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Lothar Bisky

Europawahlen 2009 eröffnen Chance für einen Politikwechsel

Am 1. Januar 2009 übernimmt die Tschechische Republik von Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft. Aus diesem Anlass erklärt der Vorsitzende der Partei DIE LINKE und der Partei der Europäischen Linken Lothar Bisky:

Mit dem Jahreswechsel 2008/2009  neigt sich auch die französische EU-Ratspräsidentschaft ihrem Ende zu. Wie kaum eine andere wurde sie von der Omnipräsenz des französischen Präsidenten Sarkozy maßgeblich beeinflusst. In seiner Amtszeit gab es zahlreiche Herausforderungen: die globale Finanz- und Wirtschaftskrise, die erneute Rückkehr des Krieges in Europa mit dem Kaukasuskonflikt, das Machtvakuum in den USA, die verheerende Bilanz von Bushs "Krieg gegen den Terror" und Europas Mitverantwortung, das Suchen notwendiger politischer Antworten auf die Klimakatastrophe.

Sarkozy selbst meinte, er sei der richtige Mann zur richtigen Zeit gewesen. Er selbst zog vor dem Europaparlament eine positive Bilanz. Soweit dies sein Krisenmanagement betrifft, ist dem kaum zu widersprechen.

Was unterm Strich bleibt, bedarf jedoch einer differenzierteren Analyse und Wertung. So wurde im Georgienkrieg einerseits Russland einseitig die Verantwortung zugeschoben, andererseits nutzte Sarkozy die Möglichkeit, die unterbrochenen Gespräche zwischen der EU und Russland über ein neues Partnerschaftsabkommen wieder aufzunehmen. 2009 wird es einen OSZE-Gipfel geben, der sich mit dem Vorschlag Russlands für eine neue europäische Sicherheitsarchitektur beschäftigt. Ähnlich die Bilanz bei der Finanzkrise: Es wurde schnell reagiert, aber die getroffenen gemeinsamen Maßnahmen sind unzureichend und nutzen vor allem den Großbanken und weniger den europäischen Bürgerinnen und Bürgern. Gleichzeitig hat der französische EU-Ratspräsident versucht, das Projekt einer Wirtschaftsregierung wieder ins Gespräch zu bringen sowie darüber hinaus gemeinsame europäische "Antikrisen-Pakete" durchzusetzen. Beides scheiterte ebenso wie sein inhaltlicher Ansatz, konsequente weiterführende Ziele beim Klimapaket durchzusetzen, an der deutschen Bundeskanzlerin.

Am zwiespältigsten: Sarkozys Politik im ureigensten Interesse der EU. Sein Agieren bezüglich des irischen Neins zum Lissabonner Vertrag setzt das alte Verständnis fast aller EU-Ratspräsidenten fort: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Es soll bei der Machtteilung zwischen nationaler Entscheidungsgewalt der jeweiligen Staats- und Regierungschefs und ihrem Ermessenspielraum für EU-Politik bleiben. Sie entscheiden, was auf EU-Ebene geschehen darf, nicht die Bevölkerungen der EU-Mitgliedstaaten. So wird es nicht gelingen, zu mehr Aufgeschlossenheit der Bürgerinnen und Bürger für Europa zu kommen. Sarkozy setzte Irland wie kein anderer unter Druck, das Referendum zu wiederholen. Respekt vor dem Votum der Bürgerinnen und Bürger sieht anders aus!

Am 1. Januar übernimmt nun die Tschechische Republik für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft; nach Slowenien der zweite neue Mitgliedstaat. Es ist eine wichtige Ratspräsidentschaft: Finanz- und Wirtschaftskrise sind längst nicht bewältigt, das Alltagsgeschäft, also die Umsetzung des Arbeitsplanes der EU-Kommission verlangt große Anstrengungen, am Ende der Ratspräsidentschaft stehen die Wahlen zum Europäischen Parlament. Das alles muss von einem eher kleinen Mitgliedstaat bewerkstelligt werden, mit einem Staatspräsidenten, der durchaus als europaskeptisch einzuschätzen ist.

DIE LINKE und die Europäische Linke erwarten, dass die tschechische Ratspräsidentschaft dazu beitragen wird, den Bürgerinnen und Bürgern die Notwendigkeit europäischer Integration bewusst zu machen. DIE LINKE und die Europäische Linke stehen für einen grundlegenden Kurswechsel in der EU-Politik für mehr soziale Gerechtigkeit und friedliche Entwicklung. Die Mitgliedsparteien der Europäischen Linken in Tschechien werden ihren Beitrag dazu leisten und die europäische und die deutsche Linke werden sie dabei unterstützen.



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