Wir dürfen nicht zulassen, dass Hunderte Nazis ungestört durch Chemnitz marschieren
Zum für den morgigen 5. März angekündigten Nazi-Aufmarsch in Chemnitz (18.30 Uhr am Kinderheim Bernsdorfer Straße) erklärt die Chemnitzer Landtagsabgeordnete Freya-Maria Klinger (DIE LINKE):
Wie wir schon immer wissen: Chemnitz hat kein Naziproblem! Schon gar nicht am 5.März. Unser Bombardierungsgedenken ist gut. Wir sind doch nicht Dresden …. Oder sollten diese Weisheiten am morgigen 5. März 2008 etwa über den Haufen geworfen werden? Wird die Stadt morgen von einem großen Aufmarsch von Neonazis aus ganz Sachsen überrascht?
Guten Morgen Chemnitz! Die Freien Kameradschaften befinden sich nicht nur im Umland in der Offensive, auch in Chemnitz fallen die unter dem Label Freies Netz agierenden Nazis in den letzten Monaten durch zahlreiche Veranstaltungen und Aktionen auf, immer häufiger wird ihre menschenver-achtende Propaganda im Stadtbild durch Aufkleber, Sprühschablonen und Plakate sichtbar, Übergriffe auf anders Aussehende und anders Denkende sind wieder an der Tagesordnung. Die Nazis geben sich dabei modern, smart, ja sogar intellektuell, aber auch aktionsorientiert und handfest, wie die jüngsten Über-griffe in Colditz und dem Landkreis Mittweida gezeigt haben.
Bereits am Abend des 16. Februar diesen Jahres marschierten Dutzende Rechtsextreme, auf dem Rückweg vom deutschlandweit größten Naziaufmarsch in Dresden, spontan durch die Chemnitzer Innen-stadt. Und morgen Abend werden wir nicht nur das erbärmliche Häuflein der Anhänger des Herrn Kohlmann vor dem Kinderheim in Bernsdorf erleben. Das Mobilisierungspotenzial und die Vernetzung der Nazis lassen eine dreistellige Zahl an Teilnehmern durchaus realistisch erscheinen.
Und was tut Chemnitz? Chemnitz schweigt, ist überrascht, will den Chemnitzer Friedenstag feiern. Die Stadt läuft dabei in einigen Veranstaltungen Gefahr, mit einer verfälschenden Darstellung der Ursachen der Zerstörung der Stadt einem geschichtsrevisionistischen Opfermythos, wie die Nazis in zelebrieren, argumentativ den Weg zu ebnen. Die Abgrenzung zu den Inhalten der Nazis und die faschistische Vor-geschichte der Bombardierungen kommen hier zu kurz. Das "Chemnitz-wäre-ja-so-eine-schöne-Stadt-ohne-die-Bombardierung - Gejammer" muss endlich aufhören!
Oder tut Chemnitz doch genug gegen Rechts? Es gibt zumindest vollmundige Bekundungen, wie aktuell die zum LAP (Lokaler Aktionsplan gegen Rechtsextremismus). Jedoch werden diese nicht untersetzt. Das dafür benötigte Geld ist nicht im Haushalt eingestellt. Der Landkreis Mittweida greift in die eigene Tasche, um das zu finanzieren und stellte letztes Jahr 100.000 Euro zur Verfügung, in Chemnitz wartet man noch auf die Bewilligung der Mittel aus dem Topf "Weltoffenes Sachsen" des Landes und diskutiert über ein paar tausend Euro.
Am 05.03. hat die Oberbürgermeisterin Frau Ludwig die Gelegenheit, sich den Nazis nicht nur symbolisch oder über Programme bzw. Aktivitäten rund um den Chemnitzer Friedenstag in den Weg zu stellen. Sie sollte Vorbild für die engagierten und couragierten ChemnitzerInnen sein und morgen Abend selbst ein Zeichen gegen Rechts setzen.
Wir dürfen nicht zulassen, dass zum ersten Mal wieder Hunderte Nazis ungestört und ungehindert in Chemnitz demonstrieren.