Zum Hauptinhalt springen

Antikommunistischer Budenzauber der Union soll nur ablenken

Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch auf der Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus nach der Sitzung des Geschäftsführenden Parteivorstandes am 25. August 2008

Guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren, nach der Sommerpause ist dies auch bei mir der erste Arbeitstag, und der hat begonnen mit einer Beratung des Geschäftsführenden Parteivorstandes. Wir konnten im Geschäftsführenden Vorstand nach der Sommerpause feststellen, dass die LINKE in den Umfragen weiterhin sehr stabil und auf einem hohen Niveau zwischen 11 und 14 Prozent auf der Bundesebene liegt. Das hat uns natürlich erfreut. Wir können weiterhin feststellen, dass wir bei der Linken einen Mitgliederzuwachs haben, so dass wir konstatieren können: Wir haben die Sommerpause nicht nur gut überstanden, sondern weiter genutzt.

Wir haben ebenfalls feststellen können, dass insbesondere die CDU/CSU die Sommerpause genutzt hat, um eine Kampagne gegen die LINKE, aber auch gegen die SPD zu führen. Es gibt teilweise einen Rückfall in den Tonfall des Kalten Krieges – was Frau Haderthauer da alles so erzählt hat, ist schon überraschend. Ebenso ist überraschend, dass Frau Haderthauer offensichtlich Lenin liest, das hat mich doch gewundert, dass sie hier Zitate eines der Klassiker des Marxismus-Leninismus anbringt, wenn sie die SPD beschimpft. Letztlich ist das alles nur ein Ausdruck der Nervosität der CSU, die offensichtlich um ihre absolute Mehrheit in Bayern bangt. Die LINKE wird in Bayern natürlich ihren Anteil leisten, dass diese absolute Mehrheit der CSU möglichst fällt.

Fakt ist: Trotz all dieser verbalen Entgleisungen ist es nicht so, dass die CDU etwa zulegt in Umfragen – sie ist weiterhin auf dem Niveau der Bundestagswahl 2005. Und das hat sie selbst als sehr niedriges Niveau damals eingeschätzt. Es hat sich also hier keine Veränderung ergeben. Was man allerdings feststellen kann, ist wirklich eine nahezu offene Schlacht bei den so genannten Schwestern. Wenn ich nur das Thema Pendlerpauschale nehme – hier gibt es dezidiert unterschiedliche Positionen. Wir haben vor der Sommerpause versprochen und werden das auch selbstverständlich einhalten, dass wir das Thema Pendlerpauschale im Deutschen Bundestag zu einer namentlichen Abstimmung bringen werden. Ich kann letztlich nur konstatieren, dass das, was insbesondere von Frau Haderthauer hier zelebriert wird, ein antikommunistischer Budenzauber ist, der nur ablenken soll von den wirklichen Problemen im Lande.

Es ist weiterhin festzustellen, dass die Sommerpause beherrscht worden ist insbesondere vom Thema Preissteigerungen – da ging es um das Thema Energie, aber auch um Lebensmittel. Das Thema Datenschutz hat eine Rolle gespielt, aber auch das Thema Arbeitsplatzabbau bei der Telekom. Und dieses ist natürlich ein enorm wichtiges Thema, weil hier die Bundesregierung gefordert ist, da sie ja immer noch einen erheblichen Anteil der Aktien besitzt. Man kann nicht mit der Äußerung, die Arbeitsplätze bleiben erhalten, zufrieden sein. Wenn man hier von Berlin nach Frankfurt/Oder von wo auch immer wohin verlegt wird, wenn ausgegliedert werden soll, dann ist das real ein Einkommensverlust, und das ist die falsche Richtung. Deswegen sind wir gegen diese Entscheidung. Hier muss die Bundesregierung handeln – wer sonst, wenn die Bundesregierung der Hauptaktionär ist.

Man hat allerdings bei all diesen Sommerthemen eines feststellen können: dass von der Bundesregierung wenig oder gar nichts - zumindest kaum Substantielles - zu vernehmen war. Es war offensichtlich eine große Pause für die Regierenden in diesem Lande.

Die Union hat sich in Hessen wie in Bayern offenbar auf eine Wiederauflage der Rote-Socken-Kampagne festgelegt. Es ist interessant, was in Hessen alles erzählt wird und auch in den Medien nachzulesen ist. Ich kann da nur staunen. Ich will hier noch einmal in Klarheit und Deutlichkeit sagen: Dass 7 Monate nach der Wahl in Hessen Roland Koch immer noch als Ministerpräsident regiert, das ist das eigentliche Problem. Das ist zumindest nicht im Interesse der Wählerinnen und Wähler. Wenn auch bei Studiengebühren und einigen anderen Themen vernünftige Entscheidungen getroffen sind, ist die eigentliche Aufgabe, weiterhin in Hessen für einen Politikwechsel zu sorgen.

Ich will gerade aus der Sicht Berlins, aus der Sicht, die wir auch im Geschäftsführenden Parteivorstand noch einmal bekräftigt haben, dass die hessische Linke eine außerordentliche Reife bewiesen und hier sehr politisch agiert hat. Nicht die LINKE ist das Problem. Die SPD war das Problem mit Frau Metzger und ähnlichen politischen Auseinandersetzungen innerhalb der Partei. Die LINKE hat sich hier als zuverlässig erwiesen. Wir stehen vor einem wichtigen Parteitag am Wochenende, aber auch da gehe ich davon aus, dass es intensive, wenn auch kontroverse Debatten gibt. Das ist normal für eine Partei, die vergleichsweise jung wie unsere ist. Aber wir werden in Hessen vernünftige, auch personalpolitisch vernünftige Entscheidungen treffen.

Was meine Partei betrifft, so werden wir die Rentenkampagne, die in allen Bundesländern inzwischen gestartet ist, weiterführen. Das wird eines der zentralen Themen der Auseinandersetzung in den nächsten Monaten sein. Wir werden das auch im bayerischen Wahlkampf immer wieder ansprechen. Wie Sie wissen, wird die Bundestagsfraktion Anfang September in Bayern eine Klausur durchführen und auch dort wird das Thema Rente eine wichtige Rolle spielen. Auch was die Energiepreise und Preise überhaupt betrifft, bleiben unsere Vorschläge aktuell: Wir sind dafür, dass die Netze kommunalisiert wird, dass die Netze letztlich in öffentliches Eigentum zurückkehren. Das ist ein wesentlicher Weg – es ist interessant, wer dies alles in der Sommerpause ebenfalls gefordert hat.

Und ich will daneben ausdrücklich begrüßen, dass der Vorschlag, hier Energiespartarife einzuführen, den wir und auch ich hier bei Pressekonferenzen bereits gemacht habe, dass der nunmehr aufgegriffen wird. Es wäre sehr vernünftig, ein Grundkontingent pro Person zur Verfügung zu stellen zu sozialen Tarifen. Das ist ausgesprochen sinnvoll und wir unterstützen das. Danach kann man auch andere Preise veranschlagen. Hier wäre ein Schritt möglich in die richtige Richtung zu mehr sozialer Gerechtigkeit.

Eine vorletzte Bemerkung, die ich machen will und die auch heute im Geschäftsführenden Vorstand eine besondere Rolle gespielt hat. Wir haben heute als Geschäftsführender Vorstand die Wahlstrategie verabschiedet und werden sie am 6. September im Parteivorstand abschließend behandeln und dann auch öffentlich machen. Wir haben uns mit dem Thema Ostdeutschland noch einmal auseinandergesetzt. Es war ja mit Interesse zu lesen, dass Herr Tiefensee nunmehr als Ostbeauftragter in den Westen flüchten will. Das ist durchaus interessant, da kann man im Westen zumindest sehr beruhigt sein, weil: solange er im Amt war, ist im Osten real nichts passiert. Die LINKE wird hier ihre besondere Verantwortung weiterhin wahrnehmen. Ohne Wenn und Aber, die derzeitige Situation ist so nicht akzeptieren: doppelt so hohe Arbeitslosenzahlen, geringeres Wirtschaftswachstum und - wenn Sie sich die aktuelle Studie anschauen – die Abwanderung aus Ostdeutschland in Größenordnungen. Wenn hier nichts getan wird – ob das die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sind, die einheitlich für das gesamte Land, also ebenso für Baden-Württemberg wie für Mecklenburg-Vorpommern, genutzt werden – dann wird diese Entwicklung weitergehen. Damit werden wir nie einverstanden sein. Und wir werden auch, so jedenfalls in der Wahlstrategie heute hier besprochen, dieses Thema in den Wahlkämpfen des nächsten Jahres ganz weit vorn an stellen.