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Lothar Bisky und Oskar Lafontaine

Wir trauern um Prof. Stefan Doernberg

Zum Tode des Antifaschisten, Historikers und stellvertretenden Vorsitzenden des Ältestenrates der Partei DIE LINKE, Prof. Stefan Doernberg, erklären die Vorsitzenden der Partei DIE LINKE, Lothar Bisky und Oskar Lafontaine:

Wir trauern um Prof. Stefan Doernberg. Kaum eine Persönlichkeit in der LINKEN ist für Mitglieder, Sympathisantinnen und Freunde so unmittelbar mit dem 8. Mai 1945 verbunden. Er kämpfte von 1943 bis 1945 als Offizier in der legendären Stalingrader Gardearmee und war beteiligt an der Befreiung der Ukraine, Belorusslands, Polens – und an der Befreiung Berlins von der Hitlerbarbarei.

Sein Name ist mit wichtigen zeitgeschichtlichen Forschungen zu europäischer Sicherheit und Zusammenarbeit und mit einem klaren analytischen Blick auch auf die Zeitenwende 1989/90 verbunden. Er war lange Vorsitzender des Ältestenrates der PDS und wurde hochgeschätzt wegen seiner lebendigen Art zu diskutieren, seines Einsatzes für eine friedliche und soziale Politik, der geprägt war von Lebenserfahrung und weltpolitischem Verstand. Stefan Doernberg war vielen ein Vorbild, ein Partner, für viele junge Menschen ein wichtiger Zeitzeuge.

Stefan Doernberg war das Kind einer jüdischen Familie, Sohn eines Ingenieurs, der 1917 aus der SPD in die USPD eintrat und nach der Novemberrevolution Mitglied der KPD wurde. Seine Familie emigrierte nach Frankreich und 1935 in die Sowjetunion. Als 1941 Hitlerdeutschland die Sowjetunion überfiel, meldete sich Stefan Doernberg in einer Freiwilligenbrigade gegen die Aggressoren. 1945 kam er mit der Roten Armee nach Berlin. Er arbeitete unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als außenpolitischer Redakteur bei der "Täglichen Rundschau" und begann dann 1947 Geschichte zu studieren. Er war jahrzehntelang als zeitgeschichtlicher Forscher und Hochschullehrer tätig. Die Geschichte des Zweiten Weltkrieges, die deutsch-deutschen Beziehungen aus europäischer Perspektive standen im Mittelpunkt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit. 1970 gehörte Stefan Doernberg zu den Begründern des DDR-Komitees für europäische Sicherheit und Zusammenarbeit. Seit 1987 war er Präsident dieses Gremiums.

In den 80er Jahren war Stefan Doernberg in Finnland als Botschafter tätig.

In seinen Erinnerungen hielt er fest: "Die Geschichte sei immer offen, und sie nutzte in ihrem Verlauf zwar die Erfahrungen der Vergangenheit, richtete sich aber nicht nach diesen. Schon gar nicht folge sie Vorgaben von Politikern oder Gelehrten." Stefan Doernberg wirkte im Vorstand des Verbandes Deutscher in der Resistance, in den Streitkräften der Antihitlerkoalition und der Bewegung "Freies Deutschland" e.V. Er war Mitglied des Beirats der Gedenkstätte "Seelower Höhen".

Wir werden die herzliche Art, die Fülle der Lebenserfahrungen und das Vermächtnis Stefan Doernbergs, dass Frieden, Demokratie und eine gerechte Welt erkämpft werden können, nicht vergessen.