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Katja Kipping

Ein Verfahren zur Abberufung von Thilo Sarrazin einleiten

Katja Kipping, stellvertretende Vorsitzende der Partei DIE LINKE, hat in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Deutschen Bundestag folgenden Brief an den Präsidenten der Deutschen Bundesbank gerichtet:

Sehr geehrter Herr Professor Weber,

mit wachsender Empörung lese ich die täglichen Entgleisungen ihres Vorstandskollegen Thilo Sarrazin in der BILD-Zeitung. Als Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Deutschen Bundestag ist es für mich unerträglich, wenn Migrantinnen und Migranten und Erwerbslose mit pauschalen Vorurteilen öffentlich diffamiert werden. Herr Sarrazin schadet damit dem Ansehen der Bundesrepublik und auch dem Ansehen der von Ihnen geleiteten Bundesbank. Herr Sarrazin verbreitet menschenverachtende Thesen, die dazu geeignet sind, den sozialen Frieden in Deutschland zu gefährden. Politikerinnen und Politiker aus vielen Parteien haben mittlerweile die Eignung von Herrn Sarrazin für einen Vorstandsposten in der Bundesbank in Frage gestellt.

Die Bundesbank als Institut und auch Sie selbst sind, obwohl durch keine demokratische Wahl legitimiert, in der Vergangenheit immer wieder mit Politikempfehlungen an die Öffentlichkeit getreten. Umso mehr überrascht jetzt Ihr tagelanges Schweigen zum Treiben Ihres Vorstandskollegen. Es ist nicht zu leugnen, dass Herr Sarrazin fortgesetzt gegen den Ethik-Kodex Ihres Instituts, indem es für Vorstände heißt, sie müssten sich "jederzeit in einer Weise verhalten, die das Ansehen der Bundesbank und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Bundesbank aufrecht erhält und fördert".

Ich bitte Sie daher darum, schnellstmöglich ein Verfahren zur Abberufung von Herrn Sarrazin einzuleiten und Ihre Haltung zu den Thesen Ihres Vorstandskollegen Sarrazin öffentlich darzulegen. Die Vorgänge um Herrn Sarrazin sind nicht nur aus meiner Sicht ein Prüfstein für die Selbstreinigungskräfte der Bundesbank. Die Ausstattung mit weitreichenden Befugnissen bei weitgehender Unabhängigkeit von operativen Einflüssen aus dem politischen Raum ist für die Bundesbank mit der Übernahme einer großen Verantwortung übernommen. Die Beibehaltung dieser Privilegien hängt auch davon ab, ob die Bundesbank dieser Verantwortung in vollem Umfang gerecht wird. Als Ausschussvorsitzende werde ich mich in den kommenden Monaten für eine gesetzliche Neuregelung der Besetzung von Vorstandsposten in der Bundesbank einsetzen. Ein parlamentarisches Anhörungsverfahren in den Ausschüssen ist nach meiner Auffassung künftig unerlässlich.

Mit freundlichen Grüßen

Katja Kipping