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DIE LINKE erfolgreich bei Kommunalwahlen

Erklärung von Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch auf der heutigen Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus

Einen schönen guten Morgen, ich habe heute früh die Gelegenheit, nach den letzten Kommunalwahlen des ersten Halbjahres einige Bemerkungen zu machen. Ich fange mit Sachsen an, wo am Wochenende in vielen Städten Stichwahlen stattgefunden haben. Diese Stichwahlen waren für DIE LINKE erfolgreich. Wir haben jetzt in Sachsen zwei Oberbürgermeister. Erstmals ist uns in der Stadt Werdau gelungen, dass ein Oberbürgermeister der LINKEN, der aus Altersgründen ausgeschieden ist, nun durch einen Kandidaten von uns, Ralf Tittmann, abgelöst wird. DIE LINKE hat also ein Oberbürgermeistermandat verteidigt.

In dem schönen Städtchen Borna hat Simone Luedtke für DIE LINKE die Stichwahl gewonnen. Sie ist 37 Jahre alt. Es freut mich besonders, denn sie ist die erste Oberbürgermeisterin. Ich habe vor kurzem gesagt, dass es vielleicht Angelika Gramkow in Schwerin wird. Nun haben wir bereits in Sachsen eine Oberbürgermeisterin.

An einigen Stellen sind gemeinsame Kandidaten von der LINKEN, von Freien Wählern und auch von der SPD gewählt worden. Ich bin auf diese Wahlerfolge sehr stolz. Ich will auch ausdrücklich sagen, dass ich unser gutes Ergebnis in Dresden beachtlich finde. Die über 30 Prozent von Klaus Sühl in Dresden können sich nicht nur sehen lassen, das ist deutlich über meiner Erwartung, weil wir in Dresden in einer sehr schwierigen Situation waren. Hier ist mit dem Wahlkampf die Partei wieder zusammengeführt worden. Wir können auf dieses Ergebnis aufbauen.

Ich kann letztlich feststellen, dass die Kommunalwahlen im ersten Jahr der LINKEN, und zwar in der gesamten Breite – ob in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen, Bayern und Hamburg oder in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen – sehr erfolgreich waren. Wir haben zulegen können, teilweise sehr deutlich. Die Kommunalpolitik ist die Grundlage der Entwicklung der neuen Partei. Hier freuen uns natürlich in besonderer Weise die Ergebnisse in den alten Bundesländern, aber auch die großen Siege in den neuen Bundesländern sind für uns sehr wichtig.

Zu den Siegen vom Wochenende gehört, dass es gelungen ist, dass Kerstin Kassner als Landrätin auf Rügen im ersten Wahlgang wiedergewählt wurde. Es gab Kandidaten von CDU, SPD und FDP. Sie hat im ersten Wahlgang 68,3 Prozent erzielt, und das im Merkel-Wahlkreis, was mich natürlich besonders freut. Also hier ist die Arbeit einer Landrätin der Partei DIE LINKE von den Wählerinnen und Wählern honoriert worden. Das ist wirklich ein sehr großer Erfolg.

Dazu kommt, dass auf der schönen Insel in Sassnitz Dieter Holtz als Bürgermeister nun schon das zweite Mal wiedergewählt worden ist. Er hat 77,9 Prozent erzielt.

Es ist also so, dass Kandidatinnen und Kandidaten, die einmal in derartige Ämter kommen, die Ämter für uns immer wieder verteidigt haben. Das finde ich schon beachtenswert. DIE LINKE hat jetzt vier Landräte, drei davon in Mecklenburg-Vorpommern. Wir haben 197 haupt- und ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und insgesamt über 5.600 Kommunalmandate. Also die Partei wächst von unten. Die Kommunalpolitik in den alten Ländern auszubauen, auch die Neugewählten zu schulen, ist Aufgabe für die Gesamtpartei.

Gestatten Sie mir zu drei inhaltlichen Punkten einige Bemerkungen: Zunächst möchte ich mit einem der größten Probleme in unserem Land beginnen. Nach Berechnungen des Kinderhilfswerks sollen in Deutschland 3 Millionen Kinder in Armut leben. Bisher war immer von 2,4 Millionen die Rede. Es nicht so sehr die entscheidende Frage, ob 2,4 oder 3 Millionen Kinder. Die Tatsache, dass es überhaupt Kinder in Armut in dem reichen Land Deutschland gibt, ist ein Skandal. Jedes Kind in Armut ist eines zu viel. Da helfen keine schönen Sonntagsreden, da helfen auch keine Pressekonferenzen. Es ist hier wirklich etwas zu tun. Das Entscheidende ist, dass die Forderungen, die ja auf dem Tisch liegen, also ein kostenloses Mittagessen für Kinder, mehr Plätze an Ganztagsschulen, gebührenfreie Kinderbetreuung, bis dahin, dass es auch keine Studiengebühren gibt - ich erinnere an unseren kleinen Erfolg in Hessen - bis hin zu kostenloser Schülerbeförderung. Diese notwendigen Dinge, damit Armut wirklich bekämpft werden kann, sollten im Deutschen Bundestag und in den Ländern entschieden werden. Bildung ist der Schlüssel für Gerechtigkeit, und es darf nicht gerade an dieser Stelle weiter gespart werden.

Ein zweiter Punkt ist das Thema der Energiepreise: Wir hatten das Thema ja in der letzten Woche im Deutschen Bundestag. Es wurde durchaus kontrovers behandelt. Fakt ist: Die steigenden Energiepreise sind für wachsende Teile der Bevölkerung ein immer größeres Problem. Die Zahl der Haushalte, die zeitweilig ohne Energieversorgung sind – Abschalten von Energie kostet ebenso Geld wir auch das neue Anschalten – nimmt zu. Für manch eine Familie ist es leider so, dass sie sich entscheiden muss: Zahl ich die Energierechnung oder kann ich Nahrung für meine Kinder kaufen. Das ist nicht zu akzeptieren. Das ist keine soziale Marktwirtschaft mehr, in einer der reichsten Volkswirtschaften ist das anders möglich. DIE LINKE fordert: Die Preisaufsicht der Länder über die Strom- und Gaspreise muss wieder eingeführt werden. Die Preisgestaltung muss transparent sein. Die Strombörse in Leipzig ist keine Lösung. Da wird eine Preisbildung nach dem teuersten Kraftwerk gemacht. Dort wird nicht wirklich auch Strom gehandelt. DIE LINKE will die Einführung von Sozialtarifen. Wir haben das im Deutschen Bundestag vorgeschlagen. Wer bei der GEZ von den Gebühren befreit ist, soll entsprechend niedrigere Sozialtarife bei Energie zahlen.

Eine letzte Bemerkung sei mir zum Thema Angleichung der Lebensverhältnisse von Ost und West gestattet. Minister Tiefensee hat sich dazu mehrfach geäußert. Ich kann wirklich nur staunen, dass er hier Probleme beschreibt, die seit Jahren bekannt sind, ohne eine Lösung anzubieten. Vor allem kann ich aber feststellen: Er ist als Verkehrsminister nicht unbedingt sonderlich erfolgreich, aber als Minister, zuständig für den Aufbau Ost, kann er nahezu nichts vorweisen. Das ist so. Sie können sich alle Daten anschauen. Die Arbeitslosigkeit ist in den neuen Ländern mehr als doppelt so hoch. Der Durchschnittslohn ist in allen neuen Ländern deutlich niedriger. Er ist als Ost-Beauftragter ein Totalausfall. Ich möchte auf einen Punkt hinweisen: Am Wochenende gab es einen Kompromissvorschlag für den Mindestlohn in der Baubranche. Ich finde wirklich skandalös, dass wir hier eine Situation haben – das sage ich ausdrücklich auch in Richtung Gewerkschaften –, dass der Mindestlohn Ost und West weiter auseinandergeht. Ab August diesen Jahres soll Facharbeiter im Westen 12,85 € bekommt, während der Mindestlohn im Osten bis August 2009 bei 9,80 € bleibt. Wenn ein Ungelernter auf dem Bau in den alten Ländern jetzt 10,70 € bekommt liegt er damit sogar über den 9,80 € eines Facharbeiters im Osten. Das ist wirklich völlig inakzeptabel. Das sage sowohl ausdrücklich in die Richtung der Gewerkschaften, als auch in die Richtung des Verantwortlichen für den Aufbau Ost Das unterstreicht die notwendige Forderung der LINKEN nach einem gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn. Wenn es um branchenbezogene Mindestlöhne geht, dann aber bitte einheitlich in Ost und West. Die Stromtarife und die Nahrungsmittel sind in den neuen Ländern nicht etwa billiger. DIE LINKE wird hier weiterhin ihre besondere Verantwortung für die neuen Länder wahrnehmen.