Zum Hauptinhalt springen
Gesine Lötzsch

Gleiche Rechte für alle!

Am 5. und 6. Mai trat Gesine Lötzsch auf Wahlkampfkundgebungen in Bremerhaven und in Bremen auf

Auf dem Theodor-Heuss-Platz in Bremerhaven ging die Parteivorsitzende ganz aktuell auf ein Gerichtsurteil ein, das Menschen, die Hartz IV beziehen, verbietet, sich an Sportwetten zu beteiligen. Gesine Lötzsch betonte, dass Hartz IV-Bezieher in der Regel sehr genau wüssten, wie sie ihr Geld einteilen müssen. Mit einem solchen Urteil würden die sozialen Probleme nicht gelöst. Und weiter sagte sie: "Wenn Menschen, die Hartz IV beziehen, sich entscheiden, einen Teil ihres Geldes für Sportwetten auszugeben, so ist das ihr gutes Recht. Wer arm ist, darf nicht noch bevormundet werden. Arme Menschen müssen die gleichen Rechte haben wie alle anderen." Auch auf dem Bahnhofsvorplatz in Bremen widmete sich Gesine Lötzsch in ihrer Rede insbesondere dem Thema soziale Gerechtigkeit …

Rede von Gesine Lötzsch am 6. Mai in Bremen

Liebe Bürgerinnen und Bürger von Bremen, hier ist DIE LINKE. Wir sind hier nach Bremen gekommen, um Ihnen eine Wahlempfehlung zu geben. Eine Wahlempfehlung für den 22. Mai. Geben Sie Ihre Stimme der Partei DIE LINKE! Es sind viele Stimmen, die Sie zu vergeben haben, auf jedem Wahlzettel fünf, geben Sie Ihre Stimmen der LINKEN. Ich will Ihnen auch begründen, warum.

Zuallererst möchte ich aber meinen Glückwunsch und meine Hochachtung aussprechen, denn Sie, die Bürgerinnen und Bürger aus Bremen, haben dafür gesorgt, dass am 1. Mai die Nazis nichtdurch Ihre Stadt marschieren konnten. Bremen hätte seinen guten Ruf als weltoffene Stadt verlieren können, das haben Sie verhindert. Das ist eine Leistung, herzlichen Dank, bleiben Sie stark – kein Fußbreit den Faschisten! Das ist ein Motto, dem DIE LINKE immer ihre Unterstützung geben wird.

Da der 1. Mai erst kurz zurückliegt, will ich auch etwas zum Thema gute Arbeit sagen. Hier in Bremen und auch in Bremerhaven gibt es Menschen, die haben keine Arbeit. Und es gibt Menschen, die haben Arbeit, die gehen jeden Tag zur Arbeit, und trotzdem reicht ihr Lohn nicht. Sie müssen zusätzlich zum Amt gehen, um aufzustocken. Sie müssen alles offenlegen, was sie auf dem Konto haben, über ihr ganzes Leben Rechenschaft ablegen. Meine Botschaft ist: Wir brauchen endlich einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Von Arbeit muss man leben können, Arbeit und Würde – das gehört zusammen, meine Damen und Herren.

In Bremen und in Bremerhaven wird vieles gebraucht: ordentliche Schulen, Kindergärten, Bibliotheken, Jugendklubs. Und um das alles finanzieren zu können, braucht man Geld. Und dieses Geld ist in der Bundesrepublik Deutschland vorhanden. Lassen Sie sich bitte nicht das Gegenteil erzählen. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Land, in dem es viele Reiche gibt, die in den vergangenen Jahren zunehmend von ihrer Steuerpflicht befreit wurden. Das wollen wir umkehren, wir können nicht hinnehmen, dass die Gewinnsteuern nur noch einen Bruchteil des Steueraufkommens ausmachen. Und wenn Sie ein Paar Schuhe, eine Bratwurst, eine Cola oder ein Bier kaufen, zahlen Sie zwangsweise die Mehrwertsteuer, davon kann Sie keiner befreien. Sie, die Masse der Bevölkerung - lassen Sie sich nichts anderes erzählen –, Sie bezahlen die Masse der Steuern, und ich finde, es ist nicht hinnehmbar, dass auch nach der Finanzkrise die Reichen immer reicher geworden sind. Darum brauchen wir endlich eine Millionärssteuer, meine Damen und Herren.

Es gibt in unserem Land in diesem Jahr viele Wahlen. Die Wahlen im Südwesten des Landes sind nun vorbei, und da höre ich Töne, die mir gar nicht gefallen. In Baden-Württemberg gibt es jetzt eine grün-rote Regierung, und ihre erste Amtshandlung war, zu sagen: Wir wollen diesen Länderfinanzausgleich nicht mehr, sollen die Leute da im Norden doch sehen, wie sie zurechtkommen. Das, finde ich, hat keinen Platz in einer solidarischen Gesellschaft, das widerspricht meiner Meinung nach dem Grundgesetz, denn das schreibt einheitliche Lebensverhältnisse in der gesamten Bundesrepublik vor. Darum brauchen wir einen gerechten Ausgleich zwischen Nord und Süd, Ost und West, und Bremen braucht weiterhin die Unterstützung der anderen Bundesländer, meine Damen und Herren.

Auch die Bayern schließen sich der Meinung an, kein Geld mehr für die armen Länder geben zu wollen. Und sie prahlen damit, wie wunderbar sie Laptop und Lederhosen miteinander verbinden. Ich aber sage Ihnen – und das sollten Sie ruhig weitersagen –, dass auch der Freistaat Bayern, der jetzt so stolz ist und sich über andere Länder erhebt, jahrzehntelang Geld aus dem Länderfinanzausgleich bekommen hat, auch das Geld von Ihnen hier aus Bremen. Und deshalb noch einmal: Zu einer solidarischen Gesellschaft gehört, dass alle füreinander einstehen und dass wir nicht nur für die Banken zahlen, sondern dass die Banken auch mal etwas zurückzahlen, meine Damen und Herren.

Ich möchte, dass wir in einer solidarischen Gesellschaft leben, in einer Gesellschaft, in der niemand ausgegrenzt wird. Und dazu gehört, dass wir endlich das Hartz IV-System überwinden. Und da will ich einen Punkt ganz besonders ansprechen. Es ist sicherlich niemandem von Ihnen entgangen, wie Frau von der Leyen sich hingestellt und gesagt hat: Endlich tun wir mit unserem Bildungsgutschein etwas für die Kinder. Aber was bedeutet denn ein Gutscheinsystem? Dieses Gutscheinsystem bedeutet, dass Kinder aus armen Familien den Stempel auf die Stirn gedrückt bekommen: Ihr seid Kinder, die nur mit einem Gutschein etwas bekommen, die anderen brauchen so etwas nicht. Es gibt doch vernünftige Alternativen dazu. Wir brauchen keine teure Bürokratie, die Familien, die arm sind, kontrolliert. Wir brauchen eine vernünftige öffentliche Infrastruktur, wir brauchen gute Schulen, gute Sportplätze – für alle zugänglich und nicht per Gutschein.

Meine Damen und Herren, dazu gehört auch, dass wir ausreichend über öffentliches Eigentum verfügen. Hier in Bremen wird ja darüber diskutiert, was mit den Krankenhäusern geschehen soll. Meine Meinung ist: Krankenhäuser dürfen nicht verkauft werden. Krankenhäuser sind etwas, das jeder in seinem Leben benötigen könnte, und darum wollen wir Krankenhäuser in öffentlichem Eigentum behalten.

Wir müssen uns die Frage stellen: Am 22. Mai ist Wahl, und worüber kann man da überhaupt entscheiden? Wenn eine Kommune kein Eigentum mehr hat, kann es einem doch völlig egal sein, wer gewählt wird, ob die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister von der LINKEN, der CDU oder von sonst einer Partei ist. Es gibt einen ganz engen Zusammenhang zwischen öffentlichem Eigentum und Demokratie. Und weil wir, DIE LINKE, Demokratie wollen, weil wir eine demokratische Erneuerung wollen, darum wollen wir ausreichendes öffentliches Eigentum, damit die Menschen selbst entscheiden können, wie es in ihrer Kommune und in ihrem Land zugeht, meine Damen und Herren.

Ich möchte, dass wir in einem Land leben, in dem gleiche Rechte für alle gelten. Diese Situation haben wir zurzeit mitnichten, was ich Ihnen an einem Beispiel demonstrieren möchte. Sie wissen ja, es gibt Versicherungen, bei denen man verpflichtet ist, sie abzuschließen. Zum Beispiel die Haftpflichtversicherung. Jeder, der sich einmal ein Auto gekauft hat, weiß, dass er eine Haftpflichtversicherung abschließen muss. Jeder Privathaushalt sollte eine Haftpflichtversicherung haben, sonst kann es schwierig werden. Fast alle in diesem Land sind verpflichtet, eine solche Versicherung abzuschließen. Es gibt aber einige Ausnahmen. Und jetzt sage ich Ihnen, wer zu diesen Ausnahmen gehört. Es sind die Betreiber von Atomkraftwerken. Ihnen hat man gesagt: Diese Versicherungen sind so teuer, die könnt ihr nicht bezahlen, und deshalb müsst ihr sie auch nicht bezahlen. Ich finde, das ist ein Skandal, meine Damen und Herren.

Denn jetzt komme ich zu der anderen Seite. Gestern war der Internationale Tag der Hebammen. Es gibt ja für vieles Ehrentage, aber diesen finde ich besonders wichtig. Die Hebammen müssen eine Berufshaftpflicht bezahlen. Im vergangenen Jahr lag die noch bei 2.400 Euro, jetzt beträgt sie 3.700 Euro. Ist das nicht ein Wiedersinn? Diejenigen, die Leben bedrohen und die Leben zerstören können, werden von der Haftpflicht befreit, und die Berufsgruppe, die Menschen zum Leben verhilft, die muss eine so hohe Haftpflicht bezahlen, dass einige sogar ihren Beruf aufgeben müssen. Das ist keine Gerechtigkeit, das ist kein gleiches Recht für alle, dem stellen wir uns entgegen.

Da ich schon darauf eingegangen bin, wie Betreiber von Atomkraftwerken in Deutschland bevorzugt werden, sage ich auch ganz deutlich für DIE LINKE: Wir wollen nicht weiter dulden, dass durch Bremen und durch Bremerhaven Castor-Transporte rollen, wir wollen nicht, dass hier Atommüll umgeschlagen wird, und darum ist eine Stimme für DIE LINKE am 22. Mai eine Stimme gegen die Atomkraft, eine Stimme gegen die Gefährdung von Menschenleben hier in Bremen.

Wir, DIE LINKE, sind die Partei, die noch niemals im Deutschen Bundestag für einen Krieg gestimmt hat. Und das wird auch so bleiben. Denn Krieg macht Menschen schlecht, Krieg verroht. Und ich bin sehr betroffen und erschüttert gewesen, als ich gehört habe, dass sich die Christin Angela Merkel über die Tötung bin Ladens gefreut hat. Da sage ich: Schauen Sie mal in die Bibel, Frau Merkel, schauen Sie sich die zehn Gebote an! Wir lehnen gezielte Hinrichtungen ab und sagen: Gerichtshof statt Hinrichtung – das wäre die richtige Antwort gewesen!

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie: Geben Sie am 22. Mai Ihre Stimmen den Kandidatinnen und Kandidaten der Partei DIE LINKE. Sie stehen für Solidarität, sie stehen für Gerechtigkeit, und sie stehen dafür, dass sie nicht nur vor den Wahlen ansprechbar sind, sondern auch nach den Wahlen. Wählen Sie DIE LINKE! Sie ist die Partei der demokratischen Erneuerung. DIE LINKE ist die Partei der Solidarität und des Friedens. Und eine Stimme für DIE LINKE ist immer eine gute Stimme!

Vielen Dank!