Demokratische Parteien müssen sich klar gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus abgrenzen
Statement von Bernd Riexinger, Parteivorsitzender der LINKEN, auf der Pressekonferenz am 15. Dezember 2014 im Berliner Karl-Liebknecht-Haus
Guten Tag, heute früh konnten wir in den Zeitungen lesen, dass die EU-Kommission die überarbeiteten Maut-Pläne von Herrn Dobrindt für europarechtswidrig hält. Überraschen kann uns das eigentlich nicht. Wer zwischen Inländern und Ausländern unterscheidet, der fällt ganz klar unter das Diskriminierungsverbot und hat keine Chance dieses Gesetz so durchzubringen.
Die Dobrindt-Maut ist Murks. Die CSU ist uns lange genug mit diesem Unsinn auf die Nerven gegangen. Es gibt nur einen sinnvollen Ausweg aus dieser Lange: Die Bundesregierung muss diesen Gesetzesentwurf zurückziehen!
Deutschland erlebt derzeit eine Welle von offen fremdenfeindlichen Demonstrationen. Am prominentesten ist ganz sicher die Pegida-Bewegung in Dresden. Ich will für DIE LINKE ganz deutlich sagen, wie wir dazu stehen und wo unser Platz ist. Meine Ko-Vorsitzende Katja Kipping wird heute auf der Gegendemonstration "Dresden für alle" sein, sie wird dort reden. Hoffentlich sind dort mehr Menschen als bei der Pegida-Demonstration und setzen gemeinsam ein Zeichen für ein weltoffenes und tolerantes Land. Die politischen Parteien sind hier alle in der Verantwortung. Wir sprechen von Kundgebungen, die von Rechtspopulisten, zum Teil von Rechtsradikalen, zum Teil von Neofaschisten organisiert werden und die ganz klar einen rassistischen Grundtenor beinhalten.
Insofern sind Äußerungen, die Verständnis für das Anliegen der Bürger und Bürgerinnen, die an diesen Demonstrationen teilnehmen, signalisieren, mehr als fatal.
Man muss sich im Übrigen klar machen, dass sich gerade in Dresden Menschen, die friedlich gegen Neonazis demonstriert haben, serienweise vor Gericht gezerrt werden. Wer wirklich Verständnis für die Ängste von Bürgern und Bürgerinnen hat, der muss definitiv eine andere Politik machen. Eine Politik, die nicht sozial ausgrenzt, die für Verteilungsgerechtigkeit steht, die keine Angst vor einer sozial unsicheren Zukunft herbeiführt. Und wir sagen: Die Bürger, die ernsthaft gegen soziale Unsicherheit demonstrieren wollen, müssen das doch eher unter dem Motto tun "Wir machen eine Kampagne gegen die Prekarisierung des Abendlandes« und nicht gegen die »Islamisierung des Abendlandes".
Es gibt neue Enthüllungen in der Edathy-Affäre. Herr Edathy hat zugegeben oder bestätigt, dass er intern über die Ermittlungen gegen ihn - wegen des Verdachts auf Kinderpornografie - unterrichtet wurde. Ich will hier gar nicht über den Wahrheitsgehalt seiner Aussagen spekulieren, aber es wird doch deutlich, dass es einen hohen Aufklärungsbedarf gibt. Irgendwer hat dafür gesorgt, dass Sebastian Edathy vorab, vor den Ermittlungen gegen ihn informiert wurde. Die Quelle der Informationen ist bis heute noch nicht aufgeklärt. Herr Zierke ist nicht aus dem Schneider, Herr Oppermann ist nicht aus dem Schneider und Herr Gabriel auch nicht. Wir sind sehr gespannt, was da noch ans Licht kommt. Aufklärung ist dringend geboten.
Ein letzter Punkt: Heute findet in Belgien ein Generalstreik statt, der mit großer Wahrscheinlichkeit das öffentliche Leben lahmlegen wird. Letzte Woche hatten wir einen Generalstreik in Italien mit großer Beteiligung. Das ist für uns Ausdruck, dass sich die Menschen in Europa nicht länger die unsoziale Austeritätspolitik, die Frau Merkel und andere ihnen aufoktroyieren, gefallen lassen. Die Menschen wehren sich gegen Sozialabbau, gegen die Zerschlagung ihrer Sozialsysteme und gegen die einseitige Abwälzung der Schuldenlast auf die arbeitende Bevölkerung, auf die Rentnerinnen und Rentner, auf die Jugendlichen.
Wir können nur sagen: Das Jahr 2015 wird eine spannende Auseinandersetzung um die Politik in Europa mit sich bringen. Ich wage heute schon die Prophezeiung, die Austeritätspolitik wird keinen Bestand haben und wird den Widerstand noch weiterer Bevölkerungen in ganz Europa hervorbringen.