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Gesine Lötzsch und Klaus Ernst

Lassen wir uns nicht unterkriegen

Die Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch und KLaus Ernst haben sich in einem Brief an die Mitglieder der LINKEN gewandt:

Liebe Genossinnen und Genossen, bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz konnten wir unser Wahlziel leider nicht erreichen. Aber wir brauchen unser Licht nicht unter den Scheffel zu stellen, wir sind in 13 von 16 Landtagen vertreten und werden alles tun, bei den nächsten Wahlen auch in die Landtage von Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz einzuziehen.

Nicht nur unsere Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten, sondern eine Vielzahl von Genossinnen und Genossen haben unermüdlich gekämpft und ihr Bestes gegeben. Wir bedanken uns bei allen, die einen sehr engagierten Wahlkampf geführt haben. Ihr habt Veranstaltungen organisiert, Geld gespendet, Flugblätter verteilt, Plakate geklebt und mit vielen Wählerinnen und Wählern über unsere Ziele gesprochen.

Aber unsere Bemühungen waren nicht umsonst. Die vielen Veranstaltungen und unzähligen Gespräche, die verteilten Materialien und Flugblätter haben dazu beigetragen, DIE LINKE und unsere Positionen bekannter zu machen. Wir werden die Gespräche, die wir im Wahlkampf geführt haben, fortsetzen. Wir werden mit Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern weiter über einen flächendeckenden Mindestlohn sprechen. Wir werden weiter mit den Stuttgart-21-Gegnern gegen dieses unsinnige Prestigeprojekt demonstrieren. Wir werden weiter mit Friedensaktivistinnen und -aktivisten gegen Atomwaffen in Rheinland-Pfalz und gegen Kriege in Libyen und Afghanistan kämpfen.

Natürlich müssen wir die Ergebnisse beider Landtagswahlen und die gesamtgesellschaftliche Situation analysieren. Das ist nicht nur eine Aufgabe des Parteivorstandes oder der Landesvorstände. Die Entscheidung von Millionen Wählerinnen und Wählern wurden in erheblichem Maße durch die Atomkatastrophe in Japan geprägt. Im Ergebnis gab es bei beiden Landtagswahlen nur einen Wahlsieger: die Grünen. Hinter den wochenlangen Bildern aus Japan, wo Menschen um ihre Existenz kämpfen und eine Atomkatastrophe noch unvorhersehbare Folgen haben wird, sind im Bewusstsein vieler Menschen Themen wie ihre Löhne, soziale Gerechtigkeit, Frieden und Demokratie in den Hintergrund getreten. Das sagen uns sowohl entsprechende Umfragen als auch Genossinnen und Genossen aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Dazu kam, dass uns die letzten Umfragen in Baden-Württemberg unter der 5-Prozent-Marke sahen. Wählerinnen und Wähler, die einen Regierungswechsel wollten, wählten deshalb eher SPD oder Grüne, weil ihnen das als der "sichere Weg" für eine Abwahl von CDU-Ministerpräsident Mappus erschien.

Mit diesen Hinweisen wollen wir keinesfalls der Betrachtung weiterer Ursachen, die das Wahlergebnis für uns negativ beeinflusst haben, ausweichen. Wir wollen aber deutlich machen, dass diese Wahlen in einer Ausnahmesituation stattfanden.

Welche Konsequenzen müssen wir daraus ziehen? Wir waren uns im Parteivorstand einig, dass wir in beiden Bundesländern verstärkt Mitglieder werben müssen, um noch viel stärker als Partei in Erscheinung treten zu können. Auch gut geführte Wahlkämpfe täuschen nicht darüber hinweg, dass wir in vielen Städten und Gemeinden kaum oder gar keine Genossinnen und Genossen haben. Das wollen wir in den nächsten Jahren ändern und haben bereits entsprechende Aktivitäten auf den Weg gebracht.

Ob wir als Partei DIE LINKE in Zukunft erfolgreich sein werden, hängt ganz wesentlich davon ab, wie unsere Genossinnen und Genossen in ihren Betrieben, in ihren Städten, in ihren Dörfern sichtbar sind und unsere politischen Ziele erklären. Wir sind davon überzeugt, dass unsere Vorstellungen einer solidarischen, gerechten und sozialen Gesellschaft, unser friedenspolitisches Engagement und unsere Forderungen nach einer demokratischen Erneuerung die Gründe sind, warum sich DIE LINKE bisher in der gesamten Bundesrepublik etablieren konnte. In diesen Themenfeldern vertreten wir mit unseren Positionen die Mehrheit der Bevölkerung und unterscheiden uns deutlich von den anderen Parteien. Hier müssen wir unser Profil weiter schärfen und unsere Unterschiede zu den anderen Parteien deutlich machen.

Das heißt nicht, dass wir nicht auch in der Umwelt- und Energiepolitik, zu Migration und Integration und vielen anderen wichtigen Themen unsere Positionen einbringen. Im Gegenteil, das machen wir intensiv und breit aufgestellt. Doch DIE LINKE wird sich immer für Problemlösungen im Interesse derjenigen einsetzen, die für einen Lohn arbeiten müssen, von dem sie nicht leben können, die unter unwürdigen Arbeitsbedingungen schuften müssen, die arbeiten wollen, aber keine Arbeit finden und dafür mit Hartz IV gedemütigt werden, die ein Leben lang gearbeitet haben und jetzt mit ihrer Rente nicht in Würde alt werden können oder die lernen wollen, aber durch das Schulsystem wegen ihrer sozialen Herkunft aussortiert werden. Genau eine solche Betrachtung macht den spezifisch LINKEN Blick aus, den nur wir haben und den wir uns erhalten werden.

Liebe Genossinnen und Genossen, lassen wir uns vom Misserfolg bei diesen Wahlen nicht unterkriegen. Nur DIE LINKE ist die Partei des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit. Gemeinsam und solidarisch können wir weiter daran arbeiten, unsere Ziele zu erreichen. Jetzt erst recht!

Mit solidarischen Grüßen

Gesine Lötzsch und Klaus Ernst
Vorsitzende der Partei DIE LINKE