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Raju Sharma

Unser Platz im Landtag ist die Opposition

Grußwort von Raju Sharma für den Parteivorstand der LINKEN an den Landesparteitag des Landesverbandes Schleswig-Holstein in Neumünster

Es gilt das gesprochene Wort!

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Gäste, ich überbringe Euch die herzlichen Grüße der Parteivorsitzenden und des Parteivorstands der LINKEN. Wir sind bei Euch und werden Euch unterstützen. Bund und Land gehören zusammen, wenn wir auf der einen Ebene schwächeln, schwächt das auch die andere Ebene, wenn wir auf der einen Ebene stark sind, gibt das auch Rückenwind für die andere. Wir haben auf der Bundesebene in den letzten Monaten über lange Zeit keine gute Performance abgegeben und auch deshalb einige Wahlschlappen erlebt. Da gibt‘s nichts schönzureden, und ich gehöre auch nicht zu denen, die sagen, Fukushima oder vermeintlich komplizierte Wahlsysteme seien daran Schuld. Ich bin auch nicht der Meinung, dass Streit in einer Partei per se etwas Schlechtes ist. Im Gegenteil: Ich bin davon überzeugt, dass die offene und öffentliche Auseinandersetzung um inhaltliche Positionen eine Partei lebendig und attraktiv macht.

Und genau diese Auseinandersetzung um inhaltliche Positionen müssen wir führen und die führen wir auch. In der Programmdebatte, in der Diskussion um die strategische Ausrichtung der Partei, aber auch in der tagespolitischen Diskussion. DIE LINKE wird immer noch gebraucht! Wir sind die Partei des Friedens, der sozialen Gerechtigkeit, der Demokratie - und auch der ökologischen Erneuerung.

Und wenn ich sage, wir müssen uns thematisch breit aufstellen, heißt das nicht, dass wir  beliebig werden dürfen oder irgendwelchen Trends hinterher laufen sollen. Das würde uns unglaubwürdig machen und ist auch gar nicht nötig. Wir vertreten Positionen, die in der Bevölkerung mehrheitsfähig sind. Aber nicht, weil wir gucken, wo die Mehrheiten sind, sondern indem wir selbst Stellung beziehen und dann versuchen, Mehrheiten für unsere Positionen zu gewinnen. Das gilt für den Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan und unser konsequentes Nein zu allen Auslandseinsätzen der Bundeswehr, das gilt für die Forderung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns und die Einführung einer Millionärssteuer, die Ablehnung der Rente erst ab 67 und natürlich auch - und da haben wir immer noch ein Alleinstellungsmerkmal unter allen Parteien - mit der Forderung: Hartz IV muss weg. Und was die ökologische Erneuerung angeht, ist es zwar richtig, dass dieses Thema vor allem mit den Grünen verbunden wird - aber wer stellt die Frage danach, wie der ökologische Wandel finanziert werden soll? Wer macht konkrete Vorschläge, damit der Atomausstieg am Ende nicht von den sozial geschwächten bezahlt wird? Das ist die LINKE, das sind wir!

In Schleswig-Holstein wird in 11 Monaten ein neuer Landtag gewählt. Das ist auch höchste Zeit. Dieser Landtag ist seit der Wahl im September 2009 verfassungswidrig zusammengesetzt. Damit fehlt auch der schwarz-gelben Landesregierung die politische Legitimation für ihre unsoziale Politik. Eines scheint klar: Diese Landesregierung wird am 6. Mai 2012 abgewählt werden. Aber was kommt danach? CDU, SPD und Grüne gehen mit politischen Konzepten und Spitzenkandidaten ins Rennen, die eindeutig auf Zustimmung der bürgerlichen Mitte abzielen. Das Ergebnis ist dann aller Voraussicht nach eine Große Koalition: Entweder schwarz-rot oder schwarz-grün ... oder grün-rot. Da kann jeder mit jedem.

Deshalb ist für mich klar: Unser Platz im Landtag ist die Opposition. Dazu sollten wir stehen und das sollten wir von vornherein auch im Landtagswahlkampf deutlich machen. Opposition - na und? Links wirkt auch so. DIE LINKE hat das Land in Opposition verändert. Da, wo alle anderen sich einig sind und in ihren Konsensrunden  rumkungeln, da muss DIE LINKE das notwendige Korrektiv sein und den Finger in die Wunde legen. So eine Opposition wird in einer Demokratie gebraucht, und in diesem Land allemal. Wenn alle anderen Parteien Politik für die bürgerliche Mitte machen, müssen wir den Schwachen eine starke Stimme geben, damit auch ihre Interessen gehört werden.

Opposition heißt aber nicht, einfach immer nur dagegen zu sein. Ich finde, wir sollten, bereits im Wahlkampf konkret und nachvollziehbar sagen, was wir nach der Wahl im Landtag tun werden - praktisch ein 100-Tage-Nichtregierungsprogramm vorlegen. Was könnte da drin stehen? Ich will da nichts vorwegnehmen, so etwas muss in einem demokratischen Diskussionsprozess von der Basis aus entwickelt und erarbeitet werden. Ich will nur einige Themen benennen, die aus meiner Sicht wichtig sind:

Wir sind die Partei der Kommunen. Deshalb setzen wir uns für eine Stärkung der Finanzen und der Rechte der Kommunen ein. Wir müssen die Daseinsvorsorge, insbesondere auch die Energieversorgung, dezentralisieren und in die Hände der Kommunen zurückbringen.

Wir sind für eine Entmilitarisierung der Gesellschaft. Wir wollen nicht, dass die Bundeswehr in Schulen für Nachwuchs wirbt.

Wir sind für eine Gesellschaft der offenen Grenzen für Menschen in Not. Deshalb wollen wir die Residenzpflicht für Asylbewerberinnen und Asylbewerber über die Landesgrenzen hinaus aufheben.

Wir sind die Partei der Bildungsgerechtigkeit. Deshalb wollen wir eine Schule für alle. Mit ausreichenden, gut qualifizierten und anständig bezahlten Lehrkräften in ordentlichen und modern ausgestatteten Klassenräumen. Da müssen Land, Bund und Kommunen gemeinsam ran.

Wir sind die Partei der direkten Demokratie. Volksentscheide und Bürgerbegehren sind gut und wichtig. Wir sollten diese Instrumente nutzen, ausweiten und ergänzen um die Möglichkeiten des web 2.0; zum Beispiel durch interaktive, direkte Bürgerbeteiligung bei parlamentarischen Initiativen und Gesetzgebungsvorhaben.

Das sind nur einige von vielen Vorschlägen, die wir in den kommenden Monaten gemeinsam diskutieren, weiterentwickeln und konkretisieren sollten. Ich will mich da gern einbringen. Lasst uns in diesem Sinne inhaltlich streiten. Und lasst Euch nicht verunsichern von den derzeitigen Umfragewerten. Bangemachen gilt nicht. Das ist noch die Ruhe vor dem Sturm. Aber wer den Sturm fürchtet, hat an der Küste eh nix verloren. Deshalb: An die Arbeit, Genossinnen und Genossen, wir werden gebraucht.