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Beschluss 2021/230

Solidarität hilft: Gesundheit vor Profite!

Beschluss des Parteivorstandes vom 6. November 2021

Der Corona-Winter hat noch nicht einmal angefangen und die Intensivstationen sind in vielen Orten bundesweit schon wieder am Limit. Fast einhunderttausend Menschen sind inzwischen allein in Deutschland an Corona gestorben. Hunderttausende Menschen leiden unter Folgen einer Infektion wie Long Covid. Weltweit hat die Zahl der offiziell registrierten Todesfälle durch Covid-19 die Marke von fünf Millionen überschritten. Die tatsächliche Zahl der Opfer schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf das Zwei- bis Dreifache. Doch die Impfquote ist sogar in unserem reichen Land immer noch zu gering. Währenddessen ist in vielen Teilen der Welt noch nicht einmal genügend Impfstoff angekommen. Dort ist die Lage vielfach katastrophal. Dass nun der zweite Corona-Winter ohne ausreichende Vorbereitung droht, ist Ausdruck politischen Versagens der Bundesregierung – ein Versagen, das erneut zahlreiche Menschenleben gefährdet.

Die Patente auf Impfstoffe sind – nicht zuletzt aufgrund der deutschen Blockadehaltung – immer noch in Kraft, obwohl sie nachweislich die weltweite Immunisierungskampagne behindern. Sie dienen vor allem den astronomischen Profiten der Pharmakonzerne. Allein der Umsatz des Pfizer-Konzerns hat sich dank des Covid-Impfstoffs auf 24 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt. Die Unterfinanzierung unseres Gesundheitssystems wird hingegen nicht angegangen – in mehr als 1,5 Jahren ist es der Politik nicht gelungen unser Gesundheitssystem richtig auszustatten. Bislang hat auch das Sondierungspapier für eine zukünftige Ampel-Koalition der grundlegenden Reform der Zweiklassen-Medizin, etwa mit einer Bürgerversicherung oder der Überwindung des Fallpauschalensystems, eine Absage erteilt. Der Pflegenotstand ist so groß wie noch nie. Die Personalsituation in Kliniken, Altenpflegeeinrichtungen und bei mobilen Pflegediensten verschlechtert sich zusehends. Aufgrund Personalmangels haben die Kliniken seit Jahresbeginn mehr als 4.500 Intensivbetten gesperrt, diese sind damit für die Versorgung verloren. Wenn nicht bald etwas passiert, droht der Kollaps des Systems, warnt der Präsident der Bundesärztekammer. Doch auch hier: Außer lauen Absichtsbekundungen zu besseren Arbeitsbedingungen keine Aktivitäten seitens der Ampel-Parteien. Ähnlich ist es in Schulen und Kitas: Viele Bildungseinrichtungen sind immer noch nicht ausreichend mit Luftfiltern oder Lüftungsanlagen ausgestattet.  Auch Massenunterkünfte für Geflüchtete und Obdachlose wurden, trotz der vielfachen Erfahrung von massenhaften Ansteckungen dort, bisher nicht durch eine dezentrale Unterbringung ersetzt.

Statt endlich die nötigen Veränderungen anzugehen und verantwortliches Verhalten für alle so leicht wie möglich zu machen, privatisiert die Bundesregierung die Verantwortung: Corona-Tests sind inzwischen kostenpflichtig und damit im Zweifelsfall eine Frage des Geldes. Kein Wunder, dass die Zahl der Tests bundesweit um mehr als die Hälfte eingebrochen ist. Die Booster-Impfkampagne wurde verschlafen, die nötige Infrastruktur wieder abgebaut. Insgesamt hat die Bundesregierung viel zu wenig getan, um durch niedrigschwellige Impfangebote mehr Menschen zu überzeugen. Seit Anfang November bekommen Ungeimpfte dafür im Quarantänefall keine Ersatzleistung mehr, mit dem absehbaren Ergebnis, dass Infektionen nun eher verschwiegen werden. Gleichzeitig wird dem bundesweiten Durcheinander von Infektionsschutzmaßnahmen wieder Tür und Tor geöffnet. Die Arbeitgeber wurden unterdessen weitgehend aus der Verantwortung entlassen: Ein Recht auf Homeoffice ist die Bundesregierung den Beschäftigten bis heute schuldig geblieben. Die ohnehin schwache Regelung vom Januar 2021 ist längst wieder aufgehoben. Der Infektionsschutz in den Betrieben wird faktisch kaum kontrolliert. Die soziale Schieflage der Coronapolitik ist umso absurder als Vermögende und Anteilseigner großer Konzerne, die teilweise Milliarden an Steuergeldern als Unterstützung erhalten haben, bisher nicht mal ansatzweise an den Kosten der Krisenbewältigung beteiligt wurden.

Für uns ist klar: Krisen verlangen Solidarität. Von allen Einzelnen, aber auch von der Politik. Deswegen ruft DIE LINKE gegen die Fakenews von Rechten und Coronaleugnern mit Nachdruck zu Impfungen auf und streitet dafür, dass endlich alle Menschen weltweit geimpft werden können. Sie schützt nachweislich und ist ein Ausdruck von Solidarität und Verantwortung füreinander. Zugleich dürfen die Kosten für verantwortliches Verhalten und den Infektionsschutz nicht Einzelnen auferlegt werden. Hier helfen keine kosmetischen Korrekturen, wir brauchen einen Kurswechsel in der Corona-Politik. Es muss endlich gelten: Gesundheit vor Profite!

Wir fordern:

  • Die kostenlose Test-Infrastruktur muss sofort wieder in Kraft gesetzt werden! Es fehlen schon wieder Informationen über die Orte des Infektionsgeschehens und Bevölkerungsgruppen, die am stärksten gefährdet sind. Daher gilt vor allem: Teste, Testen, Testen, auch für Geimpfte. Gesundheitsschutz darf keine Frage des Geldes sein.
  • Nicht die Beschäftigten, sondern Staat und Arbeitgeber sind in der Verantwortung, für Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen. Die Arbeitgeber müssen nachweisen, dass der Gesundheitsschutz in der Pandemie umgesetzt ist. Sie müssen ein verpflichtendes Testangebot am Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Die Beschäftigten haben, wo möglich, ein Recht auf Homeoffice. Der Infektionsschutz in den Betrieben muss dringend schärfer kontrolliert werden. Dazu müssen Gesundheitsämter besser ausgestattet werden. Alle Massenunterkünfte müssen sofort durch eine dezentrale Unterbringung ersetzt werden.
  • Lohnersatzleistungen müssen wieder für alle Menschen in Quarantäne gelten! Einschränkungen von Arbeitsrechten für Einzelne sind untaugliche Mittel des Gesundheitsschutzes. Sie schaffen gefährliche Präzedenzfälle und werden dazu führen, dass insbesondere Menschen mit weniger Geld, die (noch) nicht geimpft sind, sich weniger testen lassen. Stattdessen braucht es die Wiedereröffnung von Impfzentren und mehr niedrigschwellige Impfangebote. Die Arbeitgeber müssen verpflichtet werden, ihren Beschäftigten – z.B. über die Betriebsärzte – proaktiv ein Impfangebot, auch für Boosterimpfungen, zu unterbreiten.
  • Sofort 500 Euro Pandemiezuschlag und ein Notprogramm für Pflegekräfte, um Berufsaussteiger zurückzuholen! Statt den Krankenhäusern vor allem aufwendige Operationen lukrativ zu vergüten, muss in der Krankenhausfinanzierung gute Pflege ganz oben auf die Liste. Erst dann werden Krankenhäuser ausreichend Personal ausbilden, einstellen und gut bezahlen. Für die Beschäftigten bringt dies die dringend notwendige Entlastung. Und für die Patienten und Patientinnen die nötige Aufmerksamkeit und Betreuung, die für eine Heilung unerlässlich ist.
  • Demokratie ist systemrelevant! Es braucht ein bundeseinheitliches Vorgehen. Die letzten Monate haben gezeigt: Sinnvoller Gesundheitsschutz kann nicht der Willkür der Exekutive in Bund und Ländern entspringen, sondern muss demokratisch in Parlamenten beschlossen werden. Er braucht keine autoritäre Symbolpolitik, sondern muss den Schutz der Gesundheit durch eine soziale Politik für alle möglich machen. Politische Versammlungen müssen möglich bleiben. Allgemeine Versammlungsverbote sind Gift für die Demokratie. Es braucht einen Pandemie- und Gesundheitsrat, der die Zivilgesellschaft in Umsetzung und Konzeption von Infektionsschutzmaßnahmen einbezieht.
  • Die Kosten endlich gerecht verteilen – die Reichen besteuern! Auf Vermögen oberhalb von 2 Millionen Euro braucht es eine einmalige Abgabe, um die Krisenkosten zu decken und Krisenprofiteure zur Kasse zu bitten. Die Extra-Profite der großen Krisengewinner, wie z.B. Amazon und Lidl, sollte mit einer Übergewinnsteuer abgeschöpft werden. Stattdessen bedarf es unbürokratischer Hilfen für diejenigen, die die Krise sonst nicht durchstehen.
  • Den Markt regeln! Der Staat muss eingreifen, damit Luftfilter und bessere Lüftungsanlagen eingebaut und kostenfreie FFP2-Masken sowie Schnelltests verteilt werden. Er muss die Kosten vollständig und ohne Ausnahmen übernehmen. Eine Aufhebung der Impfpatente ist jetzt notwendig, damit weltweit so schnell wie möglich ausreichend Impfstoffe zur Verfügung steht.