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Gesine Lötzsch

Korrekturen im Lohngefüge vornehmen

Statement von Gesine Lötzsch, Vorsitzende der Partei DIE LINKE, auf der Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus im Anschluss an die Beratung des Geschäftsführenden Parteivorstandes:

Einen schönen guten Tag, ich möchte mich heute zu sechs Punkten äußern: Erstens zur Diskussion um die Rente mit 67, zweitens zur Steuervereinfachung, drittens zum Thema Hartz IV, viertens zu den Auseinandersetzungen um die Loveparade in Duisburg, das Verhalten des Oberbürgermeisters und die Reaktion der CDU darauf, fünftens zur Diskussion über die Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke und sechstens zur Diskussion im Landesverband Bayern.

Zum ersten Punkt: Ich beobachte, wie viele von uns, sehr gespannt, wie in den Parteien, die die Rente mit 67 eingeführt haben, über deren Zukunft diskutiert wird. Ich kann nur hoffen, dass sich die Reformer in der SPD durchsetzen und auf ihrem Parteitag Voraussetzungen dafür vereinbart werden, die Rente ab 67 wieder abzuschaffen. Ich freue mich sehr, dass auch Klaus Wowereit, der hier in Berlin in einer Koalition mit der LINKEN ist, sich ganz klar gegen die Rente erst ab 67 ausgesprochen hat. Sie wissen ja alle, dass auch die Bundesregierung offizielle Statistiken veröffentlicht hat, aus denen hervorgeht, dass nur ein geringer Teil der Menschen, die die 60 überschritten hat, noch einen Vollzeitjob hat. Eine übergroße Mehrzahl, die ihr Erwerbsleben bis 65 oder 66 gestalten will, findet gar keine Arbeit. Das heißt mit anderen Worten, die Rente erst ab 67 ist eine Rentenkürzung. Ganz entscheidend ist, den Zusammenhang zwischen Löhnen und Rente herzustellen. Die Basis für eine gute Rente sind gute Löhne. Ich finde, dass die derzeitige wirtschaftliche Lage, die von einem Aufschwung gekennzeichnet ist, unbedingt dafür genutzt werden muss, um jetzt auch Korrekturen im Lohngefüge vorzunehmen. In Deutschland sind in den letzten Jahren die Löhne gesunken, nicht gestiegen. Als Basis für eine zukünftige gute Rente brauchen wir gute Löhne.

Zweiter Punkt, die Diskussion um die Steuervereinfachung: Die Bundeskanzlerin hat ankündigen lassen, sie strebe eine Steuervereinfachung an. Die Erfahrung besagt aber, dass jede Steuerveränderung im System, die als Steuervereinfachung bezeichnet wurde, nichts anderes ist als eine Steuersenkung für Reiche. Steuervereinfachung heißt also Steuersenkung für Reiche. Das ist im Augenblick wohl als kleines Trostpflaster für den Koalitionspartner FDP gedacht. Der Wiedereinzug der FDP – hätten wir jetzt Bundestagswahlen – scheint ja gefährdet zu sein. Durch diese Diskussion soll wohl die FDP am Leben erhalten werden. Wir als LINKE kritisieren, dass der Kanzlerin der Koalitionsfrieden augenscheinlich wichtiger ist als der soziale Frieden in unserem Land. Unsere Forderungen sind ganz klar: Wir brauchen eine wirkliche Jahrhundertsteuerreform. Wir wollen die Krisengewinnler und die Spekulanten so heranziehen, dass ihnen der Spaß am Spekulieren vergeht. Ich kann nochmal zusammenfassen: Wir brauchen die Millionärssteuer, die Erbschaftssteuer und endlich auch die Finanztransaktionssteuer. Ein erster Schritt von der Bundesrepublik aus hätte auch Vorbildwirkung für andere Länder.

Dritte Frage, Hartz IV: Das Bundesverfassungsgericht hat gefordert, dass die Regelsätze für Kinder neu berechnet werden. Das soll bis zum Jahresende geschehen. Wir haben den Eindruck, dass Frau von der Leyen vor allen Dingen davon ablenken will, dass die Regelsätze für Kinder zu niedrig sind, dass davon kein menschenwürdiges Leben möglich ist. Die ganze Diskussion um die Chipkarten hat vor allen Dingen die Auswirkung, arme Menschen zu kennzeichnen, sie zu stigmatisieren, zu demütigen. Es ist doch merkwürdig, je weniger Geld jemand hat, desto mehr Vorschriften sollen ihm gemacht werden. Ich finde, wir brauchen eine deutlich Verbesserung für Familien mit Kindern, aber wir brauchen auch deutlich bessere soziale Leistungen und Angebote. Ein erster Schritt wäre, dass die Bundesregierung Geld zur Verfügung stellt, um wirklich für alle Kinder, die bedürftig sind, kostenloses Schulessen anzubieten. Das wäre ein Angebot, das ohne Chipkarte, ohne Bürokratie möglich wäre. Das wäre ein erster wirklicher Schritt. Ich bin überzeugt davon, dass die Länder das sehr unterstützen und auch Möglichkeiten finden würden, andere Kinder, deren Eltern kein hohes Einkommen haben, an so einem kostenlosen Mittagessen zu beteiligen.

Vierter Punkt, Diskussion um die Laufzeit der Atomkraftwerke: Wir erleben im Augenblick eine etwas widersprüchliche Situation. Zum einen verlangen die Betreiber der Atomkraftwerke, dass die Laufzeit der Kraftwerke verlängert wird, und zum anderen haben sie gerade mit der Abschaltung dieser Kraftwerke gedroht. Die Bundesregierung will eine Brennelementesteuer einführen. Das ist eine richtige Steuer. Ich bin sehr gespannt, ob die Bundesregierung an diesem Vorhaben festhält oder ob sie sich den Lobbyisten beugt. Wir haben in den letzten Jahren sehr häufig erlebt, wie Lobbyisten eigentlich die Gesetze schreiben und wie Lobbyisten auf finanzpolitische Entscheidungen Einfluss nehmen. Das letzte Beispiel, das allen noch in Erinnerung ist, ist die Absenkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen, was der FDP ja den Zusatz Möwenpickpartei eingebracht hat.

Fünfter Punkt, Loveparade in Duisburg: Ich finde, die CDU und auch ihre Vorsitzende, Frau Merkel, sollten sich sehr deutlich mit dem Oberbürgermeister von Duisburg, Herrn Sauerland, auseinandersetzen. Ich glaube, Angela Merkel als Vorsitzende dieser christlichen Partei hat die Pflicht, Herrn Sauerland aufzufordern, sein Amt zurückzugeben. Ich erwarte von dieser Partei mehr Mitgefühl mit den Opfern und weniger Nachdenken über die Pensionsansprüche von Herrn Sauerland. Die Fraktion der LINKEN im Duisburger Stadtrat hat bereits vor einiger Zeit den Rücktritt gefordert und auch die Abwahl verlangt. Die Sitzungen werden erst im September wieder aufgenommen. Aber ich versuche mir einmal vorzustellen, in Berlin hätte es am 1. Mai auch nur einen Toten gegeben. Wir hätten eine Änderung des Demonstrationsgesetzes gehabt. Wir hätten eine heftige Diskussion über Rot-Rot gehabt, und ich glaube, der rot-rote Senat wäre nicht mehr im Amt. Alle diese Vorgänge in Berlin sind ja immer mit Vorliebe im Bundestag diskutiert worden. Ich werde meiner Fraktion im Bundestag vorschlagen, dass wir auch die Frage der Verantwortlichkeiten in Duisburg im Bundestag zur Sprache bringen.

Sechster Punkt, Diskussion um den Landesverband in Bayern: Wir haben heute im Geschäftsführenden Parteivorstand gemeinsam mit der Landessprecherin, Eva Mendel, aus Bayern diskutiert. Der Geschäftsführende Parteivorstand hat die Vorwürfe des bayrischen Landesschatzmeisters zurückgewiesen. Wir haben als Geschäftsführender Vorstand den Geschäftsführer, Werner Dreibus, gebeten, die Vorsitzende und den Vorstand in Bayern zu unterstützen, um dort zu solchen Verhältnissen zu kommen, wie sie einer Partei DIE LINKE würdig sind. Alle Spekulationen über einen nicht zustande kommenden Rechenschaftsbericht kann ich hier zurückweisen. Der Rechenschaftsbericht des Landesverbandes Bayern ist ausgearbeitet. Er liegt auch hier vor. Auch unser Schatzmeister, Raju Sharma, wird unterstützend tätig werden und dafür sorgen, dass der Rechenschaftsbericht des Landesverbandes der LINKEN Bayern ordnungsgemäß in den Gesamtrechenschaftsbericht eingeordnet werden kann. Der Rechenschaftsbericht der Gesamtpartei ist dadurch in keiner Weise gefährdet.

Dankeschön!