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Gesine Lötzsch

Lohndumping per Gesetz stoppen - Mindestlohn endlich einführen

Statement der Parteivorsitzenden Dr. Gesine Lötzsch auf der Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus:

Einen schönen guten Tag. Ich werde mich zu vier Themenkomplexen äußern: erstens zum Thema Lohnentwicklung in Bezug auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit, zweitens zur Energiewende, drittens zum Rentenbeschluss, der im Kabinett ansteht und viertens zu den Diskussionen im Parteivorstand und den Ergebnisse unserer heutigen Sitzung, die allerdings noch andauert.

Am 1. Mai fallen die noch geltenden Einschränkungen im Rahmen der europäischen Arbeitnehmer- und Dienstleistungsfreiheit fast vollständig weg. Sie wissen ja, dass wir seit vielen Monaten darauf hinweisen. Es gibt immer noch keinen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Die Gefahr, dass die Leiharbeit weiter ausgedehnt wird, ist ab diesem Tag in greifbare Nähe gerückt und somit ein weiteres Einfallstor für den Abbau sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze. Wenn die Bundesregierung und auch die Mehrheit des Bundestages nicht endlich dem zustimmt, dass wir einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einführen, dann macht sich die Bundesregierung zum Zuhälter für dubiose Leihfirmen, denn – um nur eine Zahl zu nennen – 11,5 Prozent der Leiharbeiter müssen aufstocken. Das heißt die Steuerzahler müssen für zweifelhafte Arbeitgeber aufkommen. Wir sind der Auffassung, dass dieser Zustand beendet werden muss. Es bleibt nur noch diese eine Sitzungswoche im Deutschen Bundestag, um den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn vor dem 01. Mai einzuführen. Die Fraktion DIE LINKE wird dazu am Donnerstag mit ihrem Antrag Position beziehen. Wir hoffen natürlich, dass die Mehrheit des Bundestages in dieser Frage unseren Vorschlägen folgt.

Zweiter Punkt, die viel diskutierte Frage der Energiewende: Wir haben jetzt gesehen, dass die Energiekonzerne zurückschlagen. Es war eigentlich schon vor den Wahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg klar, dass dieses Moratorium nicht akzeptiert werden würde. Nun gab es die ersten Klagen. Die Energiekonzerne haben erklärt, dass sie nicht mehr in den Ökofonds einzahlen wollen. Ich finde dieses Verhalten überhaupt nicht hinnehmbar. Die Bundesregierung ist nur aufzufordern, dass sie auch gegenüber den Stromkonzernen die Rechtstaatlichkeit durchsetzt. Wenn ein Bürger seine Steuern nicht zahlt, dann geht der Staat mit allen juristischen Mitteln gegen ihn vor. Gegen die Atomkonzerne wird jedoch sehr zögerlich vorgegangen, wenn sie sich nicht an die Regeln halten. Das ist nicht akzeptabel. Der Finanzminister muss das Geld eintreiben.

Dritter Punkt: Das Bundeskabinett will in dieser Woche eine Rentenerhöhung von 0,99 Prozent – also von weniger als einem Prozent – beschließen. Angesichts der steigenden Preise ist das nicht mal der Inflationsausgleich. Das ist also de facto eine Rentensenkung. Wir als LINKE fordern seit langem, dass das Rentensystem wieder in Ordnung gebracht und die Rentenformel wieder hergestellt werden muss. Dazu gehört natürlich auch, die Rentenungerechtigkeit zwischen Ost und West aufzuheben. Der Haushaltsausschuss hatte übrigens das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aufgefordert, bis zum 31. März einen Bericht über die Ostrenten vorzulegen. Das war keine Anforderung der LINKEN, sondern eine Anforderung des gesamten Haushaltsausschusses. Dieser Bericht liegt immer noch nicht vor. Man arbeite daran, wird uns signalisiert, aber augenscheinlich hat das Ministerium in dieser Frage keinen Überblick. Wir schätzen sein, dass die Bundesregierung mit ihrer Arbeit wesentlich dazu beiträgt, die Rentenversicherung zu destabilisieren. Ich will Ihnen da mal ein Beispiel nennen: Wenn wir in unserem Land die Situation haben, dass 30 Prozent der 4 Millionen Selbstständigen so wenig Einkommen erzielen, dass sie nicht in die Rentenkassen einzahlen können und darauf hoffen, später einmal im Alter die Grundsicherung zu bekommen, dann ist das natürlich ein Beitrag zur Destabilisierung der Rentenkasse. Wir als LINKE sind der Auffassung, dass die Rentenerhöhung zum 1. Juli höher ausfallen könnte, wenn nicht in den letzten Jahren systematisch der Arbeitsmarkt durch Niedriglöhne und Minijobs destabilisiert worden wäre. Für uns ist gute Arbeit die Voraussetzung für gute Rente.

Vierter Punkt: Gerade tagt der Geschäftsführenden Vorstandes der Partei DIE LINKE. Wir haben uns natürlich mit verschiedenen aktuellen Fragen auseinandergesetzt, mit Aktionen zum 01. Mai – das erwähnte ich schon –, mit der Vorbereitung der Ostermärsche, wo DIE LINKE sehr klar ihre Position zum Thema Libyen-Krieg zum Ausdruck bringen wird, und wir haben uns natürlich auch mit Debatten innerhalb unserer Partei befasst. Einen Punkt will ich besonders erwähnen, weil er auch medial schon eine Rolle gespielt hat: Wir hatten ja vor längerer Zeit schon geplant, eine Konferenz der Kreisvorsitzenden einzuberufen. Am Montag vergangener Woche haben wir diese Konferenz verschoben. Wir haben aber gemerkt, dass das eine falsche Entscheidung war. Darum haben wir jetzt beschlossen, noch vor der Sommerpause eine Konferenz der Kreisvorsitzenden einzuberufen – wahrscheinlich hier nach Berlin –, um über die Zukunft der Gesellschaft, aber auch die Zukunft unserer Partei zu diskutieren. Wir werden selbstverständlich auch die Kreisvorsitzenden, die das wünschen, in die Vorbereitung konkret einbeziehen. Es wird auf keinen Fall eine Konferenz sein, wo vorn, also vom Präsidium, eine Vielzahl von Reden gehalten wird, sondern wir wollen in Arbeitsgruppen diskutieren. Vor einem Jahr gab es so eine Tagung in Kassel, bei der insbesondere die Diskussion der Teilnehmer in den Arbeitsgruppen zu den verschiedensten Themen, eine positive Resonanz auslöste. Daraus wurde die Schlussfolgerung gezogen, solche Konferenzen zu wiederholen. Das werden wir jetzt auch machen. Wir haben also diesen Beschluss von der vergangenen Woche korrigiert.