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Langfristige Ziele und Themen beraten

Statement von Lothar Bisky auf der Pressekonferenz nach der gemeinsamen Sitzung von Geschäftsführendem Parteivorstand und Fraktionsvorstand im Berliner Karl-Liebknecht-Haus

Meine Damen und Herren, der Geschäftsführende Parteivorstand und der Fraktionsvorstand, haben heute gemeinsam getagt, um unsere langfristigen Zielstellungen und Themen zu beraten. Es gab eine breite Diskussion, viele Vorschläge, die dann noch präzisiert werden. Wir haben verabredet, in Kürze noch einmal zusammenzukommen, wahrscheinlich im Februar, um das gemeinsame strategische Vorgehen abzustimmen. Es gibt eine Koordinierungsgruppe, die zwischen beiden Gremien gebildet wird, so dass wir eine enge Zusammenarbeit realisieren können. Sie wird dann die Arbeit im Einzelnen abstimmen. Das ist wichtig, dass eine Partei konsistent handelt.

Ich darf vielleicht heute ein paar aktuelle Dinge aus meiner Sicht als Parteivorsitzender sagen: Ich habe mit Entsetzen festgestellt, dass die europäischen Innenministerheute dem Swift-Abkommen zugestimmt haben. Immerhin hatte das Europäische Parlament in Gestalt der Konferenz der Fraktionsvorsitzenden festgelegt, dass man das Parlament hören solle und nicht nur die Kommission, die Innenminister, oder den Rat. Ich habe dem auch zugestimmt. Das war ein einstimmiger Beschluss aller Fraktionsvorsitzenden. Ich halte es schon für schwierig, wenn die Kommission am letzten Tag, an dem der Lissabon-Vertrag noch nicht gilt, rasch etwas über die Bühne bringt, um das Parlament von einer Entscheidung über die Verwendung der Daten von Bürgern fernzuhalten. Das halte ich schon für ein starkes Stück, aber die Innenminister schrecken offensichtlich vor nichts zurück. Jetzt nämlich werden alle, die den Lissabon-Vertrag gefeiert haben, dabei erwischt, dass sie den Lissabon-Vertrag am ersten Tage schon umgehen, während wir, die ihn kritisiert haben, darauf bestehen, dass nach dem Vertrag vorgegangen wird. Danach hätte das Parlament auf jeden Fall dieses Swift-Abkommen beraten müssen. Ich finde, das ist eine peinliche Politik, die dort offenbart wird. Das ist nicht der richtige Stil.

Eine zweite Bemerkung will ich machen: Wie immer ist das mediale Interesse an Oskar Lafontaine besonders stark. Wir hatten eine Reihe von Parteitagen am Wochenende. Auf diesen Parteitagen ist die Solidarität mit Oskar Lafontaine stark bekräftigt worden. Es gibt in der Mitgliedschaft keine Unruhe was den Parteivorsitz betrifft. Auf die anderen Sachen – Spekulationen, Detektive usw. – will ich jetzt gar nicht eingehen. Damit möchte ich mich nicht befassen. Ich bin beruhigt, dass es in der Partei dazu keine Diskussion gibt, jedenfalls soweit das in den Landesparteitagen sichtlich ist. Aber ich komme ja auch woanders hin, nicht nur auf Landesparteitage.

Ich halte es für normal, dass in Parteien über eine Nachfolge geredet wird. Ob man das will oder nicht, da sind die Genossen – manche weniger, manche stärker – daran interessiert. Solange der eine Vorsitzende krank ist, halte ich das für pietätlos. Alle rechnen damit, dass Oskar im Januar zurückkommt.

Es wird natürlich in der Partei über das Programm diskutiert. Das freut mich. Das Interesse an der Programmdiskussion ist stark, und es wird eingefordert. Das ist etwas, was man positiv sehen kann. Wir werden uns im Parteivorstand damit noch beschäftigen. Ich rechne jetzt mit folgender Vorgehensweise. Das erste wäre, dass wir im Februar Programmthesen vorlegen werden, wo wir versuchen, den identitätsstiftenden Kern der Programmatik der Partei zu beschreiben und zu bestimmen. Parteiprogramme sind ja identitätsstiftend. Wir wollen das zumindest thesenhaft bis Februar fertigstellen. Auf der Grundlage kann dann die Programmkommission ihre Vorschläge einbringen. Bis zum Parteitag im Mai oder kurz danach sollten wir den Entwurf eines Programms in die Parteiöffentlichkeit geben, so dass dann etwa ein Jahr lang Zeit für die Diskussion bleibt. Auf dem Mai-Parteitag wird das Programm keine Rolle spielen. Auf dem Parteitag wird der Vorstand neu gewählt und auch ein neuer Vorsitzender. Das ist ja immer ein abendfüllendes Prozedere. Aber zu dem Zeitpunkt oder kurz danach – da will ich mich jetzt nicht festlegen, wird es einen Entwurf geben, der in die Partei zur Diskussion gebracht wird. Damit ist noch genug Zeit bis zum Programmparteitag 2011, der uns allen als Ziel vor Augen schwebt, der dann auf der Grundlage einer breiten Diskussion in der Mitgliedschaft ein neues Parteiprogramm verabschieden wird.

Die Linke hat einen Wahlerfolg in Südamerika vorzuweisen. Frente Amplio, ein linkes Parteienbündnis, hat mehr als 50 Prozent in Uruguay gewonnen. Das freut mich besonders. Ich hatte in der letzten Woche ein Treffen mit Präsident Correa von Ecuador, wo wir vereinbart hatten, dass die lateinamerikanische Linke und die Europäische Linke stärker zusammenarbeiten wollen. Ich hoffe, dass wir da im nächsten Jahr zu ersten konkreten Schritten kommen können, dass wir gemeinsam etwas veranstalten. Es ist eigentlich nach vielen Beratungen überfällig, dass wir vielleicht mit einer Konferenz am Rande oder im Zusammenhang mit unserem Parteitag über eine engere Zusammenarbeit der Linken aus Lateinamerika und der Europäischen Linken verständigen.

Vielen Dank!