll nicht, dass der Kapitalismus die Ökokrise niemals lösen kann. Und zwar, wenn ich ein einfaches Beispiel geben darf: Du kannst auch im Kapitalismus erreichen, dass Ökoprodukte mehr gekauft werden, als nicht ökologische Produkte. Das kannst Du schaffen. Dann ändert sich auch die Reklame. Beim Waschmittel steht nicht mehr, dass es wirklich sauber wäscht, sondern dass sich jeder Fluss wie verrückt freut und so weiter, und so weiter. Also das ändert sich. Das kannst Du schaffen. Aber eins kannst Du nicht schaffen, nämlich das ökonomische Interesse an der billigsten Herstellung zu zersetzen. Und diese billigste Herstellung ist in der Regel antiökologisch. Dagegen kannst du nur juristische Gesetze aufstellen. Und lasst euch das von einem Juristen sagen: ökonomische Gesetze sind immer stärker als juristische Gesetze. Deshalb kann der Kapitalismus diese Probleme nicht lösen. Er löst weder das Problem der Armut, weder national noch weltweit. Er löst nicht das Problem des Handels, er löst nicht das Problem der Bildung und er wird auch die Ökofrage nicht lösen! Und die Grünen drücken sich vor der Antwort genau um diese zentrale Frage auch im Zusammenhang mit der ökologischen Krise.

Außerdem haben die Grünen seit der Bombardierung Belgrads, seit Hartz IV und seit der Verschiebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre eine tragfähige Einstellung zum Frieden und zur sozialen Frage verloren. Ich sage das ganz klar – verloren! Trotzdem wenden sich Menschen gerade im Zusammenhang mit Gorleben, im Zusammenhang mit S 21 den Grünen zu, und das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Es hat ja keinen Sinn, dass man sich da etwas vormacht.

Aber die grüne Variante ist ebenso wenig mehrheitsfähig wie die schwarze. Also suchen beide Bündnispartner. Das ist auch spannend. Die FDP ist leider nicht mal mehr liberal. Wenn sie das wäre, hätte sie einen Wert in unserer Gesellschaft. Sie ist nur lobbyistisch und prokapitalistisch, und wenn sie so bleibt, dann könnte sie sich überflüssig machen. Also wir beobachten das - mit mäßigem Interesse. Die SPD ist inhaltlich nicht zu fassen. Auf die komme ich noch. Wir haben in unserer Gesellschaft ein Demokratieproblem. Konflikte werden neu ausgetragen. Ihr müsst den veränderten Zeitgeist zur Kenntnis nehmen. Der Lobbyismus hat einen Grad erreicht. Wenn eine britische Anwaltskanzlei für den Bundestag die Gesetze formuliert, wenn die Atomlobby eingeladen wird, wenn es um ihre Gesetze geht, wenn die privaten Krankenversicherungen bestimmen, welche Gesundheitsreform hier durchgeführt wird und so weiter. Das kriegen die Leute alles mit. Aber niemals werden Hartz IV-Empfängerinnen und Hartz IV-Empfänger gefragt, ob sie gern Elterngeld hätten, oder nicht. Die werden nicht gefragt! Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden auch nicht befragt. Dann ist das weit weg von Demokratie. Das ist nackter Lobbyismus und wir kämpfen dagegen am fundamentalsten an, hier im Bundestag und außerhalb des Bundestages. Und dadurch ist etwas passiert, dass die Regierten gemerkt haben, der Abstand zu den Regierungen ist zu groß und deshalb leisten sie Widerstand in Gorleben. Deshalb leisten sie Widerstand auch bei S 21. Ich bitte euch, liebe Genossinnen, liebe Genossen, liebe Freundinnen, liebe Freunde, verehrte Gäste! Wenn man uns Deutschen, also mich eingeschlossen, wenn man uns erzählt, es liegen alle parlamentarischen Genehmigungen vor, es liegen alle Regierungsgenehmigungen vor, es haben alle gerichtlichen Verfahren stattgefunden, es ist alles gelaufen – was wollt ihr denn? Dann bleiben wir normalerweise zu Hause. Zu einer Kundgebung, zu der wir trotzdem irrwitziger Weise aufriefen, kämen etwa 100, die wir alle persönlich kennen und schätzen. Aber mehr nicht. Was hat sich denn in einer Gesellschaft verändert, wenn plötzlich trotzdem Tausende, immer mehr Menschen auf die Straße gehen und sagen, wir machen das nicht mehr mit. Ihr habt uns nicht angehört, ihr interessiert euch nicht für unsere Meinung. Und dann begeht der Ministerpräsident den schwerwiegenden Fehler zu zeigen, ich will denen mal zeigen wer hier die Macht hat und organisiert einen indiskutablen Polizeieinsatz, den wir natürlich schärfstens verurteilt haben. Und das interessante ist, dass der Widerstand dadurch nicht etwa gebrochen wurde, sondern zugenommen hat. Ich sage euch, in dieser Gesellschaft verändert sich etwas. Der schwäbische Geist ist inzwischen schon ein rebellischer. Das heißt, wir sind weit gekommen in unserem Land. Und dasselbe könnt ihr bei Gorleben und so weiter erleben. Ich sage das hier nur beispielhaft. Es dominiert ein Konflikt um die Frage, wie unsere Demokratie aussehen soll, und eine Partei wie unsere, DIE LINKE, muss hier neu Stellung beziehen. Und ich sage euch, die Demokratiefrage kann neben der Friedensfrage und neben der sozialen Frage ein entscheidendes Markenzeichen unserer Partei werden. Die Kämpfe um die Demokratie sind immer Kämpfe um die Formen in denen andere materielle Kämpfe ausgetragen werden können. Wir müssen von unseren Themen ausgehen und von ihnen heraus fragen, was sie für die Demokratie bedeuten.

Ich sage euch nur Fragen. Ich werde sie nicht beantworten, weil ich dann meine Redezeit noch weiter überschritte, als ich es überhaupt vorhabe. Aber Fragen, auf die wir Antworten suchen müssen. Auch für unsere Programmatik. Was hat der Neoliberalismus mit den Demokratieproblemen in unserer Gesellschaft zu tun, müssen wir den Leuten erklären. Gibt es einen Konflikt zwischen Kapitalismus und Demokratie? Wenn ja, wie ist seine konkrete Verlaufsform? Wann und wo braucht der Kapitalismus vielleicht Demokratie? Wann und wo schwächt sie ihn aber, und er lehnt sie ab? Welchen Reformbedarf im politischen und ökonomischen System sehen wir? Also welche denkbare Reform würde sich auf die sozialen Kämpfe der Unterprivilegierten günstig auswirken und welche ungünstig? Weitere Fragen wären: Gibt es eine Krise der Demokratie? Kündigt sich nur ein Modernisierungsbedarf an, oder geht es um ernstzunehmende strukturelle Veränderungen? Wie ordnen wir die wirtschaftsdemokratischen Forderungen in die Auseinandersetzung um die Demokratie ein? Das ist doch die entscheidende Frage. Nur DIE LINKE fordert doch Demokratie in der Wirtschaft. Das ist doch absichtsvoll, dass die anderen das nicht fordern. Wie machen wir denn den Leuten klar, dass die Gesellschaft daran krankt, dass die Wirtschaft stärker ist als die Politik, es bisher aber Demokratie nur in der Politik und eben nicht in der Wirtschaft gibt? Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben nicht zu entscheiden, wenn so ein Unternehmen geschlossen oder verlagert wird, oder was da auch immer geschieht. Das sind doch spannende Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Also: Wir haben Ideen, wir wollen eine Gesellschaft der Solidarität, wir wollen kooperative Lösungen statt Ausgrenzung und Unterdrückung. Wir wollen eine Wirtschaft langfristig umbauen, Exportabhängigkeit abbauen durch Stärkung der Binnenkonjunktur, durch höhere Löhne, durch Mindestlohn, Leiharbeit zurückfahren und so weiter. Wir wollen eine Energiewende, wir wollen die Finanzmärkte regulieren, den Sozialstaat restituieren, Demokratie erneuern, Friedensaußenpolitik betreiben, die Europäische Union und den Euro demokratisch und sozial retten. Haben wir dafür Partner? Das ist die Frage. Also: Die laut Medien angeblich linke SPD ist auf Bundesebene zu Koalitionen immer bereit mit der CSU. Da zögert sie doch keine Sekunde, wenn ich mich recht entsinne. Mit der CDU ist sie immer bereit. Mit der FDP ist sie immer bereit. Mit den Grünen sowieso. Nur mit den LINKEN will die linke SPD nicht koalieren. Ich will es nur mal gesagt haben, wegen der Einordnung. Nun tut Gabriel so, als wenn er gerade eine neue Erkenntnis gewonnen hätte. Das ist nun wirklich blanker Blödsinn, um das auch mal deutlich zu sagen. Jetzt beschreibe ich euch mal aus dem Parlamentsalltag nur ein paar Vorgänge. Wir haben gefordert, dass man einen Antrag stellen soll, alle Fraktionen im Bundestag, dass man den israelischen Soldaten, der seit über vier Jahren einsitzt, keine Chance hat, Angehörige zu sehen und so weiter, endlich freilässt. Das fanden alle gut, haben gesagt, ja, so einen Antrag stellen wir, und dann hat die CDU gesagt, aber nur unter der Bedingung dass die LINKEN rausfliegen vom Antrag. Was glaubt ihr, machen dann SPD und Grüne? Sie können ja sagen, das geht nicht, die hatten die Idee, wir machen das mit den LINKEN. Nein. Die rennen immer zur CDU, die sind völlig unterwürfig gegenüber der Union. Und wenn die sagt, ohne die LINKEN, machen sie es eben ohne die LINKEN. Erstes Beispiel. Zweites Beispiel. Wir hatten einen gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen und LINKEN gegen die Steinigung der iranischen Frau. Daraufhin sagt die Union, ja, so einen Antrag machen wir mit, aber nur wenn die LINKE rausfliegt. Na, sofort sind die SPD und die Grünen zur Union gerannt. Ihr glaubt doch nicht, dass sie eine Sekunde gezögert hätten. Drittes Beispiel. Wir sitzen natürlich mit im Vermittlungsausschuss. Da geht es um Hartz IV. Dann wird eine Arbeitsgruppe gebildet, die alles vorbereitet. Sie besteht aus 18 Mitgliedern. Zehn stellt der Bundesrat, acht stellt der Bundestag. Wir sind nicht drin. Da sind sich CSU, CDU, SPD, FDP und Grüne sofort einig. Die machen das unter sich aus. Sie sind ja auch alle Befürworter von Hartz IV. Die einzige Gegnerin von Hartz IV, die soll da kein Wort mitreden. Das war ihr Ausgangspunkt. Und nicht etwa im Widerstand zu Grünen und SPD. Das haben die mit beschlossen. Dagmar Enkelmann hat beantragt, dass Katja Kipping da rein soll. Es haben alle Nein gesagt. Sie waren sich sofort einig.

Das halten wir für grundgesetzwidrig. Aber, den Weg müssen wir gehen. Dann mussten wir über Weihnachten einen Professor finden, der dankenswerterweise bereit war, einen Antrag zu stellen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Bundesverfassungsgericht, dann ruft das Bundesverfassungsgericht dort an und sagt, wir werden wahrscheinlich dem Antrag stattgeben müssen, dann sagen sie, nee, nee. Nicht nötig. Jetzt nehmen wir sie rein. So läuft das. Das heißt, andere Parteien werden automatisch nach ihrer Stärke berücksichtigt, wir müssen immer den Weg über das Bundesverfassungsgericht gehen. Das sagt eine Menge über diese Gesellschaft aus. Sie verletzen uns gegenüber permanent das Grundgesetz. Ein Glück, dass wir das Bundesverfassungsgericht haben, das da gelegentlich für Ordnung sorgt auf dieser Strecke. Und jetzt erzähle ich euch noch ein Beispiel. Auch interessant. Die Grünen und die SPD arbeiten an einem Antrag gegen die Verlängerung der Laufzeiten der AKW, weil der Bundesrat ausgeschlossen wurde und so weiter, was wir alle für grundgesetzwidrig halten. Wir haben die Mitarbeit angeboten. Lange vor dem Artikel von Gesine rief der zuständige Mann der SPD-Bundestagsfraktion an und sagte, nein, wir haben uns anders entschieden, wir machen es alleine. Aber nachher, ganz am Schluss, dürft ihr mit unterschreiben. Eine gefährliche Brosamenpolitik. Wir müssen natürlich die Klage unterstützen, aus politischen Gründen. Anders geht es ja gar nicht. Aber ich warne vor einer solchen Brosamenpolitik. Ich sage euch das ganz klar: Wir dürfen uns niemals demütigen lassen. Und auf gar keinen Fall durch die SPD, oder die Grünen, oder wem auch immer. Und deshalb: Wer mit der SPD auf der Bundesebene eine Zusammenarbeit will, kann das niemals durch Anbiederung schaffen, sondern nur durch Stärke, bei den Wahlen und in den Auftritten. Niemals anders! Und außerdem müssen wir ein klares Minimum fordern, das wir durchzusetzen haben, weil es sonst gar nicht geht. Das reicht von der Beendigung des Afghanistan-Krieges, über die soziale Frage bis zur Steuergerechtigkeit.

Ich habe folgende Frage an die SPD: Ist sie bereit einzuräumen, dass die Bombardierung Belgrads, der Krieg in Afghanistan, die AGENDA 2010, Hartz IV, die Aufgabe der paritätischen Finanzierung und die einseitigen Belastungen der Betroffenen im Gesundheits- und Rentenwesen, die Verschiebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre, die Privatisierungen der öffentlichen Daseinsvorsorge, schwerwiegende, von ihr begangene Fehler waren, und will sie das alles korrigieren? Ja oder Nein? Diese Frage muss die SPD beantworten.

Und ich rede hier nicht von der Landesebene. Da gibt es oft viel größere Übereinstimmungen. Ich rede absichtsvoll von der Bundesebene. Wir müssen der Motor für gesellschaftliche Korrekturen, für einen Politikwechsel werden. Nicht Koalition Ja oder Nein ist die spannende Frage, sondern welchen Politikwechsel wir anstreben wollen, für den wir streiten. Das ist das entscheidende. Aber ein Motor in der Entwicklung können wir nur mit eigenständigen Positionen werden und ich sage euch, wir haben viele Alleinstellungsmerkmale. Wir waren die einzige politische Partei im Bundestag, die gegen den völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien aufgetreten ist. Nur wir waren das. Nur wir! Wir waren die einzige Partei im Bundestag, die von Anfang an gegen den Afghanistan-Krieg aufgetreten ist und gesagt hat, niemals kann man auf diese Art und Weise Terror bekämpfen. Man erzeugt nur neuen Terror. Wir waren die einzigen, die das gesagt haben! Wir sind die Partei, die am konsequentesten eine einheitliche und gute Schulbildung für alle Kinder fordert. Ich möchte nicht, dass die sozialen Unterschiede bei der Geburt des Kindes darüber entscheiden, welche Bildung es erhält. Das ist ein Ziel der LINKEN, ganz klar. Von Bayern bis Mecklenburg-Vorpommern. Und es ist ein Skandal, dass Union und SPD das Grundgesetz geändert und jede Verantwortung des Bundes für die Schulbildung gestrichen haben. Undiskutabel was sie da gemacht haben. Das bringt uns ins 19. Jahrhundert zurück. Wir brauchen nicht 16 Schulsysteme, wir brauchen ein Topschulsystem von Mecklenburg-Vorpommern bis Bayern. Also eine Schule ohne soziale Ausgrenzung und ein kostenfreies Studium. Das wird ja auch gerade immer stärker beschnitten. Und wir brauchen endlich einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Den fordern auch andere. Aber wir sagen, spätestens ab 1. Mai 2011, weil dann die Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beginnt. Und da müssen wir Bedingungen stellen in Deutschland und sagen, unmoralische Löhne gibt es hier nicht. Es gibt einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn und das ist das Minimum, was hier zu zahlen ist. Das müssen wir durchsetzen, und der muss spätestens 2013 bei zehn Euro Brutto die Stunde liegen. Wir verlangen für das Jahr 2011 drastische Erhöhungen von Löhnen, Renten und Sozialleistungen. Ich sage euch, bei Löhnen muss es einen Anstieg von mindestens fünf Prozent geben, und zehn Prozent wären angemessen. Wir brauchen eine Ein-Klassen-Medizin, und die muss man sofort verwirklichen. Ein Gesundheitssystem muss paritätisch finanziert werden über eine Bürgerinnen- und Bürgerversicherung. Wir brauchen keine Kopfpauschale, die Praxisgebühr und die Zuzahlung müssen sofort gestrichen werden.

Wir brauchen eine gesetzliche Rente die vor Altersarmut schützt, und das heißt, wir müssen die alte Formel, die erst von Kohl und dann von Schröder beseitigt wurde, wieder einführen, damit das Rentenniveau steigt. Wir brauchen wieder eine paritätische Finanzierung in den Unternehmen und wir müssen sämtliche Einkommen zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung heranziehen, auch die Einkommen der Bundestagsabgeordneten, der Rechtsanwälte, der Pfarrer und der Beamtinnen und Beamten. Alle müssen einzahlen. Und wir müssen für die höheren Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze aufgeben und den damit verbundenen Rentenanstieg abflachen. Wenn wir das machten, brauchten wir keine Diskussion über die Verzögerung des Renteneintritts, brauchten wir keine Diskussion über die Senkung der Renten. Wir hätten genug Geld. Ich sage euch, das Problem ist nicht die Demografie, sondern die Steuergerechtigkeit, die Abgabengerechtigkeit und vor allem die Entwicklung der Produktivität. Und deshalb kann man selbstverständlich früher, gerecht und in angemessener Höhe Rente bezahlen in Deutschland.

Wir wollen Hartz IV abschaffen und eine sanktionsfreie Mindestsicherung einführen, wir wollen endlich eine gerechte Teilhabe von Frauen und Männern an der Gesellschaft durchsetzen. Gleicher Lohn, berufliche Förderung von Frauen, Steigerung der Erwerbschancen von Frauen, mehr und bessere Kinderbetreuung und die Abschaffung des Ehegattensplittings, Ahndung von Diskriminierung gegen Frauen. All das sind unsere Forderungen. Und wir verlangen, die demokratische Erneuerung voranzutreiben, die den Interessen der Bürgerinnen und Bürger in Politik und Gesellschaft zur Durchsetzung verhelfen. Das ist unser Anliegen. Also: Parlamente stärken, Lobbyisten zurückdrängen, Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung ausbauen, Volksentscheide ermöglichen, das Recht auf politischen Streik durchsetzen, Demokratie in der Wirtschaft ausbauen und einführen. Das heißt, Vergesellschaftung der Banken und des Energiesektors, Mitarbeiterbeteiligung und Miteigentum bei großen Unternehmen. Dafür streiten wir. Und wir sind es, die am konsequentesten die Interessen der Menschen in Ostdeutschland vertreten. Wir kämpfen – übrigens, ich sage das, zum Teil auch gegen die Gewerkschaften – endlich für die Angleichung der Löhne, Gehälter und Renten in Ost und West. Gleiche Leistung, gleicher Lohn und gleiche Arbeitszeit, gleiche Lebensleistung, gleiche Rente! Und wer das nicht will, das sage ich hier so klar, ist nicht für die Einheit Deutschlands, sondern für die Spaltung! Jetzt sind wir zur Einheitspartei geworden. Das haben die anderen erreicht.

Und was auch interessant ist: Die sozialen Unterschiede zwischen Ost und West nehmen nicht ab, sondern die nehmen wieder zu. Das muss unser Thema werden und das muss korrigiert werden. Es gibt keine soziale Gerechtigkeit ohne Steuergerechtigkeit. Wir fordern die Finanztransaktionssteuer, einen höheren Spitzensteuersatz, eine Millionärssteuer, die Erbschaftssteuer zu erhöhen für große Erbschaften, wir wollen den Steuerbauch für die Facharbeiterinnen und Facharbeiter, also für durchschnittlich Verdienende, überwinden. Wir wollen endlich eine gerechte Körperschaftssteuer. Wir haben so viele Vorschläge dazu unterbreitet und ich sage euch: Nur über Steuergerechtigkeit sind soziale Gerechtigkeit, eine Topbildung für alle Kinder, öffentliche Investitionen, eine aktive Beschäftigungspolitik und der Abbau der Staatsverschuldung möglich und finanzierbar. Und wir wollen eine solidarische Bewältigung der Wirtschafts- und Währungskrise in Europa. Wir wollen, dass die Europäische Zentralbank auch Kredite an Länder, zumindest vorübergehend, geben kann. Wir wollen den Eurobonds. Ich will darüber jetzt gar nicht länger diskutieren. Ich will nur eins sagen: Immer wurde uns vorgehalten, wir seien europafeindlich oder europakritisch und die anderen seien proeuropäisch. Jetzt hat es sich geändert. Die einzigen, die wirklich die Europäische Union retten wollen und auch den Euro, weil wir wissen, dass das eine Frage der Zukunft ist, sind wir und nicht die anderen. Wir sind die Europäer. Die andern verhängen im Nationalismus und zwar in einem engen Nationalismus.

All das, ich komme zum Schluss, all das, liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde, verehrte Gäste, all das ist nur unsere Politik. Wir sind diesbezüglich einmalig. Damit können und müssen wir versuchen die Menschen zu überzeugen. Das gelingt aber nur, wenn wir sieben erfolgreiche Landtagswahlen gemeinsam schaffen. Wenn wir immer mehr Mitglieder, Sympathisantinnen und Sympathisanten dazu motivieren, leidenschaftlich zu kämpfen – ich sage euch, ein Wahlkampf ohne Leidenschaft taugt gar nichts, Leidenschaft müssen wir erzeugen – und wer das nicht will, wer für diese Ziele nicht steht und wer nicht will, dass wir bei Landtagswahlen erfolgreich sind, der will auch keine linke Politik. Er will auch nicht die notwendige Veränderung in der Gesellschaft. Da wir die genannten Ziele gemeinsam tragen, müssen wir jetzt gemeinsam und leidenschaftlich für top Wahlergebnisse für DIE LINKE in Hamburg, in Sachsen-Anhalt, in Rheinland-Pfalz, in Baden-Württemberg, in Bremen und Bremerhaven, in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin kämpfen und streiten. Im Theater heißt es, dass nur eine misslungene Generalprobe zu einer guten Premiere führt. Den ersten Teil haben wir hervorragend absolviert. Nun muss uns auch der zweite einfach top gelingen.

Dankeschön.