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Harald Werner

Und kein bisschen Mindestlohn

Zum Ergebnis der Tagung des Koalitionsausschusses beim Thema Mindestlohn erklärt das Mitglied des Parteivorstandes der Partei DIE LINKE, Harald Werner:

Fauler Kompromiss wäre untertrieben, wenn man das Ergebnis der Koalitionsrunde zum Mindestlohn wertet. Für mindestens zweieinhalb Millionen Bezieher von Armutslöhnen wird sich mit Sicherheit nichts ändern, weil die Ausdehnung des Entsendegesetzes an ihnen vorbei geht.

Die Ausdehnung des Entsendegesetzes auf weitere Branchen stößt auf so viele Hürden, dass kaum mit baldigen und erst recht nicht mit wirksamen Ergebnissen gerechnet werden kann:

  • Die erste und schwerste Hürde ist, dass die Anwendung des Entsendegesetzes einen geltenden Tarifvertrag voraussetzt, der mindestens für die Hälfte der Beschäftigten gilt. Aber in den maßgeblichen Branchen gibt es meist keinen Tarifvertrag, häufig nicht einmal einen Arbeitgeberverband.
  • Die zweite Hürde betrifft die Notwendigkeit, dass es sich dabei um bundesweite Tarifverträge handeln muss, die in Deutschland Seltenheitswert haben. Und es gibt sie fast nie dort, wo Armutslöhne gezahlt werden.
  • Und drittens ist da noch die Hürde, dass die Arbeitgeber mit dem Verfahren einverstanden sein müssen. Sollten sich die Arbeitgeber dem Abschluss von Mindestregelungen verweigern, etwa wie seit Jahren im Hotel- und Gaststättengewerbe, dann ist die Anwendung des Entsendegesetzes gescheitert.
  • Die vierte Hürde aber ist der Umstand, dass in den maßgeblichen Branchen Löhne gezahlt werden, die unter dem Existenzminimum liegen, so dass das Entsendegesetz Hungerlöhne zu Mindestlöhnen erklären würde.

Wenn schon die Ausdehnung des Entsendegesetzes keinen Fortschritt bringt, so fällt der Griff nach dem bisher nie angewandten Gesetz über Mindestarbeitsbedingungen hinter die Adenauer-Zeit zurück. Mit dem bereits 1952 verabschiedeten Gesetz könnten Löhne durch die Bundesregierung auf dem Verordnungswege festgesetzt werden, sofern es keine tarifvertraglichen Lösungen gibt. Doch die Koalitionäre haben sich ohne Not an eine Zustimmungsbereitschaft der Arbeitgeber gebunden, was vom Gesetz her nicht zwingend ist.  

Die von der Koalitionsrunde beschlossenen Maßnahmen können von den Gewerkschaften nur als Provokation empfunden werden und die SPD muss in einem zentralen Punkt ihrer Wahlversprechen das Scheitern eingestehen. Jetzt wird das Thema Mindestlohn in zwei Jahren die Bundestagswahl beherrschen. Dabei wird die SPD schlechte Karten haben, denn die Linke wird daran erinnern, dass die Sozialdemokraten gegen ihre eigenen Vorschläge zum gesetzlichen Mindestlohn stimmten, als sie von der Linken im Bundestag zur Abstimmung gestellt wurden.


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