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Gesine Lötzsch

EU und Bundesregierung müssen ihre Doppelmoral gegenüber den arabischen Staaten aufgeben

Statement der Parteivorsitzenden der LINKEN Gesine Lötzsch auf der Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus

Einen schönen guten Tag, meine Damen und Herren, ich darf Sie recht herzlich begrüßen. Ich möchte mich zu fünf Punkten äußern: zur Situation in Ägypten und zur Position, die DIE LINKE dazu einnimmt, zweitens zur bevorstehenden Demonstration gegen den Naziaufmarsch am 19. Februar in Dresden, drittens zu der aktuellen Diskussion um die Frauenquote in der Wirtschaft, viertens zum Stand der Hartz-IV-Verhandlungen und fünftens nenne ich Ihnen einige Ergebnisse zur Parteivorstandssitzung vom vergangenen Wochenende .

Zum ersten Thema: Auf der Sitzung des Parteivorstandes hat DIE LINKE ihre Sorge um die hochexplosive Situation in Ägypten zum Ausdruck gebracht. Wir unterstützen die Demokratiebewegung. Wir haben auch die Europäische Union und insbesondere die Bundesrepublik Deutschland aufgefordert, ihre Doppelmoral gegenüber den arabischen Staaten aufzugeben. Es ist problematisch, dass seit vielen Jahren die Bundesrepublik, aber auch andere Länder, diese Regime in den arabischen Staaten auf vielfältige Weise unterstützen. Ich darf Ihnen nur zwei Beispiele nennen: Die Bundesregierung genehmigte allein im Jahr 2009 Waffenexporte im Wert von 77,5 Millionen an Mubarak. Ein anderes Beispiel außerhalb Deutschlands: Ägypten ist drittgrößter Empfänger von US-Militärhilfen. Wir sehen ja, dass sich die Proteste dort aufgrund der Hoffnungslosigkeit der jungen Generation entladen. In der jungen Generation ist die Arbeitslosigkeit extrem hoch. Ich glaube, es ist wirklich ein Gebot der Stunde, dass sich die europäischen Staaten und ihre Verbündeten für den demokratischen Wandel einsetzen und nicht nur daran denken, dass diese Staaten ein Garant für den Zugang zum Ölreichtum der Region sind.

Zum zweiten Thema: Am 30. Januar war der Tag der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten. Hitler wurde zum Reichskanzler ernannt. Der Reichstag wurde aufgelöst. Dieser Tag ist für uns erneut Anlass, alle demokratischen Kräfte aufzurufen, gemeinsam am 19. Februar 2011 den geplanten europaweit größten Aufmarsch der Neonazis zu verhindern. Im vergangenen Jahr haben sich viele Vertreter unserer Partei zusammen mit anderen Bürgerinnen und Bürgern dort sehr engagiert und sich den Nazis entgegengestellt. Es gab auch Strafanzeigen gegen Abgeordnete der LINKEN. In einigen Landtagen wird just noch vor dem 19. Februar über die Aufhebung der Immunität verhandelt werden – ein Zusammenhang, auf den ich besonders hinweisen möchte. Wir lassen uns davon aber nicht abhalten. Bis zum heutigen Tag stehen bundesweit 140 Busse bereit, um die Demonstrantinnen und Demonstranten nach Dresden zu bringen. Natürlich haben auch die Mitglieder unserer Partei, die Abgeordnete sind, eine besondere Verpflichtung, um mit ihrem Status dafür zu sorgen, zu deeskalieren und den Demonstranten zu helfen, zu bestimmten Plätzen zu kommen, um dort ihre Positionen zum Ausdruck bringen zu können. Wir haben uns vorgenommen, wir werden solange gegen Naziaufmärsche demonstrieren, bis es diese nicht mehr gibt.

Zum dritten Punkt, Diskussion um die Frauenquote: Ein großes Magazin greift gerade die aktuelle Diskussion auf. Wir beobachten, dass es in der Bundesregierung einen Streit zwischen verschiedenen Bundesministerinnen und Bundesministern und auch den Regiernungsparteien gibt. Die FDP ist dagegen. Ich möchte daran erinnern, dass Angela Merkel vor zehn Jahren als Frauenministerin zur freiwilligen Selbstverpflichtung aufgerufen hat. Das sind zehn verlorene Jahre. Es hat sich bislang nichts geändert. Es gibt nur wenige positive Ausnahmen. Die Telekom hat jetzt als erstes DAX-Unternehmen eine Frauenquote für das Management eingeführt. Darum glauben wir, dass eine verbindliche Quote in der Wirtschaft überfällig ist. Wir fordern hier auch eine 50%-Quote. Aber die Forderung der Quote ist nur das eine. Es müssen auch Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Diese Voraussetzungen sind erstens, dass Frauen in entsprechenden Berufen ausgebildet und gefördert werden, dass es Voraussetzungen für entsprechende Arbeitsstellen gibt, dass Frauen nicht in Minijobs abgeschoben werden und selbstverständlich, dass auch die Kinderbetreuung gewährleistet ist. Aber ich will auch sagen, die mangelnde Betreuung in Kindertagesstätten ist nicht die Hauptursache, warum Frauen nicht Karriere machen können. Wir wollen also endlich ein Gleichstellungsgesetz für die private Wirtschaft. Diese Position unterstützen wir ausdrücklich.

Der vierte Punkt, den ich angekündigt habe, ist der Stand der Hartz-IV-Verhandlungen: Aus unserer Sicht sind die bisherigen Verhandlungen eine Farce. Sie haben ja sicher alle verfolgt, dass man auch versucht hat, DIE LINKE aus den Arbeitsgruppen des Bundesrates auszuschließen. Diese Strategie ging nicht auf. Aber nun gibt es neue Tricks. Es wurden Spitzengespräche einberufen und quasi Nebengremien geschaffen. Die anderen Parteien haben sich in ihren parteipolitischen Gräben verschanzt. Nur DIE LINKE vertritt die Position der Betroffenen. Wir haben auf der Sitzung des Parteivorstandes noch einmal unsere Forderung bekräftigt, den Regelsatz auf 500,00 € anzuheben. Der Zusammenhang mit dem gesetzlichen Mindestlohn von 10,00 € liegt auf der Hand, und das ist richtig. Wir haben den Eindruck, dass die Verhandlungspartner, sowohl Grüne als auch SPD, die ja schließlich mit der Agenda 2010 Hartz IV erfunden haben, als auch auf der anderen Seite FDP und CDU/CSU nicht die Absicht haben, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes zu erfüllen. Wir gehen davon aus, dass auch das jetzige Verhandlungsergebnis, so es denn in den nächsten Wochen überhaupt zu einem kommt, wieder vor dem Bundesverfassungsgericht landen wird. Wir werden Betroffene – wie wir das auch bisher getan haben – bei ihren Klagen unterstützen.

Fünfter und letzter Punkt, einige Anmerkungen zu unserer Sitzung des Bundesvorstandes der Partei DIE LINKE: Wir sind in der Programmdebatte mit dem Thema Demokratie befasst. Wir hatten zu diesem Punkt Prof. Edda Müller zu Gast. Sie ist Vorsitzende von Transparency International Deutschland und haben mit ihr das Thema Lobbyismus besprochen. Sie wissen ja, dass wir als LINKE auch schon im Bundestag dazu aktiv geworden sind: Lobbyisten raus aus den Ministerien, ein verbindliches Lobbyistenregister. Wir haben uns zum Thema Medienkonzept verständigt und wie wir uns als Partei im Internet, besonders zum Web 2.0, besser darstellen und vernetzen können. Ich will Sie darauf hinweisen, dass wir mit großer Genugtuung zur Kenntnis genommen haben, dass sich für den LiMA-Kongress, Linke Medienakademie, der Anfang März stattfindet, schon über 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet haben. Die LiMA ist kein Projekt der LINKEN als solches. Es ist ein eigenständiger Verein, er wird aber von uns unterstützt. Er startete vor acht Jahren mit 20 Leuten, die darüber beraten haben, wie man kleine Zeitungen machen kann. Jetzt ist man auf einem ganz anderen Niveau.

Wir haben außerdem einen Beschluss zur Position der LINKEN zur Bürgerarbeit gefasst. Die Bürgerarbeit ist für uns nicht die Lösung, die uns vorschwebt. Wir haben gesagt, unsere Position heißt Öffentlich geförderter Beschäftigungssektor. Wir unterstützen alle Bemühungen, wie es ja auch hier in Berlin der Fall ist, dass Bürgerarbeitsstellen entsprechend von den Kommunen bzw. von den Landesregierungen aufgestockt werden.

Erstmalig lobt die Partei DIE LINKE auch einen Frauenpreis aus. In diesem Jahr jährt sich der Internationale Frauentag zum 100. Mal. Dementsprechend werden wir diesen Preis in zwei Kategorien für ein aktuelles Projekt, eine Initiative einer Frau oder auch das Lebenswerk einer Frau verleihen. Das wird am 12. März sein.

Letzer Punkt: Wir haben ein Steuerkonzept, das von verschiedenen Mitgliedern des Vorstandes vorgelegt wurde, einhellig beschlossen. Wichtig ist mir, hervorzuheben, dass unser Steuerkonzept vorsieht, dass alle, die unter 6.000,00 Euro im Monat bekommen, entlastet werden. Erst wer über 6.000,00 € im Monat bekommt, wird belastet.

Vielen Dank!