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Wolfgang Gehrcke

Beschämend und instinktlos

Zum Regierungsbeschluss für ein Zentrum gegen Vertreibungen erklärt der außenpolitische Sprecher Wolfgang Gehrcke:

Polen hat gewählt. Ministerpräsident Kaczynski, ein entschiedener Gegner des Projektes der Vertriebenen-Präsidentin Steinbach, wird seinen Platz für den Gewinner der Wahlen Donald Tusk räumen. Der Eine geht, der Andere ist noch nicht da – und schon verkündet die Bundesregierung, sie habe sich auf ein Konzept für ein Zentrum gegen Vertreibungen geeinigt. Vielleicht ist der Termin der Entscheidung und Verkündigung des Projektes ein Zufall, mit Sicherheit stellt sie eine Brüskierung unseres polnischen Nachbarn dar.

Bundestagsvizepräsident Thierse behauptet zwar, an diesem Projekt seien Erika Steinbach und der Bund der Vertriebenen nicht beteiligt, aber Frau Steinbach selbst sieht das anders. Und selbst, wenn sie als Person an diesem Projekt nicht mitwirken würde, verzichten will auch Thierse nicht auf die Erfahrungen deutscher Heimatvertriebener.

Mag die Bundesregierung noch so lauthals betonen, mit dem Zentrum solle die Geschichte nicht umgeschrieben werden, und mag auch die Kanzlerin verbal die Verständigungsbereitschaft mit Polen verkünden und den Wunsch nach Dialog: „Wir verwechseln nicht Ursachen und Wirkung, wenn wir der Vertriebenen gedenken und daran erinnern, dass es die Vertriebenen besonders hart traf in den Folgen des Nationalsozialismus." Polen wird diese Äußerung nicht missverstehen können.

Die Vorstellungen in Polen darüber, wen es „in den Folgen des Nationalsozialismus" besonders hart getroffen hat, werden mit Sicherheit von denen der Kanzlerin abweichen. Denn in Polen sind die Erinnerungen an die unzähligen von der deutschen Wehrmacht getöteten Polen noch lebendig, die Erinnerungen an die Missachtung der Polinnen und Polen als „slawische Untermenschen", die riesige Zahl von Zwangsarbeiterinnen und -arbeitern, die in der deutschen Industrie und Landwirtschaft Sklavenarbeit leisteten, an die zum Zwecke der Germanisierung nach Deutschland verschleppten polnischen Kinder, die ermordeten Geiseln sowie die gnadenlose Vernichtung Warschaus und anderer Städte.

DIE LINKE wird dem von der Bundesregierung beschlossenen Zentrum gegen Vertreibungen nicht zustimmen.


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