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Rosemarie Hein

Debatte am falschen Ende angefangen – Nicht Einheitlichkeit sondern Gemeinschaftsschule ist das Gebot der Stunde

Zu den Vorstößen der Bundesbildungsministerin zu einheitlichen Schulbüchern und des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg zum Zentralabitur erklärt das Mitglied des Parteivorstandes der Partei DIE LINKE, Rosemarie Hein:

Es jammert den Hund samt der Hütte, wenn man die hilflosen Versuche zuständiger Bundes- und Landespolitiker liest, die vorgeblich die Bildungssituation in Deutschland verbessern sollen. Seit Jahren doktert man an Symptomen herum, ohne an die Ursachen zu gelangen, man perfektioniert das deutsche Zertifikatswesen um vermeintliche Einheitlichkeit in einem föderalen System zu erzielen. Da waren vor Jahren die Bildungsstandards der KMK, die endlich Vergleichbarkeit bringen sollten. Sie sind jedoch zu bildungspolitischen Placebos mutiert, nachdem jedes Land sie quasi in die „eigene Sprache“ übersetzt hat.

Man fragt sich: Wie machen das nur die Finnen? Mit einem Mindestmaß an gleichen inhaltlichen Vorgaben und einem Höchstmaß pädagogischer Freiheiten an der Einzelschule, auch was die Auswahl der Stoffe betrifft, ein Bildungsniveau mit hohem Anspruch und deutlich mehr Abiturienten, als sie das deutsche Schulsystem zulässt, hervorzubringen? Vergleichbarkeit ist dort offensichtlich kein Thema. Frau Schavan hatte in Ihrer Zeit als Bildungsministerin, extra um das herauszufinden, eine Studiengruppe nach Finnland geschickt, aber sie konnte offensichtlich mit deren Arbeitsergebnissen nicht viel anfangen.

Wer heute die mangelnde Vergleichbarkeit in den Schulsystemen zwischen den einzelnen Bundesländern beklagt, muss mindestens auch die mangelnde Vergleichbarkeit zwischen den unterschiedlichen Schulformen beklagen, wie sie die Kultusministerkonferenz anachronistischerweise seit Jahrzehnten vorschreibt.

Wer mehr Vergleichbarkeit will, muss auch die Gemeinschaftsschule wollen. Das gegliederte Schulsystem mit seinen Hunderten Varianten hat sich endgültig überlebt. Das wissen um uns herum fast alle. Nur die deutsche Kultusbürokratie lernt nichts dazu. Doch ihre Lobby in der Wirtschaft ist längst im Schwinden. Über einheitliche Schulbücher, Lehrpläne, Prüfungen (wieso eigentlich nur beim Abitur?) kann man nur in diesem Zusammenhang die Debatte führen. Aber da haben die Länder die Tür erst vor kurzem zugeschlagen.



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