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Lothar Bisky

Augen zu und durch?

Zur heutigen Ankündigung des neuen EU-Ratspräsidenten Sarkozy, bis Jahresende einen Ausweg aus der Krise um den EU-Vertrag von Lissabon zu finden, erklärt Lothar Bisky, Vorsitzender der Partei DIE LINKE und der Europäischen Linkspartei:

Bei seiner Ankündigung, die mit dem irischen Ratifizierungs-Nein deutlich gewordene Krise um den Lissaboner EU-Vertrag bis Jahresende lösen zu wollen, hat der neue EU-Ratspräsident nicht erklärt, wie er das erreichen wolle. Diese Klärung ist aber nicht nur wichtig für den notwendigen Kurswechsel in der EU. Sie ist auch grundlegende Voraussetzung für die Durchführung der Europawahlen im Juni nächsten Jahres. Da hat Sarkozy dringenden Handlungsbedarf - nicht nur gegenüber den Abgeordneten des Europäischen Parlaments, sondern vor allem gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in allen 27 Mitgliedsstaaten. Diese interessiert weniger, auf welcher vertraglichen Grundlage die Wahlen stattfinden, sondern vielmehr, inwieweit ihre Interessen von der Politik real wahrgenommen werden, damit sie ihr Leben in einer friedlichen, demokratischen, sozial und ökologisch nachhaltigen EU gestalten können.

Sarkozy bezeichnete den Kampf gegen den Klimawandel als wichtigste Aufgabe der französischen Ratspräsidentschaft. Das ist zu unterstützen. Die Europäische Linke und DIE LINKE in Deutschland fordern zugleich, dass das "soziale Europa" zu den Prioritäten gehört, um die Sozialstaatlichkeit  der einzelnen Mitgliedstaaten über die EU nicht weiter auszuhebeln. Wir fordern, dass sich die EU nicht nur der Rechtsstaatlichkeit, sondern gleichrangig auch der Sozialstaatlichkeit verpflichtet und dies auch in konkreter Politik umsetzt, beispielsweise in Form eines europäischen Mindestlohnes. Dies werden wir zum Schwerpunkt des Europawahlkampfes machen.

Die Europäische Linke und DIE LINKE in Deutschland plädieren deshalb für einen Neuanfang. Europa braucht auch weitergehende Antworten auf globale Herausforderungen, dem sind die bisherigen Verträge nicht gewachsen.

Europa leide unter einem Mangel an Debatte, diagnostizierte Präsident Sarkozy heute in seiner Rede vor dem Europäischen Parlament. Mit einer Ansage nach dem Motto "Augen zu und durch" wird eine solche Debatte eher erstickt als befördert.


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