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Eine Stimme für DIE LINKE ist definitiv keine für Rüttgers

Statement von Dietmar Bartsch, Bundesgeschäftsführer der Partei DIE LINKE, auf der Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus

Einen schönen guten Tag, meine Damen und Herren, Sie haben gestern zu relativ später Stunde von mir hier bereits einige Bemerkungen zum Mitgliederentscheid gehört. Ich werde heute zur Problematik Griechenland, dann Nordrhein-Westfalen, kurz zum FDP-Parteitag und zum Schluss ein paar Bemerkungen zum Mitgliederentscheid machen.

Ich beginne mit dem Thema Griechenland, was heute alle umtreibt und was nicht nur ein Thema Griechenlands ist. Ganz klar und eindeutig: Die Lage in Griechenland ist ausgesprochen gefährlich. Es gibt leider auch in dieser gefährlichen Lage einige sehr kabarettistische Wortmeldungen, wie z.B. die von Herrn Friedrich von der CSU. Das ist wirklich absurd, was dort gefordert wird. Es ist ganz klar. Die Griechenland-Krise muss gelöst werden. In dieser Lage verbietet sich jegliches Taktieren und jeglicher Populismus. Anders kann ich das Gesagte von Herrn Friedrich wirklich nicht bezeichnen. Im Übrigen war das bei der FDP am Wochenende sehr ähnlich. Es geht letztlich auch nicht nur um Griechenland, sondern es geht um die Frage des Euros und um die finanzielle Stabilität in Europa. Wenn Griechenland in die Knie gehen würde, wäre das eine gewaltige Niederlage für das ganze Europa. Deshalb ist auch jegliches Taktieren der Bundesregierung ausgesprochen gefährlich – also das, was da gemacht worden ist. Frau Merkel, die sich ja erst als Ms. No bezeichnen ließ, um dann wahrscheinlich doch Zusagen zu geben. Das alles hat nur die Spekulanten befördert und ihnen in die Hände gespielt. Das heißt natürlich überhaupt nicht, dass wir meinen, dass ohne eine sehr solide Prüfung Geld in Richtung Griechenland gehen sollte. Nein, das ist nicht unsere Position. Es muss sehr präzise geprüft werden, ob es da Geld gibt. Aber das heißt auch nicht, dass etwa deutsche Politik jetzt die Sparvorschläge für Griechenland unterbreiten soll. Da war das für mich schon gestern Abend bei der Sendung von Anne Will einigermaßen befremdlich, dass nun ausgerechnet Frau Künast sagt, dass man mit kaltem Herzen hier Vorschläge machen sollte, was im Kern heißt, dass Arbeitnehmer und Rentner die Krise bezahlen sollen. Das ist nicht unsere Position. Wir sollten als Deutschland sehr zurückhaltend sein. Unser Haushalt für dieses Jahr weist ein Defizit von 80 Milliarden Euro aus. Die Koalition hat laut und deutlich angesagt, dass sie in dieser Legislaturperiode 250 Milliarden Euro neue Schulden machen will. Das ist auch eine desolate Haushaltssituation, die wir haben.

Was ist jetzt zu tun? Ich will die Position der LINKEN deutlich nennen: Natürlich muss jetzt kurzfristig die Liquidität Griechenlands gesichert werden. Der Hauptweg wäre, dass Deutschland jetzt ein Schuldenmoratorium vorschlägt. Gerade angesichts der Tatsache, dass die HRE, dass die Commerzbank und die Deutsche Bank wichtige Gläubigerbanken sind, wäre das natürlich eine Maßnahme, die wir als Bundesrepublik, die Bundesregierung befördern könnten. Es ist ja so, die HRE gehört zu 100 % Deutschland. An der Commerzbank sind wir mit über 25 % beteiligt, und auch auf die Deutsche Bank gibt es ja wohl den einen oder anderen Einfluss. Ein Schuldenmoratorium könnte etwas Freiheit für die griechische Situation geben. Dann ist für uns völlig klar, dass die Gläubigerbanken natürlich an der Rettung beteiligt werden müssen. Es kann nicht sein, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler letztlich dafür bezahlen, denn es werden ja auch Kredite von diesen Banken jetzt bedient, und zwar dann mit Darlehen, die von Deutschland gegeben werden. Unsere Position ist ganz klar: Es geht um die Rettung des Euros, nicht um die Rettung der Banken.

Ich möchte noch eine Bemerkung zum Verfahren machen, weil Herr Schäuble bereits in der letzten Woche im Haushaltsauschuss darauf aufmerksam gemacht hat, dass die Bundesregierung für ein verkürztes Verfahren ist. Meine Position dazu ist ganz klar: DIE LINKE kann und wird nicht einfach Ja dazu sagen. Wir haben parlamentarische Rechte, und da muss schon in großer Offenheit und Klarheit dargelegt werden, was wie passieren soll. Was überhaupt nicht sein kann, ist, dass man die griechische Krise in irgendeinem zeitlichen Zusammenhang mit der Nordrhein-Westfalen-Wahl bringt, denn das haben Merkel und Westerwelle bisher getan. Es ist die Realität, dass ihr Verschiebebahnhof, dass es nichts geben wird und dass es jetzt eine umfangreiche Prüfung geben wird, natürlich mit der Nordrhein-Westfalen-Wahl zu tun hat. Damit hat man den Spekulanten nochmal die Tür aufgemacht. Also ganz klar und eindeutig: Wir werden das solide prüfen. Die Karten müssen auf den Tisch. Es gibt keine Zusage der LINKEN, dass wir einem solchen verkürzten Verfahren zustimmen werden.

Eines will ich zum Schluss noch anmerken: DIE LINKE hat im Europawahlkampf gefordert, dass wir eine europäische Regierung, vor allem eine europäische Wirtschaftsregierung brauchen. Die Situation in Griechenland und das, was dort stattfindet, bestätigt nochmal eindrucksvoll, dass diese Forderung eine richtige Forderung gewesen ist und dass wir eigentlich heute im europäischen Rahmen darüber nachdenken sollten, dass es eine solche Wirtschaftsregierung gibt, damit es auch eine abgestimmte Wirtschaftspolitik in Europa gibt. Dazu gehört dann selbstverständlich eine entsprechende Finanzpolitik.

Zweitens will ich zu Nordrhein-Westfalen etwas sagen: Wir haben jetzt noch 13 Tage. Die Zeit ist sehr übersichtlich. Was ich hochproblematisch finde, ist, dass sich die gesamte Diskussion in Nordrhein-Westfalen auf Koalitionsdebatten reduziert. Die Inhalte treten in den Hintergrund. Das hat natürlich auch mit dem Anti-Wahlkampf gegen DIE LINKE seitens der SPD zu tun. Es ist richtig: Nordrhein-Westfalen steht vor einer Richtungswahl. Es ist richtig, dass es in Nordrhein-Westfalen sehr knapp werden wird. Es geht aus bundespolitischer Sicht natürlich zu allererst darum, dass der Sozialabbau von Schwarz-Gelb zu stoppen ist, und zwar über den Bundesrat und über eine andere Regierung als Schwarz-Gelb. Diese ist im Übrigen überhaupt nur noch drin, wenn DIE LINKE nicht in den nordrhein-westfälischen Landtag einziehen sollte. Das wird sie aber. Es wäre wirklich sinnvoll, wenn Frau Kraft ihren Wahlkampf gegen Schwarz-Gelb ausrichten würde. Ein Wahlkampf gegen DIE LINKE ist völlig neben der Spur. Es geht doch darum – auch aus SPD-Sicht –, dass Schwarz-Gelb abgewählt wird. Deswegen kann ich das überhaupt nicht verstehen, dass sie ihre Energie vor allem auf DIE LINKE versucht ausstrahlen zu lassen. Da kann sie ja durchaus von Herrn Gabriel insoweit lernen, dass der gesagt hat, man sollte die FDP aus dem Landtag heraushalten. Das ist der richtige politische Gegner, und dahin sollten auch die Attacken gehen. Für uns ist ganz klar: Je lauter dort geschrien wird, dass DIE LINKE nicht hineinkommen soll, desto mehr sind unsere Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer motiviert. Das wird zu einer Mobilisierung der LINKEN kommen. Das eigentliche Problem von Frau Kraft ist, dass sie Gefahr läuft, mit großem Schwung in die Ypsilanti-Falle zu laufen. Für uns ist ganz klar: Wenn wir zu Gesprächen eingeladen werden, dann werden wir diese Einladung annehmen. Das ist ganz klar. Dann kann man alles ausloten. Vieles, was da jetzt läuft, ist natürlich Wahlkampfgetöse. Die Menschen im Lande werden das kaum glauben, weil sie mehrfach anderes erlebt haben. Aber ich kann wirklich nur raten, den Wahlkampf dagegen zu führen, worum es wirklich geht. Ich kann definitiv sagen, dass kein linker Abgeordneter Rüttgers wählen wird. Das kann die FDP, das kann die SPD und das können auch die Grünen nicht von sich sagen. Aber eine Stimme für DIE LINKE ist definitiv keine für Herrn Rüttgers. Das unterscheidet uns wirklich sehr grundsätzlich von allen anderen Parteien.

Ich möchte eine ganz kurze Bemerkung – mehr ist es auch nicht wert – zum Parteitag der FDP machen. Es ist dort am Wochenende viel gesagt worden. Ich möchte klar und eindeutig sagen: Die FDP bekommt jetzt erstmal umfragemäßig die Quittung ihrer Wahlkampfversprechen. Wenn jemand im Wahlkampf sagt, wir wollen ein einfaches niedriges und gerechtes Steuersystem, und dann danach aber auch gar nichts in diese Richtung tut, sondern ausschließlich Millionengeschenke für Hoteliers und reiche Erben verteilt, dann ist das schlicht ein gebrochenes Wahlkampfversprechen. Die Realität ist, dass das Gegenteil passiert ist. Das Steuersystem ist komplizierter geworden, und es sind Geschenke für eine ganz bestimmte Klientel. Das habe ich hier mehrfach gesagt und will das auch deshalb nicht wiederholen. Lautstärke hilft dort nicht. In der Sache werden hoffentlich auch die Wählerinnen und Wähler in Nordrhein-Westfalen entscheiden.

Zum Schluss zum Mitgliederentscheid: Sie wissen, gestern wurde in diesem Raum von vielen fleißigen Helferinnen und Helfern gezählt. Der erste Mitgliederentscheid der LINKEN ist zu Ende gegangen. Wir haben eine Beteiligung von 48,3 % gehabt. Das ist eine solide Beteiligung, auch wenn man das mit Anderen vergleicht, die derartige Urabstimmungen durchgeführt haben. Die Ergebnisse sind klar und eindeutig. Wir haben zu der ersten Frage, die die Struktur der Parteiführung bestimmt, eine Zustimmung von 84,5 %. Das ist eine deutliche Mehrheit. Wir haben zur zweiten Frage, was das Thema Urabstimmung zum neuen Programm im nächsten Jahr betrifft, eine noch größere Mehrheit. 94,1 % der Abstimmenden waren dafür. Es ist aus meiner Sicht klar und eindeutig. Der Bundesparteitag in Rostock wird diesem Votum der Mitgliedschaft folgen. Die neue Struktur ist damit bestätigt und wird in Rostock so gewählt werden – zwei Parteivorsitzende, zwei Bundesgeschäftsführer für zwei Jahre mit einer eventuellen Option um zwei Jahre und zwei Parteibildungsbeauftragte, die auf zwei Jahre begrenzt sind, danach gibt es diese nicht mehr. Das ist so entschieden. Ich gehe davon aus und bin auch froh, dass wir nunmehr in Rostock, vorher Nordrhein-Westfalen, vor dem 08. Mai und vor dem 01. Mai uns wieder voll umfänglich auf Politik konzentrieren können. Die Strukturdebatten in der LINKEN sind beendet. Ich hoffe, dass auch dieses Ergebnis uns ein bisschen Schwung für die verbleibenden Tage in Nordrhein-Westfalen gibt.

Dankeschön!