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Gauck weicht eklatant von Neutralitätsgebot ab

Statement von Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn auf der Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus

Guten Tag, ich würde eingangs gern zu zwei Themen etwas sagen:

Zum Ersten: Der Bundespräsident ist nicht jede Woche der Rede wert. Heute muss ich dann doch einmal etwas zum Bundespräsidenten und seinen Äußerungen bezüglich meiner Partei sagen. Er hat sich ja sehr eindeutig geäußert zu der im Moment laufenden Regierungsbildung in Thüringen und hat dabei den Eindruck erweckt, wir stünden kurz davor, dass die SED in Thüringen die Regierungsmacht übernimmt. Mir ist bekannt, uns ist bekannt, dass der Bundespräsident DIE LINKE nicht mag. Das ist keine Neuigkeit, damit werden wir leben und wir werden auch gut damit leben. Ebenso wird der Bundespräsident auch damit klar kommen, dass wir ihn nicht gewählt haben. Er wird auch davon ausgehen können, sollte er nochmals kandidieren, dass dies auch bei der zweiten Wahl nicht der Fall sein wird.

Bundespräsident Joachim Gauck hat selbstverständlich die Möglichkeit, sich zu äußern. Als Privatperson kann er das gerne tun, zu allen politischen Vorgängen, die ihm so durch den Kopf gehen. Als Bundespräsident sollte er aber zunächst an sein Amt denken und an die Rolle, die er damit ausfüllt. Das, was nicht zur Rolle eines Bundespräsidenten gehört, ist, sich zur parteipolitischen Sortierung in diesem Land zu äußern oder zu Regierungsbildungen in den Ländern. Das verträgt sich nicht mit seiner parteipolitischen Neutralität, um das noch einmal deutlich zu sagen.

Wir sind in Thüringen, nach meinem Eindruck, auf einem guten Weg. SPD, Grüne und LINKE in Thüringen haben nach den Sondierungen die Ergebnisse miteinander besprochen und auch untereinander besprochen. Sie wissen, dass der Mitgliederentscheid in der SPD kurz vor seinem Abschluss steht. Ich bin guter Dinge, dass wir breite Mehrheiten haben werden in allen drei Parteien. Dass wir in Thüringen in Koalitionsverhandlungen eintreten können und eine rot-rot-grüne Regierung mit einem linken Ministerpräsidenten noch in diesem Jahr auf den Weg bringen. Wenn sich der Bundespräsident mit seinen Äußerungen zur Parteipolitik anhört wie ein CSU- Generalsekretär dann ist irgendetwas falsch bei der Sortierung des Bundespräsidenten. Ich muss ihn auffordern, solche Äußerungen in Zukunft zu unterlassen. Ansonsten habe ich den Eindruck, dass alle beteiligten Parteien diesen Prozess im Moment mit großer Gelassenheit und Souveränität gestalten. Ich werbe auch in meiner eigenen Partei dafür, dass wir bei unserer Gelassenheit und Souveränität bleiben.

Das zweite Thema, was ich ansprechen möchte, ist das Thema Flüchtlingspolitik. Es ist mit Sicherheit sehr viel gravierender und sehr viel wichtiger als die Äußerungen des Bundespräsidenten.

Wir haben aktuell weltweit 50 Millionen Menschen auf der Flucht vor Kriegen, Katastrophen und wirtschaftlichen Miseren. Ende vergangener Woche hat Italien den Einsatz "Mare Nostrum" beendet, der Flüchtlinge im Mittelmeer rettete. Uns erreichen jeden Tag schreckliche Bilder aus den Kriegsgebieten im Irak, in Syrien. Ich glaube, dass vielen Menschen auch in Deutschland diese dramatische Situation sehr bewusst ist. Allerdings, und das kritisieren wir sehr deutlich, reagiert die deutsche Politik zu langsam und zu spät. Es wird in Deutschland über die Verschärfung des Asylrechtes diskutiert. Wir diskutieren darüber, uns noch mehr abzuschotten, Flüchtlinge an den Grenzen schon zurückzuweisen, anstatt energische Maßnahmen zu ergreifen, den Menschen, die hier bei uns Zuflucht suchen, nicht noch das letzte Stück Menschenwürde zu nehmen. Ich will für meine Partei darum heute noch mal die Gelegenheit nutzen, sehr komprimiert zu sagen, worauf es aus unserer Sicht im Moment dringlich ankommt.

Zunächst geht es uns generell um die Abschaffung der Residenzpflicht und der entwürdigenden Unterbringung in Sammelunterkünften. Wir sind für eine freie Wahl des Aufenthaltsortes. Wir wollen dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen. Wir wollen einen sofortigen Zugang zu Arbeit und Bildung, um wirtschaftliche Selbstständigkeit und Teilhabe zu ermöglichen. Es ist zwingend nötig, dass wir diesen Menschen einen uneingeschränkten Zugang zur Gesundheitsversorgung und den sozialen Sicherungssystemen gewährleisten und wir wollen das Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen.

Ich will zweitens sagen, was aus unserer Sicht der Bund dringend tun müsste, sofort tun müsste, um die schwierige Situation in den Kommunen und vor Ort zu entlasten. Wir brauchen sehr schnell mehr Entscheiderinnen und Entscheider für das Bundesamt für Flucht und Immigration, um die Entscheidungsprozesse zu verkürzen, die Verfahrensdauer zu verkürzen - um damit Zeiten, in denen die Menschen in Unsicherheit und Stress hier bei uns verbringen, zu verkürzen. Wir wollen, dass der Bund sehr schnell darüber entscheidet, welche Bundesimmobilien, die im Moment nicht genutzt werden, unentgeltlich für Wohnzwecke zur Verfügung gestellt werden können. Und drittens geht es um finanzielle Hilfen für die Kommunen. Aus unserer Sicht ist es zwingend notwendig, dass der Bund die Kosten für die Kommunen vollständig übernimmt.