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Ein Jahrhundert Schauspielkunst und politische Vernunft

Zum Tode des Schauspielers Erwin Geschonneck erklären der Parteivorsitzende Lothar Bisky und der Vorsitzende der Bundestagsfraktion Gregor Gysi:

Wir trauern um einen großartigen Menschen, einem Künstler der das 20. Jahrhundert intensiv durchlebt und geprägt hat. Durch seine politische Haltung, sein künstlerisches Vermögen, seine zupackende optimistische Art ist er ein Vorbild für alle, die solidarisch für eine bessere Gesellschaft streiten und dabei mit Humor und Besonnenheit, mit geschichtlicher Tiefe und utopischem Denken ans Werk gehen.  Erwin Geschonneck hat die PDS in den Neunzigern begleitet und war bis zuletzt Mitglied der LINKEN.

1906 in Bartenstein geboren, übersiedelte Geschonnecks Familie 1909 nach Berlin. Im Berliner Scheunenviertel wuchs Erwin Geschonneck auf. Die Fichte-Sportler brachten ihm Marx bei, er sang ihnen Lieder aus der Dreigroschenoper vor. Er trat 1929 der KPD bei, spielte in Agit-Prop- und Laientheatern. Als Statist in „Kuhle Wampe“ sah er erstmalig Brecht von weitem. Der Kommunist Geschonnek ging mit anderen Schauspielern in die Sowjetunion, wurde 1939 nach seiner erzwungenen Rückkehr in der Tschechoslowakei verhaftet und an die Gestapo ausgeliefert. Er war Gefangener in den Konzentrationslagern Sachsenhausen, Dachau und Neuengamme, überlebte den Untergang der Cap Arcona am 3. Mai 1945 vor der Lübecker Bucht.

Von den Hamburger Kammerspielen ging er 1948 nach Berlin, spielte – in enger Zusammenarbeit mit Brecht - am Berliner Ensemble in großartigen Rollen. Geschonneck zog es zum Film. Er gehörte zu den beliebtesten Schauspielern in der DDR, wurde in einer Kritikerumfrage 1992 zum besten DDR-Schauspieler gewählt. Karbid und Sauerampfer, Nackt unter Wölfen, Anton der Zauberer, Jakob der Lügner - Erwin Geschonneck hat sowohl das antifaschistische Filmerbe geprägt, als auch darstellerisch die Widersprüche in der DDR-Gesellschaft voller Leidenschaft kommentiert.

Geschonneck wurde 1949 Mitglied der SED. Er bekam viele hohe Auszeichnungen, bestach zugleich immer als kritischer und gradliniger Zeitgenosse. Seine Ursprünglichkeit, sein feinsinniger Humor, sein Gerechtigkeitssinn und seine Auseinandersetzungsstärke bewies er als Mensch und als darstellerische Legende. Am 28. Dezember 2004 wurde Geschonneck zum Ehrenmitglied der neu gegründeten Deutschen Filmakademie ernannt.