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"Mehr auf Menschen setzen statt auf Technik"

Nach dem vereitelten Anschlag auf ein Flugzeug in Detroit sind die sogenannten Nacktscanner wieder in der Debatte. Jan Korte, Mitglied im Parteivorstand und Leiter des Arbeitskreises "BürgerInnenrechte und Demokratie" der Linksfraktion im Bundestag lehnt im Gespräch mit die-linke.de die Nacktscanner ab und fordert, statt auf Überwachungstechnik mehr auf Menschen zu setzen.

Gerade im Luftverkehr ist Sicherheit das Gebot der Stunde. Das zeigt nicht zuletzt der vereitelte Anschlag auf ein Verkehrsflugzeug in Detroit. Trotzdem hat sich DIE LINKE gegen die Nacktscanner ausgesprochen. Warum?
Wenn ich mich in ein Flugzeug setze möchte ich mich natürlich darauf verlassen können, dass ich darin auch sicher bin. Also darauf, dass die Flugzeugtechnik funktioniert, die Piloten gut ausgebildet und hellwach sind und dass mein Sitznachbar nicht bewaffnet ist.
In der aktuellen Diskussion wird jedoch so getan, als ob die Installation von Nacktscannern praktisch über Nacht hundert Prozent Sicherheit gewährleisten würde. Doch das ist erstens nicht der Fall und zweitens greift diese unausgereifte Technik erheblich in die Persönlichkeitsrechte ein. Die Scanner machen nicht nur Waffen und Bomben sichtbar, sondern auch Prothesen, Implantate, Stomata oder Inkontinenzhilfen. Das geht zu weit, denn die Intimsphäre wird erheblich verletzt.

Wird dem Schutz der Bürgerrechte und der Privatsphäre nicht dadurch Genüge getan, dass die Bundesregierung auf die zweite Generation von Nacktscannern warten will, bei denen nur noch die Silhouette des Körpers erkennbar sein soll?
Wenn Scanner beispielsweise nicht zwischen medizinischen Hilfen und anderen Fremdkörpern unterscheiden können, wird dem nicht genüge getan. Soll etwa bei Massenabfertigungen zur Hauptreisezeit ein Diskretionsabstand eingerichtet werden, damit nicht die gesamte Mallorca-Reisegruppe mitbekommt, wenn jemand dem Sicherheitspersonal erklären muss, dass er kein Terrorist ist, sondern einen künstlichen Darmausgang hat? Wer schon einmal von einem großen Flughafen abgeflogen ist, weiß, dass das nicht geht.
Außerdem stellt sich die generelle Frage, wie weit sich Bürgerinnen und Bürger im Sinne der Sicherheit nackt machen müssen, wie weit Selbstbestimmung und Freiheit noch eingeschränkt werden sollen. Um das mal auf die Spitze zu treiben: Um für absolute Sicherheit im Luftverkehr zu sorgen könnte man ihn auch ganz einstellen. Das ist natürlich Blödsinn, macht aber deutlich, dass es keine absolute Sicherheit geben kann. DIE LINKE setzt sich für ein ausgewogenes Verhältnis von Sicherheit und Freiheit ein.

Was schlagen Sie stattdessen vor, um an Flughäfen und in Flugzeugen angesichts der Gefahr durch den internationalen Terrorismus für mehr Sicherheit zu sorgen?
Wie schon gesagt, die Scanner bieten keine totale Sicherheit. Wer im Körper etwas transportiert, der wird auch von einem Nacktscanner nicht entlarvt. Das tatsächlich existente Sicherheitsproblem an den Flughäfen ist doch eher der Sparpolitik der Betreiber geschuldet, die beim Sicherheitspersonal Stellenabbau und Lohndumping betrieben haben. Was hilft der beste Scanner, wenn Passagiere einfach an den Kontrollen vorbeilaufen, weil das überforderte Personal es nicht mitbekommt? In Staaten mit einer realen Terrorbedrohung wird mit Erfolg auf Kontrollen und Befragungen durch gut ausgebildetes Sicherheitspersonal gesetzt. Auf mehr Menschen statt auf immer mehr Technik zu setzen ist natürlich auf Dauer teurer, aber es bringt nachweislich mehr Sicherheit.