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Gerhard Trabert

Lauterbachs gefährliche Ignoranz

Gerhard Trabert, Kandidat für Die Linke zur Europawahl auf Platz 4, kritisiert die Rede von Bundesgesundheitsminister Lauterbach auf dem diesjährigen Kongress Armut und Gesundheit. Lauterbach verlor kein Wort darüber, warum sein Ministerium die Implementierung einer Arbeitsgruppe Armut und Gesundheit ablehnt.  Für Gerhard Trabert ist klar: “Armut macht krank und Krankheit macht arm!"

„Das Bundesministerium für Gesundheit plant aktuell keine Einrichtung einer interministeriellen Arbeitsgruppe zum Thema Armut und Gesundheit“, so das BMG im September 2023. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Lauterbachs Ministerium noch nicht einmal die Implementierung einer dem Informationstransfer dienenden Arbeitsgruppe Armut und Gesundheit für notwendig hält und dies explizit ablehnt. Dabei wurde auf dem heute zu Ende gehenden Kongress Armut und Gesundheit in Berlin immer wieder der Zusammenhang von Armut und Gesundheit/Krankheit betont, übrigens auch von Herrn Lauterbach in seiner Eröffnungsrede.
Die Implementierung einer Arbeitsgruppe zum Thema „Armut und Gesundheit“ hatte in den Jahren 2000- 2004 zu vielen wichtigen politischen Entscheidungen geführt. Im Sinne einer Verbesserung der Gesundheitsversorgung sozial benachteiligter Menschen wurden zahlreiche gesetzliche Rahmenbedingungen geändert. Dies wurde gerade von den Mitarbeiter*innen des BMG sehr begrüßt. Dass jetzt ein SPD-geführtes Ministerium die erneute Implementierung einer solchen Arbeitsgruppe ablehnt, deutet nicht auf eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema hin.
Was muss noch geschehen, damit das BMG von Herrn Minister Lauterbach handelt?

  • Die Krankheitsprävalenzen sind bei sozial benachteiligten und von Armut betroffenen Menschen deutlich erhöht.
  • Die Covid-19 Pandemie hatte besonders negative gesundheitliche Auswirkungen auf arme Menschen, gerade auch in Deutschland.
  • Die Lebenserwartung ist deutlich verkürzt nach mehreren Studien des Robert-Koch-Institutes (Lamprecht 2019). Im Vergleich zwischen dem reichsten und dem ärmsten Viertel der deutschen Bevölkerung leben arme Frauen 4,4 Jahre und arme Männer 8,6 Jahre kürzer. Ein Skandal! 
  • Wenn nach einer Befragung der onkologischen Patienten der Charité in Berlin, im Hinblick auf die größten Ängste, die Patienten nach Diagnosestellung hätten, am häufigsten „sozialer Abstieg“ geantwortet wird, läuft etwas strukturell falsch.
  • Wenn alle ernährungswissenschaftlichen Studien attestieren, dass von dem im Bürgergeldsatz vorgesehen Betrag eine gesunde Ernährung, besonders bei betroffenen Kindern, nicht möglich ist, läuft etwas strukturell falsch in diesem reichen Land.
  • Wenn ab dem 18. Lebensjahr die Finanzierung von Brillen nicht mehr von den Krankenkassen übernommen wird, ist dies auch im Bildungs- und Berufskontext eine strukturelle Benachteiligung.
  • Wenn viele sozial benachteiligte Kinder mit ihren Eltern zu immer weiter entfernten Kinderarztpraxen oder Kinderkliniken fahren müssen, wofür im Bürgergeldsatz überhaupt kein Geld vorgesehen ist, ist das eine Verletzung der Menschenrechte auf uneingeschränkte Inanspruchnahmemöglichkeit von gesundheitlicher Versorgung. 

Die Liste ließe sich um ein Vielfaches erweitern!

Trotzdem lehnt das Bundesgesundheitsministerium das Angebot ab, in einer Arbeitsgruppe gemeinsam mit Fachleuten und Betroffenen an Konzepten zur Armutsbekämpfung und der besseren Gesundheitsversorgung von sozial benachteiligten Gruppen zu arbeiten. Ist das eine Verweigerungshaltung, die man akzeptieren muss, oder ist dies Ignoranz und Arroganz, oder vielleicht sogar schon eine Form von struktureller Gewalt den Lebensbedingungen armer Menschen in unserer Gesellschaft gegenüber!?

Ein Wort zu den Gesundheitskiosken: Der Gesundheitsminister sprach in seiner Rede auf dem Kongress auch über sein Konzept der Gesundheitskioske in sozial benachteiligten Stadtteilen. Das vollkommen unklare Konzept der Gesundheitskioske zeigt das mangelnde Wissen des BMG zum Thema niedrigschwellige Gesundheitsangebote für sozial benachteiligte Personengruppen. Die Art des Angebotes soll schwerpunktmäßig Beratung sein! Welche Form der Beratung? Hat das Ministerium mit entsprechenden Akteuren, die über nachhaltige Erfahrung in diesem Bereich verfügen, gesprochen? Nein! Wurde mit den 20 Clearingstellen, die es deutschlandweit gibt, mit den zahlreichen bundesweiten Medinetzen, den Angeboten von Ärzte der Welt, mit anderen Vereinen und Verbänden gesprochen? Meines Wissens nicht. Der Verein Armut und Gesundheit verfügt über die längste und umfassendste Erfahrung bezüglich einer interdisziplinären und multidisziplinären stationären und aufsuchenden Gesundheitsversorgung, auch wir wurden nicht kontaktiert. Im Gegenteil: Unser Angebot, im Rahmen einer Arbeitsgruppe beim BMG unsere Erfahrungen einfließen zu lassen, wurde abgelehnt. Laut Konzept sollen Kommunen, die gesetzlichen und privaten Krankenkassen sowie die Gesundheitsämter bei den Gesundheitskiosken die inhaltliche Gestaltung vornehmen. Alles Akteure, die nicht wirklich kompetent in diesem Bereich sind. Insgesamt ein vollkommen unzureichendes, inkompetentes Konzept. Die Implementierung eines fachlichen Austausches, einer Arbeitsgruppe beim BMG, wird dann auch noch abgelehnt. Das ist ein Skandal!"


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