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Den rechten Terror stoppen!

Radikale Rechte morden in diesem Land und die Sicherheitsbehörden erweisen sich ein ums andere Mal als unfähig, die Täterinnen und Täter zu fassen. Um dem rechten Terror ein Ende zu setzen braucht es keine Debatten über den Entzug von Grundrechten, sondern eine konsequente Umsetzung bestehenden Rechts, auch innerhalb der Sicherheitsbehörden. – Ein Aktionspapier der Partei DIE LINKE gegen den rechten Terror.

Der Mord an Walter Lübcke ist kein Einzelfall. Der NSU ermordete zwischen 1999 und 2007 zehn Menschen, beging diverse Banküberfälle und verübte mehrere Bombenanschläge – unbehelligt von den Sicherheitsbehörden. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker entging 2015 nur knapp dem Tod, als ein Neonazi sie niederstach. Beim Attentat im Münchner Olympia-Einkaufszentrum wurden 2016 neun Menschen erschossen. Alle Opfer hatten Migrationshintergrund, die Tat wird aber von den Behörden nicht als "politisch rechts motiviert“ bewertet. Auf eine Moschee in Dresden wurde 2016 ein Sprengstoffanschlag verübt, 2017 zündete ein Neonazi an einer Hamburger S-Bahnstation einen Sprengsatz, in der Silvesternacht 2018 verübte ein Rechter einen Anschlag mit einem Auto auf eine Gruppe von Migrant*innen in Bottrop. Von der Gruppe "Nordkreuz" wurden in den letzten Jahren Waffen gehortet und Listen über Linke angelegt, die im Falle eines Bürgerkrieges "zu beseitigen seien". Der schwerwiegendste Anschlag in der Geschichte der BRD war das rechte Attentat auf das Oktoberfest. Es ist bis heute nicht aufgeklärt. Insgesamt wurden in der BRD seit 1971 mindestens 229 Menschen von extrem rechten Tätern umgebracht, es gab 123 Sprengstoffanschläge und 2.173 Brandanschläge. Die extreme Rechte hat die Schwelle zum Terror längst überschritten. Deutschland gehört in Europa zu den Ländern mit dem gewalttätigsten Rechtsterrorismus.

Dennoch dominieren Verharmlosung, eine Sprache, die zu Gewalt einlädt, und der taktische Blick auf mögliche Koalitionen die Debatte im konservativen Lager. Rechte Täter werden vorschnell zu Einzeltätern erklärt oder gar als "Chaoten" verharmlost, wie bei der Jagd auf Menschen letztes Jahr in Chemnitz. Das Bundesamt für Verfassungsschutz erkennt bis heute insgesamt keine Demokratiefeindschaft bei der AfD. Der ehemalige Chef des BfV Hans-Georg Maaßen (CDU) hält eine Koalition mit ihr für denkbar. Ex-Bundespräsident Gauck fordert "mehr Toleranz" gegenüber den Rechten und will sie enttabuisieren. Innenminister Seehofer (CSU) hatte erklärt, dass man sich "bis zur letzten Patrone" gegen "eine Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme" wehren werde. Die ehemalige CDU-Politikern Erika Steinbach lenkte mit einem Tweet den Hass auf Lübcke. Nicht mal einen Aufruf zum öffentlichen Gedenken an ihren Parteifreund Walter Lübke und zum Protest gegen rechten Terror hört man aus den Reihen der CDU.

Stattdessen fordert z.B. CDU-Politiker Peter Tauber, Grundrechte einzuschränken und mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden. Offensichtlich gibt es bei diesen aber gar kein Defizit an Informationen, Ausrüstung und Befugnissen - wohl aber ein Haltungsproblem. Die Akten von Stephan E. sind im Hessischen Verfassungsschutz gesperrt. Das NSU-Trio war von VS-Agenten umgeben und wurde gedeckt. Die Gruppe Combat 18 führt Schießübungen durch und baut unter den Augen der Sicherheitsbehörden ihre Strukturen aus. Polizisten sympathisieren mit den Rechten und bedrohen Anwälte der NSU-Angehörigen, andere statten Neonazis mit scharfer Munition aus und spielen ihnen sensible Informationen zu. Im Frühjahr wurde ein extrem rechtes Netzwerk von Elitesoldaten öffentlich gemachte - mit Listen vom "am Tag-X" zu exekutierenden demokratischen Politikern. Viele Betroffenen wurden von den Behörden erst verspätet oder nicht informiert.

Weil der Verfassungsschutz dem Schutz von Informanten Vorrang einräumt, behindert er immer wieder polizeiliche Ermittlungen und juristische Aufklärung - und baut extrem rechte Strukturen sogar mit auf. Aufklärung wird von anderen geleistet: Meist sind es ehrenamtlich organisierte Projekte der Zivilgesellschaft und Antifa-Initiativen, die Aufklärungsarbeit leisten, Solidarität praktisch erlebbar machen und dahin gehen, wo es weh tut. Dafür werden sie von Konservativen als "Nestbeschmutzer" beschimpft, ihnen werden öffentliche Gelder entzogen und sie werden als "Linksextremisten" kriminalisiert. Die AfD versucht die Union vor sich her zu treiben und missliebigen Vereine und Akteure der Zivilgesellschaft bis hin zur Landeszentrale für politische Bildung zu diskreditieren.

DIE LINKE fordert:

  1. Gebt die Akten frei! NSU-Akten und V-Leute-Strukturen offenlegen. Vor dem Hintergrund der Verwicklung des mutmaßlichen Täters im Mordfall Lübcke in das NSU-Umfeld müssen die (z.T. für 120 Jahre!), als "geheim" eingestuften Akten sofort freigegeben werden. Das V-Leute System des Verfassungsschutzes muss aufgedeckt und beendet werden.
  2. Entwaffnung der rechten Strukturen und Ermittlungsschwerpunkte für rechten Terror! Ermittlungsschwerpunkte bei BKA und Bundesanwaltschaft müssen die Vernetzung der militanten Naziszene stärker in den Blick nehmen und dürfen Fälle rechter Gewalt nicht als Einzelfälle verharmlosen. Reichsbürgern und Neonazis müssen endlich die waffenrechtlichen Erlaubnisse entzogen werden.
  3. Verfassungsschutz durch eine unabhängige Beobachtungsstelle ersetzen. Der Verfassungsschutz ist nicht Teil der Lösung, sondern wesentlicher Teil des Problems. Er muss durch eine unabhängige Beobachtungsstelle »Extreme Rechte und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« ersetzt werden.
  4. Demokratisierung der Sicherheitsbehörden! Es braucht eine wissenschaftliche Untersuchung extrem rechter Einstellungen bei Polizei und Bundeswehr. Gegen Rassismus und Korpsgeist bei der Polizei sind eine unabhängige Beschwerde- und Ermittlungsstelle auf Bundesebene und eine Ergänzung der Polizeiausbildung um Pflichtpraktika im Bereich sozialer Arbeit und Antidiskriminierung nötig.
  5. Die Gegenkräfte in der Zivilgesellschaft stärken. Protest gegen rechts gehört zur Demokratie und darf nicht kriminalisiert werden. Projekte der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, Opferberatungen und zivilgesellschaftliche Demokratiebündnisse müssen stärker und langfristig finanziell unterstützt werden.
  6. Den Rechten den sozialen Nährboden entziehen. Die Zustimmung zu rechter Politik baut auf weit verbreitetem Rassismus und der Erfahrung auf, dass Interessen nur gegen Andere durchgesetzt werden können. Dass die Regierungskoalition den rechten Forderungen bei Flucht und Asylrecht nachgegeben hat, hat sie stärker gemacht, nicht schwächer. Dagegen braucht es eine Politik, die die Interessen aller hier lebenden Menschen in den Mittelpunkt stellt: Mit massiven Investitionen in öffentliche Daseinsvorsorge und die Strukturen, die eine Gesellschaft zusammenhalten - bezahlbarer Wohnraum, kostenfreier ÖPNV, gute Gesundheitsversorgung und Bildung.
  7. Klare Kante gegen die geistigen Brandstifter! Der Mord an Lübcke soll die Kräfte im Konservatismus einschüchtern, die einer schwarz-blauen Koalition im Weg stehen. Dagegen braucht es jetzt einen klaren Trennstrich zu den rechten Feinden der Demokratie! Die CDU muss unmissverständlich eine Koalition mit der AfD ausschließen und sich von den Scharfmachern in den eigenen Reihen trennen.

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Bündnis: Aufstehen gegen Rassismus