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betrieb & gewerkschaft

Es gibt keine Alternative zum Tarifvertrag

Bernhard Krabiell

Beschäftigte antworten mit Streik auf erneute Weigerung des Amazon-Managements, Tarifverhandlungen aufzunehmen

"Es bleibt ... dabei: Wir haben nicht vor, einen Tarifvertrag abzuschließen ..." Mit diesen Worten bestätigte Armin Cossmann für den Amazon-Konzern in Deutschland, was die Kolleginnen und Kollegen in Bad Hersfeld, Leipzig und zuletzt in Graben bei Augsburg im vergangenen Jahr bei ihren Streiks erfahren hatten: Mit Ignoranz und Arroganz verweigert das Management den in ver.di organisierten Beschäftigten die kollektivvertragliche Absicherung ihrer Einkommen und Arbeitsbedingungen und zugleich die Anerkennung als Verhandlungspartner. Wenige Tage nach Cossmanns Äußerung legten mehrere hundert Beschäftigte in Leipzig erneut die Arbeit nieder.

Nicht mit ver.di, einer "externen Organisation", die "nur eine Minderheit" vertritt, wolle man verhandeln, sondern mit dem Betriebsrat als "direkter Arbeitnehmervertretung". Das aus dem Munde von Managern, die anfangs Betriebsräte ablehnten und unverbindliche "Mitarbeiterforen" installieren wollten! Und das in dem Wissen, dass Betriebsräte keine Tarifverträge verhandeln und nicht durch Arbeitskampf durchsetzen können.

Es soll dabei bleiben, dass die Löhne und andere Zahlungen einseitig vom Management festgelegt werden. Das sind Almosen statt kollektivrechtlicher Ansprüche. Ein Beispiel dafür haben die Beschäftigten in Leipzig erlebt. Nach dem Dezemberstreik wurden die von der Geschäftsführung willkürlich festgesetzten monatlichen Prämien auf Null gesenkt. Und hier, wie auch an anderen Standorten, wurde der Leistungsdruck durch "Feedback"-Gespräche, verschärfte Pausenkontrollen und andere Maßnahmen erhöht. Gegen diese alltägliche Disziplinierung wollen die Aktiven jetzt verstärkt durch Aufklärung der Belegschaften und gegenseitige Unterstützung vorgehen.

Eine weitere Konsequenz aus den Erfahrungen des letzten Jahres ist die, dass die extensive Nutzung der Befristungen bekämpft werden muss, durch die sich Amazon beständig eine "Reserve-Armee" gegen die unbefristet Beschäftigten hält.

Die Aufgabe, der sich die aktiven ver.di-Mitglieder an den verschiedenen Standorten stellen, erfordert einen langen Atem. Es gilt überall aktionsfähig zu werden und die Mehrheit in den Betrieben zu gewinnen. Deshalb war der Streik am 31. März in Leipzig nur ein Auftakt für eine intensivere bundesweite Vernetzung und für den Ausbau der Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften in Frankreich und Großbritannien, in Polen und Tschechien.

Bernhard Krabiell, ehemaliger Gewerkschaftssekretär ver.di Leipzig/ Nordsachsen