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Beschluss 2022/70

Leitantrag 02: DIE LINKE aufbauen

Beschluss des Parteivorstandes vom 24. April 2022

Der Parteivorstand beschließt den anhängenden Leitantrag zum Erfurter Parteitag am 25./26. Juni 2022.

 

DIE LINKE aufbauen!

Die Wahlergebnisse der LINKEN bei den letzten Wahlen sind für uns herbe Niederlagen. Auch wenn DIE LINKE insgesamt viele (junge) Mitglieder gewinnt, ist in Kreis- und Landesverbänden die Basis der Aktiven oft klein, reichen die Ressourcen häufig nicht, um alle Aufgaben in Partei, Bündnissen und Kommunen abzudecken oder neue Mitglieder einzubinden. DIE LINKE will Vertrauen, Verankerung und Wahlen (zurück)gewinnen. Als sozialistische Partei setzen wir auf das Engagement der Vielen gegen den Egoismus der Wenigen. Daraus ergeben sich Konsequenzen für die Arbeitsweisen und für die Parteientwicklung.

Wir wollen gemeinsam mit vielen Menschen die Welt verändern – das ist unser Anspruch. Wir müssen wissen (nicht zu erraten versuchen), was die Vielen umtreibt und was sie motiviert, sich für Veränderungen einzusetzen. Wir müssen uns das Vertrauen der Vielen wieder erarbeiten.

Wir müssen unsere Arbeitsweisen daraufhin überprüfen, ob sie diesem Anspruch gerecht werden. Jeder Kreisverband, jeder Landesverband und jeder Vorstand müssen sich fragen, ob die eigene Arbeitsweise, das Auftreten und der Umgang miteinander dazu beitragen, dass Menschen aus unseren Dörfern und Nachbarschaften gerne bei uns mitmachen und das Gefühl haben, bei uns ein politisches Zuhause zu finden. Es braucht eine lokale politische Schwerpunktsetzung die gleichzeitig als EINE LINKE Stimme erkennbar ist.

Die gute Nachricht: Wir fangen nicht bei null an. Wir haben als Partei viele Erfahrungen gemacht, die wir ausgewertet haben. Hierauf können wir aufbauen. Aus den guten Praxen („best practice“) wollen wir für die gesamte Partei lernen. Dabei gibt es nicht eine gleiche Lösung für alle: Die Rahmenbedingungen sind in Ost und West, Stadt und Land zum Teil unterschiedlich. Als Bundespartei konzentrieren wir uns darauf, zu stärken, was in Stadt und Land funktioniert:

 

Mitglieder und Wahlen gewinnen

Linke Parteien ohne Mitglieder und Umfeld funktionieren nicht, sie haben keine Verankerung. Linke Parteien ohne Wahlerfolge sterben einen schleichenden Tod. Partei- und Mitgliederentwicklung hängen eng mit Wahlerfolgen zusammen. Diese Erfolge gilt es zu organisieren.

Die Zahlen sind eindeutig: Wo wir nah bei den Menschen, an ihrer Haustür waren, waren die Wahlergebnisse signifikant besser. Dort, wo wir unkomplizierte Angebote zum Mitmachen hatten, wo wir mit Neumitgliedern an die Haustüren gegangen sind, wuchsen dreiviertel der entsprechenden Wahlkampfstrukturen. Trotz des schlechten Wahlergebnisses konnten wir 6 500 neue Mitglieder gewinnen.

Wir haben die Chance in einer Krise zu wachsen, wenn wir unsere neuen Mitglieder politisch mitnehmen und unsere langjährigen Mitglieder wieder stärker einbinden. Die Bundestagswahl 2021 war eine Zäsur, eine Niederlage für DIE LINKE. Wahlen, aber auch politische Erfolge insgesamt, werden durch Klarheit im Inhalt, Authentizität der Personen und eine engagierte Mitgliedschaft gewonnen. Plakate, Zeitungen und Presseerklärungen allein gewinnen nicht die Herzen der Menschen und auch nicht die Wahlen in der Bundesrepublik. Notwendig ist ebenso eine Mitgliedschaft, die in der Gesellschaft sicht- und vor allem auch ansprechbar ist, die verankert ist und Vertrauen genießt, als Botschafterin einer anderen, einer sozialistischen Welt, wirkt, für die Ziele der Solidarität und Demokratie brennt. Dies kann niemand schaffen, außer wir selbst. Wir haben auch deshalb verloren, weil die Verankerung unserer Mitgliedschaft in der Gesellschaft zurückgegangen ist. Unser Ziel
muss es deshalb sein, in den nächsten 10 Jahren eine starke LINKE mit 100 000 Mitgliedern aufzubauen. Wir wissen deshalb – und genauso wichtig bleibt es –, dass wir an uns und der Einbindung unserer Mitglieder arbeiten müssen.

Die Rückmeldungen aus der Mitgliedschaft waren deutlich: Die Genoss*innen wünschen sich mehr Einigkeit, mehr Debatte untereinander, mehr Kontakt zur Partei vor Ort. Wir arbeiten daran: Wahrnehmbar und aktiv vor Ort, glaubwürdig und verlässlich in unseren Positionen, und diejenigen, die in sozialen Kämpfen um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen einen spürbaren Unterschied machen – dann gewinnen wir wieder Wahlen.

 

Wahlen gewinnen!

Im Zeitfenster bis zu einem Wahlerfolg bei der nächsten Bundestagswahl 2025 liegen vor der LINKEN einige Meilensteine. Bei einigen geht es uns ums Gewinnen, bei anderen darum, nicht zu verlieren. Darauf muss sich die Partei nicht nur wegen der geschrumpften Ressourcen konzentrieren. Zweifelsfrei sind alle Landtagswahlen für DIE LINKE wichtig, einige aber noch wichtiger. Schlüsselstellungen nehmen die Landtagswahlen in Bayern und Hessen 2023 sowie die ostdeutschen Kommunalwahlen 2024 ein. Ein Einzug in Hessen kann uns für die nächsten Wahlen Rückenwind geben. Daher müssen wir dort strategisch ansetzen und investieren. Gleiches gilt für die Kommunalwahlen 2024. Und im Hinblick auf die danach folgenden, für uns ebenfalls herausgehoben wichtigen Landtagswahlen im Herbst 2024 in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Eine Steigerung der Mandate ist der Motivationsmotor für die Partei, aber auch das Signal, dass mit der LINKEN (wieder) gerechnet werden muss. Wir müssen also hier alles auf Sieg stellen und von Seiten der Bundespartei investieren. Wir müssen auch alle Anstrengung darauf richten, im Oktober in Niedersachsen wieder in den Landtag einzuziehen und bei den Bürgerschaftswahlen in Bremen im Mai 2023 das Ergebnis mindestens zu halten. Wir brauchen Projekte, die Wahlkämpfe und Verankerungsaufbau zusammenbringen, zentral koordiniert zur Unterstützung der Landesverbände, deren Strukturen regelmäßig als prekär angesehen werden müssen. Natürlich müssen die Landtagswahlen in Niedersachen intensiv unterstützt und Bremen muss verteidigt werden. Dazu braucht es die Unterstützung der gesamten Partei. Dazu haben wir ein Konzept auf den Weg gebracht, das auch finanziell unterlegt ist. Dieses Konzept werden wir nach den Erfahrungen in Niedersachsen für den Wahlkampf in Bremen weiterentwickeln. Ziel dabei ist auch, dass sich die neu geschaffene Struktur über die im Prozess gewonnen Mitglieder nach 2025 selbst trägt. Auf dieser Grundlage müssen dann auch die beiden zentralen Wahlen Europa 2024 und Bundestagswahl 2025 vorbereitet werden.

 

Gemeinsam eine Welt gewinnen – und Spaß dabei haben

Wer zur LINKEN kommt, muss spüren: Hier gibt es gemeinsam eine Welt zu gewinnen – hier arbeiten Gleichgesinnte an kleinen und großen Erfolgen, hier kämpfen Menschen gemeinsam gegen Ungerechtigkeit. Aber zu oft werden Interessierte und Mitglieder auf unseren Versammlungen mit Konflikten und entsprechende Verfahren konfrontiert, die sie selbst nicht lösen können. Stattdessen sollen Interessierte und Mitglieder sofort in der Partei ankommen, eine gute Zeit haben und sich für das engagieren können, was ihnen wichtig ist. Es ist die Verantwortung von Vorständen, in der Aktivität vor Ort das Gemeinsame zu betonen, verschiedene Interessen zusammenzuführen und deutlich zu machen: Wir sind verschieden – aber gemeinsam für linke Ideen aktiv.

Konkret bedeutet das:

Alle Kreisverbände, besser noch die Ortsverbände, entwickeln Willkommensstrukturen und Projekte, in die neue Mitglieder niedrigschwellig einsteigen können. Unsere Partei befindet sich im Umbruch: Etwa jedes fünfte Mitglied unserer Partei ist in den letzten vier Jahren zu uns gestoßen. Das ist für uns eine immense Verantwortung: Wer zur LINKEN kommt, muss also eine offene Kultur vorfinden, die Austausch und Aktivität stärker macht als Bürokratie und Routine; funktionierende Strukturen, die Angebote zur Beteiligung machen. Und es muss ein transparenter Wissenstransfer organisiert werden. Sonst gehen die Kenntnisse über viele Angebote, die Landesverbände- und Bundespartei zur Verfügung stellen, verloren und müssen mühsam wieder zusammengesucht werden.

Unsere Treffen dürfen keine geschlossenen Veranstaltungen sein, sondern sind linke Ankerpunkte in der Gesellschaft: Sie müssen Orte des Austausches von politischen Ideen sein, Orte des gemeinsamen Planens und gegenseitigen Erlebens. Wenn Interessierte zum ersten Mal bei uns sind, sind sie ein Teil von uns, so wie wir Teil der Nachbarschaft, des Betriebes, der Bewegung oder der Wartenden im Jobcenter sind. Wir wollen, dass DIE LINKE im Alltag der Menschen an ihrer Seite steht, dass wir gemeinsam mit Plan, Vision und in lockerer Atmosphäre für Verbesserungen kämpfen.

Dazu gehört auch, Orte in der Partei zu schaffen, in denen wir ohne Beschlussdruck zusammenkommen, neue Erkenntnisse gewinnen, Erfahrungen austauschen, lachen und Interessen und Ziele ausloten können. Wir können Verbindungen zwischen den Menschen wieder stärken, wenn wir unsere Arbeitsweise umstellen. Im direkten Gespräch, in der direkten Erfahrung auf gelungenen Treffen, in gemeinsamen Kämpfen, sei es vor Ort oder bei weltumfassenden Themen.

Die Partei muss als lebendige Mitgliederpartei zu erleben sein. Gemeinsam arbeiten und kämpfen, gemeinsam gewinnen und auch mal verlieren, gemeinsam lachen und trauern. Wenn jemand bei uns Verantwortung übernehmen will und für ein Amt oder Mandat kandidiert, sollte sie*er dafür gefeiert und nicht abgekanzelt werden, wenn er*sie verliert.

In einer Gesellschaft, in der der Ton rauer wird, sind wir der Ort, an dem Genoss*innen wieder Kraft tanken können. Wir sind ihr politisches Zuhause. Wir sind der Ort der Hoffnung. Im persönlichen Kontakt entsteht Vertrauen.

 

Persönliche Gespräche bewegen Menschen! Wähler*innen einladen

Menschen kommen zur LINKEN, wenn wir sie persönlich einladen. Persönliche Gespräche, sei es an der Haustür, am Gartenzaun oder an einem Infostand, der aktiv gestaltet ist und zum Dialog einlädt, sind das mit Abstand effektivste und wirkungsvollste Mittel, um mit Interessierten zu reden und sie zum Mitmachen einzuladen. Gleiches gilt für unsere Mitglieder: Keine E-Mail kann das persönliche Gespräch mit ihnen, direkt oder auch am Telefon, ersetzen. Unsere Mitglieder sind diejenigen, die im Alltag linke Themen in der Gesellschaft setzen und vor Ort Wähler*innen überzeugen.

Konkret bedeutet das: Jede Gliederung der Partei, die keine persönlichen Gespräche mit Bürger*innen, ob an der Haustür, oder ähnlichen direkten Formen, führt, verschenkt Potenzial. Wenn Kreisverbände ein Prozent ihrer Wähler*innen als Mitglieder gewinnen würden, würden sie ihre Mitgliederzahl verdoppeln. Dafür müssen sie aktiv in das Gespräch kommen, dort wo wir wissen, dass wir sie wieder antreffen können, an den Haustüren. Gleichzeitig ist das eine sehr effektive und zeitökonomisch sinnvolle Methode zur Mobilisierung bei den auch neuen Mitgliedern sofort mitmachen können.

 

Organisieren: Für linke Alternativen

DIE LINKE muss reale Verbesserungen im Alltag durchsetzen. Aus erfolgreichen Modellprojekten in einkommensarmen Nachbarschaften (PV-Beschluss 2020/137i) haben wir ein Konzept LINKEN Organizings für die aktivierende Parteiarbeit entwickelt, erprobt und für den ländlichen Raum spezifiziert: LINKES Organizing „stärkt mit systematischer organisierender Arbeit linke Inhalte und linke Parteigliederungen vor Ort. Organizing im Parteikontext etabliert persönliche Beziehungen und unkomplizierte Beteiligungsformen, führt aktivierende Kampagnen durch und bildet Interessierte praktisch aus (PV-Beschluss 2018/151i).“ Wir hören den Menschen vor Ort zu und streiten mit ihnen gemeinsam für Verbesserungen, dann gewinnen wir auch neue Mitglieder, verankern die Partei, bauen Schritt für Schritt linke Gegenmacht auf und steigern so die Ergebnisse bei Wahlen.

Der Ansatz des LINKEN Organizings hat Auswirkungen auf Arbeitsweisen, Kampagnen, politische Bildung, Digitalisierung und auf Kommunal- und Landespolitik.

 

Arbeitsweise

Kreis- und Ortsverbände müssen rausgehen und erfahren, was den Menschen wichtig ist, sehen, wer schon aktiv ist, einladen, verbinden, gemeinsam Strategien und Pläne entwickeln, wer man ist und wofür man kämpft – und wie das zusammenhängt mit dem Streit für eine gerechte Gesellschaft insgesamt.

Hauptamtliche und sehr aktive ehrenamtliche Genoss*innen müssen andere darin stärken, stückweise mehr Verantwortung zu übernehmen. Aus Interessierten werden erst Unterstützer*innen, dann Mitstreiter*innen und schließlich Mitglieder. Um dies zu erreichen, müssen wir unsere Arbeitsweise und unsere Kultur auf allen Ebenen der Partei und in den Parlamenten verändern. Hauptamtliche Ressourcen müssen darauf fokussieren.

 

Kampagnen von unten

Unsere Ressourcen sind begrenzt, deshalb schwächt uns Eigenbrötelei, stärkt uns wiederum gemeinsame abgestimmte Politik – bundesweit und vor Ort. Kampagnen sind kein Selbstzweck, sondern erleichtern politische Aktivität. In den Kampagnen ist die Partei an verschiedenen Orten gleichzeitig sichtbar und wiedererkennbar. Berichterstattung in lokalen Medien und auf der Bundesebene verstärken sich. Das öffentlichkeitswirksame Arbeiten vor Ort, das die Kampagne der Bundespartei nutzt, sollte Teil der Kultur unserer Kreisverbände und vor allem Ortsverbände sein. Die Beteiligung von anfangs 50 auf nunmehr 180 Kreisverbänden an öffentlichen Aktionen unserer Kampagnen ist gut, muss aber weiter ausgebaut werden: Kampagnengruppen vor Ort gehen an Haustüren und Nachbarschaften, laden zu Treffen ein und kämpfen vor Ort für konkrete Verbesserungen. Es werden lokale Kampagnenpläne erarbeitet, Verantwortlichkeiten verteilt und benannt, damit Interessierte unkompliziert dazu kommen können. Der inhaltliche Rahmen unserer Kampagne und die bundesweite Koordinierung wurde vom Parteivorstand beschlossen. Dieser hat einen Kampagnenrat (bestehend aus Parteivorstand, Ländern und Fachleuten) auf den Weg gebracht, der zusammen mit einem Aktivenrat (aus Kreis- und Ortsverbänden und weiteren Aktiven) die Schwerpunkte fokussieren und ausarbeiten wird. Wir nehmen damit den Aufbau der politischen Arbeit von unten in den Blick.

 

Politische Bildung

Wir sind eine lernende Partei. Die Gesellschaft verändert sich und wir verändern uns mit unseren Mitgliedern. Wir wollen politische Bildung als Teil von alltäglicher Parteiarbeit in den Kreisverbänden stärken. Aus gemeinsamer Praxis und deren Reflexion erarbeiten wir uns einen gemeinsamen Blick auf die Welt, auf linke Perspektiven, Alternativen und Strategien und Praxis. Sowohl langjährige als auch neue Mitglieder haben Fragen – zu einzelnen Themen, aber auch grundsätzlich. Linke Positionen müssen sich immer wieder dem radikalen Zweifel stellen. Dafür ist die offene Debatte im Kreisverband der richtige Ort. Geschützte Räume für politische Debatte und Austausch tragen zu einer solidarischen Kultur in der Partei bei. Die Auseinandersetzung mit inhaltlichen Positionen, Ansätzen und Praxis von Organisierung, Strukturaufbau und (Wahl-)Kampagnen ist zentral, um eine gemeinsame Praxis zu entwickeln. Es geht darum: Im Wissen um unsere Pluralität geeint handeln.

Wir nehmen keine Unternehmensspenden. Wir sind auf viel Leidenschaft und ehrenamtliches Engagement angewiesen. Die Bundespartei fördert Multiplikator*innen für die Bildungsarbeit: Kampagnen-, Wahlkampf- und Mitgliederverantwortliche, Teamer*innen, Multiplikator*innen und Organizer*innen. Wir schaffen für sie Austauschorte und stärken entsprechende Ansätze in den Kreisverbänden. Praktische Bildungsarbeit ist attraktiv: In den letzten Jahren haben wir mehr als 2 500 Menschen darin ausgebildet, selbst Organisierungsprozesse anzustoßen und Verantwortung zu übernehmen. Wir wissen, dass es möglich ist, jetzt müssen wir es auf die gesamte Partei übertragen!

 

Der Veränderung Rechnung tragen – Die inhaltliche Weiterentwicklung organisieren

Die Gesellschaft, die ganze Welt, verändert sich. Vieles, was früher selbstverständlich war, steht heute in Frage. Sozialismus muss immer eine Antwort auf die gegenwärtigen Verhältnisse geben. Deshalb müssen unsere Analysen und Antworten immer überdacht werden. Unser Kompass ist soziale und ökologische Gerechtigkeit und Frieden. Das bleibt. Der Kompass muss in großen Umbrüchen neu ausgerichtet werden. Das ist selbstverständlich.

Seit der Bundestagswahl haben sich viele Mitglieder mit Anregungen und Beiträgen zur inhaltlichen Weiterentwicklung zu Wort gemeldet. Wir sind mittendrin in einem Verständigungsprozess. Das ist gut so.

Der Parteivorstand hat vor allem drei Felder benannt, auf dem wir die parteiinterne Diskussion organisieren: Der sozial-ökologischen Umbau von Wirtschaft und Infrastruktur, ein neuer Aufbruch im Osten und friedliche Außenpolitik und einen solidarischen Internationalismus. Dazu gehört die Veränderung der Arbeit und der Arbeiter*innenklasse und wie verbindende Klassenpolitik im Umbau der Wirtschaft aussehen muss. Hinzu kommt, dass wir uns auf die wichtigen Europawahlen vorbereiten.

Diesen Diskussionsprozess wollen wir verstetigen, thematisch erweitern und die Diskussion mit gesellschaftlichen Bündnispartnern führen. Es liegt in der Verantwortung des Parteivorstands, diesen Prozess zu koordinieren, Teilergebnisse zusammenzuführen und zu einem Abschluss zu bringen.

Für diesen innerparteiliche Diskussions- und Klärungsprozess brauchen wir geeignete Foren, Formen und Räume. Wir wollen Dauerkonflikte überwinden. Wir stellen in den Mittelpunkt: gemeinsame Perspektiven entwickeln und gemeinsam aktiv werden.

Neben der inhaltlichen Aktualisierung steht dabei die Aufgabe im Zentrum, den politischen Ort der LINKEN angesichts veränderter gesellschaftlicher Bedingungen neu zu bestimmen. Es ist Zeit für eine erneuerte sozialistische Partei. Nur wenn wir uns verändern, können wir wieder Vertrauen gewinnen.

Veränderung heißt dabei ausdrücklich nicht, sich an den Zeitgeist anzupassen. Es geht darum, DIE LINKE als sozialistische Partei weiterzuentwickeln und ihre linken Kernpositionen auf der Höhe der Zeit fortzuentwickeln: durch Aktualisierung linke Antworten auf inzwischen aufgekommene neue gesellschaftliche Fragen. Es geht nicht darum, etwas zu verlieren, sondern ganz im Gegenteil darum, etwas zu gewinnen.

Indem wir uns den aktuellen Fragen stellen, können wir an Ansehen und Zustimmung bei jenen gewinnen, für deren Interessen wir uns einsetzen. Und das wiederum ist die Voraussetzung dafür, neu auf Attacke zu schalten und wieder erfolgreicher in die Gesellschaft zu wirken.

 

Landesverbände

Wir übertragen die Erfahrungen aus den Wahlkampfprojekten (siehe „Wahlen gewinnen!“) mit Unterstützung der Bundesgeschäftsstelle in alle Länder, um erfolgreiche Ansätze des organisierenden Wahlkampf- und Parteiaufbaus zu stärken. Ziel ist es, über die oben genannten Methoden Mitglieder zu gewinnen und die Verankerung und Wahrnehmung im Alltag zu erhöhen. Nach zwei bis drei Jahren soll der Mitgliederzuwachs den Prozess tragen. Wir legen ein Konzept vor, das auf erste Erfolge vor der nächsten Bundestagswahl zielt.

 

Kommunalpolitik

In der Kommunalpolitik sind Tausende für LINKE Inhalte aktiv – als Mandatsträger*innen, als sachkundige Bürger*innen oder auch als politisch gewählte Verwaltungsbeamte. Darüber hinaus sind Tausende Mitglieder vor Ort aktiv als Vorstände in Bürgerinitiativen und in Vereinen, in Elternvertretungen, in migrantischen oder antifaschistischen Selbstorganisationen und Bündnissen, in Selbsthilfegruppen, in Stadtteilzentren und Bürgerhäusern. Sie alle geben unserer Partei ein erkennbares Gesicht.

Noch viel zu oft verschenkt die Partei dieses Potenzial. Dies gilt in zweierlei Hinsicht: Als Mitglieder unserer Partei und zugleich kommunalpolitische Persönlichkeiten sind unsere Kommunalpolitiker*innen Botschafter*innen unserer linken politischen Anliegen. Aktive in Initiativen und Selbstvertretungen haben Ansehen und Kompetenz in ihrem Gebiet. Diese Anliegen kommunalpolitischen Engagements mit den Zielen unserer Partei aktiver zu verknüpfen, ist unsere Aufgabe als Partei. Umgekehrt muss die Mitgliedschaft in unserer Partei die kommunalpolitische Aktivität der Mandatsträger*innen und Aktiven bereichern und erleichtern. Deshalbwollen wir die Arbeit in den Kommunalvertretungen stärker mit der alltäglichen Parteiarbeit und unseren Bündnispartner*innen vor Ort verbinden. Es gilt, die jeweiligen Möglichkeiten, Kontakte und Netzwerke zu bündeln und in einer gemeinsamen politischen Sichtbarkeit münden zu lassen.

Wir setzen den Fokus auf Konflikte, die wir als LINKE zusammen mit interessierten Nachbar*innen gewinnen können. In der Kommunalpolitik entwickeln und verwirklichen wir „im Kleinen“, was wir am Großen verändern wollen. Eine sozialistische Kommunalpolitik hat im Blick, welche konkreten Veränderungen den Weg zu einer anderen Gesellschaft jenseits des Kapitalismus ebnen können. Kommunalpolitische Erfolge machen Mut auf Mehr. Wir wollen die Erfolge, die unsere kommunalpolitischen Mandatsträger*innen gemeinsam mit den Menschen erzielen, übertragbar machen und mit den zentralen Schwerpunktsetzungen kombinieren. Bis 2024 werden wir gemeinsam mit der BAG Kommunalpolitik, den Kommunalpolitischen Foren und allen hier aktiven Gliederungen ein Unterstützungsangebot für die kommunalpolitische Arbeit aufbauen.

 

Digitalisierung

Digitale Infrastruktur muss den aktiven Mitgliedern die Arbeit erleichtern, unnötigen innerparteilichen Bürokratismus abbauen und unsere Arbeit effizienter machen. Tausend Telegramgruppen, diverse Cloudlösungen in den Ländern und uneinheitliche Datenbankstrukturen schaffen dies nicht. Wir brauchen unkomplizierte Lösungen und bauen deswegen die Plattform der DIE-LINKE.APP weiter aus und schaffen Schnittstellen zu einer zentralen Datenbank. Hier soll alles zusammenkommen: Mitglieder können eintreten; sie haben Zugriff auf Inhalte und wichtige Infrastruktur und können sich mit anderen Mitgliedern vernetzen. Die eigenen Mitgliederdaten, einen kommunalpolitischen Musterantrag finden, die neuesten Kommunikationslinien oder FAQs, der Leitfaden für die nächsten Haustürgespräche – je nach Funktion alles in der Hand. Damit beseitigen wir auch die oft angemahnte Kommunikationslücke, alle Informationen und Termine sollen darüber bereitgestellt, sowie Befragungen und Abstimmungen möglich werden.