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Bodo Ramelow
Bodo Ramelow

"Mehr Demokratie wagen" ist das Stichwort

Statement von Bodo Ramelow, Spitzenkandidat der Thüringer LINKEN, auf der Pressekonferenz am 15. September 2014 im Berliner Karl-Liebknecht-Haus

Guten Tag, wir haben in Thüringen eine spannende Wahlnacht erlebt. Katja Kipping hat darauf hingewiesen, es war fast wie ein Krimi und es ist jetzt immer noch ein Krimi.

Ich will aber am heutigen Vormittag mit etwas anderem beginnen: Von Willy Brandt stammen 2 Sätze. Der eine lautet: "Mehrheit ist Mehrheit." Und der zweite Satz heißt: "Wir wollen mehr Demokratie wagen." Und "mehr Demokratie wagen", ist das Stichwort. Die Wahlbeteiligung in Sachsen, Brandenburg und in Thüringen darf uns nicht egal sein. Es gibt ein Problem im 25sten Jahr der deutschen Einheit, als sich die Menschen das Wahlrecht als freies Recht erkämpft haben: Sie werden jetzt anscheinend politikmüde, zumindest wenn es um parlamentarische Entscheidungen geht. Und da brauchen wir ein Mehr an direkter demokratischer Entscheidungskraft.

Dies hat die CDU immer verweigert. Wenn es darum ging, dass die Bürger über ihr eigenes Geld abstimmen, wollte das die Thüringer CDU nie. Ein Schulsystem, das sich auf längeres gemeinsames Lernen einstellt, wollte die CDU eigentlich nie. Und die CDU in Thüringen hat immer das Gefühl ausgestrahlt, dass ihnen die Staatskanzlei auf Lebenszeit gehört und eine Koalition einfach nur ein Betriebsunfall der Demokratie sei. Genau aus dieser Logik wollen wir raus. Wir wollen mit den Partnern, mit denen wir den Verein "Mehr Demokratie e.V." in Thüringen gegründet haben, das sind SPD, Grüne und wir, die wollen wir einladen, um mit ihnen über ein politisches Projekt für mehr direkte Demokratie zu reden. Das heißt, wir wollen heute Abend und bzw. haben zwischenzeitlich schon, die SPD und die Grünen zu Sondierungsgesprächen eingeladen.

Es gibt eine rechnerische Mehrheit und es gibt eine unsichere Mehrheit. Die rechnerische Mehrheit ist Rot- Rot-Grün mit einer Stimme Mehrheit. Das ist knapp. Aber die unsichere Mehrheit von SPD und CDU, die auch nur eine Stimme Mehrheit hat, scheitert schon an der CDU selbst, weil in die CDU-Landtagsfraktion sind Menschen gewählt worden, die mit Frau Lieberknecht seit langer, langer Zeit völlig über Kreuz liegen. Wir sagen deshalb, dass man sich jetzt genau angucken muss, ob Herr Mohring weiter mit der AfD "irrlichtert". Der jetzige Minister Reinholds hat schon gesagt, man müsste auch mit der AfD reden. Da wird eine Brandfackel mit einem irrlichternden Projekt in die parlamentarische Demokratie hineingeworfen, weil man eine Rot- Rot-Grüne-Regierung verhindern will.

Wir wollen uns aufmachen mit den Partnern darüber zu reden, welche Inhalte wir dagegen setzen. Und darauf kommt es an. Die kommunale Familie in Thüringen muss endlich wieder handlungsfähig werden. Demokratie muss von unten wieder lebbar sein. Und die Finanzmittel, die das Land zur Verfügung stellt, müssen da ankommen, wo sie hingehören, nämlich in den Gemeinden oder in den Kitas, damit Eltern nicht immer wieder zusätzlich belastet werden. In Brandenburg haben wir das alles erfolgreich auf den Weg gebracht. Deswegen schmerzt auch der Nichterfolg in Brandenburg an diesen Stellen, weil wir immer bei unserem Wahlkampf in Thüringen voller Stolz auf die Brandenburger LINKEN-Anteile in der Landesregierung verwiesen haben.

Ich glaube wir müssen tatsächlich darüber reden, wenn kleinere Partner zerrieben werden. Das ist in Thüringen ja auch passiert. Die SPD hat Erfolge gehabt und hat sie nicht zeigen können, weil am Ende die CDU auf dem Rücken der SPD die Koalition im Wahlkampf einfach missbraucht hat. Ich glaube, eine neue Koalitionskultur heißt, dass man auf gleicher Augenhöhe tatsächlich Politik entwickeln muss, um den Bürgern zu sagen, erfolgreich werden die drei nur zusammen und keiner auf dem Rücken des anderen. Und ich bleibe dabei, die Staatskanzlei gehört nicht der CDU und zur Demokratie gehört der Wechsel und die CDU hat das Recht sich in der Opposition zu erholen.

Wir wollen mit den anderen Parteien zumindest alles an strategischen Überlegungen ausloten. Die SPD wird sich heute Abend dazu selbst festlegen müssen. Sie haben angekündigt nach den Sondierungen eine Abstimmung ihrer Basis zu machen. Ich glaube, das ist auch dringend notwendig. Wir haben angekündigt, dass wir am Ende, zum Koalitionsvertrag, unsere Basis zur Urabstimmung einladen. Das ist ein Projekt auf Augenhöhe bei dem am Ende die Parteien deutlich machen, dass wir es für fünf Jahre durchhalten wollen und durchhalten können.