Zum Hauptinhalt springen

Auch die Linke braucht gallische Dörfer

Treffen mit Jan Neoral, Bürgermeister von Trokavec, das sich als erste Gemeinde in Tschechien gegen die Errichtung einer US-Radaranlage öffentlich wehrte

Bildbericht

Am Rande des 2. Parteitages der Partei der Europäischen Linken besuchte am 24. November 2007 eine Delegation von Parlamentariern, Vertreter/innen linker europäischer Parteien und des europäischen Netzwerkes Transform die Gemeine Trokavec - jene Gemeinde, die sich als erste gegen die Errichtung einer US-Radaranlage öffentlich wehrte. Maria Szyszkowka, polnische Senatorin und Vorsitzende der Partei Racja, Hans Modrow, DIE LINKE, Jiri Mastalka, MdEP der tschechischen KSCM, Bozena Kremlackova, Mitglied des Vorstands der tschechischen Partei des Demokratischen Sozialismus (SDS), Roberto Musacchio, Mitglied der Nationalen Leitung der italienischen PRC und MdEP, Giusto Catania, ebenfalls MdEP der PRC und Cornelia Hildebrandt vom europäischen Stiftungsnetzwerk Transform machten sich vor Ort ein Bild von der Situation der betroffenen Gemeinden. Nach Plänen der tschechischen Regierung soll die Radaranlage nur zwei Kilometer vom Dorf entfernt installiert werden und eine Fläche von mehr als 10.000 Hektar belegen. Im März 2007 hatten sich bei einem von der Gemeinde Trokavec organisierten Referendum so gut wie alle Einwohner/innen gegen die Aufstellung der Radaranlage ausgesprochen. Dem Beispiel von Trokavec folgten über 86 weitere betroffene Gemeinden. Sie alle schlossen sich in der Initiative "Ne základnám" (Keine Militärbasen) zusammen. Auch wenn die lokalen Referenden keine juristisch bindende Wirkung haben, waren sie ein starkes Signal an die tschechische und internationale Öffentlichkeit. Die Regierung in Prag stellte denn auch eilfertig umfangreiche Gelder in Aussicht – die allerdings an die Bedingung geknüpft waren, der Radarstation zuzustimmen.

Jan Neoral, der parteilose Bürgermeister von Trokavec, begrüßte zusammen mit seinen Kollegen Lubos Fiala und Vaclav Hudec von den Nachbargemeinden Visky und Stitov sowie Ivona Novomestska von der Initiative "Ne Zakladnam" die Delegation. Die Vertreter/innen der europäischen Linken bekundeten ihre Solidarität mit den Gemeinden und ihre Unterstützung für "Ne Zakladnam". Roberto Musacchio verwies darauf, dass auch in Italien der Widerstand gegen den Ausbau der US-Raketenbasis in Vicenza wachse. Mehr als 100.000 Menschen gingen bei Demonstrationen auf die Straßen. An den für Mitte Dezember geplanten Demonstrationen in Vicenza werden auch Vertretrer/innen der 87 tschechischen Gemeinden teilnehmen. Maria Szyszkowka betonte, dass 70% der polnischen Bevölkerung gegen den Bau des geplanten Raketenabwehrsystem sind, aber die Regierungen – auch die neu gewählte Tusk-Regierung - die Ambitionen der USA zu einer neuen Phase der Aufrüstung unterstützen. Sie erwarte von der Europäischen Union klare gesetzliche Initiativen für Abrüstung und gegen die Installation neuer militärischer Anlagen auf ihrem Territorium. Hans Modrow griff den Hinweis von Bürgermeister Fiala auf, der in der Stationierung des Raketenabwehrsystems das Wiederaufleben einer Politik des kalten Krieges sieht. Wer aufrüste, habe auch Krieg im Sinn. Die Botschaft der Bürger/innen von Trokavec, Stitov und Visky sei das Plädoyer für ein friedliches Miteinander, gegen neue Waffen.
Kleine Dörfer finden sich plötzlich mitten im Zentrum der großen Politik wieder. Man sollte sie jedoch nicht unterschätzen: nicht umsonst sind die gallischen Dörfer zum geflügelten Wort geworden.