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Katja Kipping

600 Millionen Euro für Wohnkosten werden Hartz-IV-Betroffenen jährlich verweigert

Erst verhöhnte der designierte Gesundheitsminister Jens Spahn Menschen, die auf Hartz IV angewiesen sind, indem er Ihren erklärte, dass sie nicht in Armut leben würden, sondern alles hätten, was man zum Leben brauchen würde. Die öffentliche Aufregung war groß, selbst SPD-Politiker wie Olaf Scholz, die für die Einführung von Hartz IV mit verantwortlich waren, mochten ihm nicht beipflichten. Doch ausgerechnet der neue Ostbeauftragte Christian Hirte musste Spahn zu Seite springen: Er sagte im Radio, dass die Aussagen Spahns nicht völlig falsch gewesen seien. Und das, obwohl in ostdeutschen Flächenändern der Anteil von Hartz IV-Beziehenden deutlich höher ist als in Flächenändern im Westen Deutschlands.

Doch nicht nur arrogante Politiker und die viel zu geringen Regelsätze und machen den Hartz IV-Beziehenden zu schaffen. Auch die von den Landkreisen und Städten anerkannten Kosten für Unterkunft und Heizung reichen oft nicht aus. Pro Jahr werden Hartz-IV-Betroffenen, also Aufstockenden und Erwerbslosen, Wohnkosten von rund 600 Millionen Euro verweigert (2015 606 Millionen Euro, von November 2016 bis Oktober 2017 592 Millionen Euro). Das ist die Differenz zwischen den anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung und den tatsächlichen vom Jobcenter übernommenen Kosten der Unterkunft und Heizung.

Geld, das sich die Betroffenen vom Munde absparen, vom eh schon kargen Regelsatz abknapsen zu müssen. Oder sie sind gezwungen umzuziehen. Sie müssen dann das bekannte Wohnumfeld verlassen. Hartz IV befeuert deshalb die soziale Entmischung in den Kommunen. Immer häufiger leben die ganz Armen in Vierteln unter sich. Das hat zur Folge, dass in Kitas und Grundschulen die Kinder von Eltern unterer Einkommensgruppen unter sich bleiben. Diese Ungleichheit ist nicht vom Himmel gefallen, sondern wird durch Hartz IV befeuert.

Ich aber sage: Mit dieser Ungleichheit geben wir uns nicht zufrieden. Wir wollen, dass in Schulen und Kitas, das Kind der Alleinerziehenden, die aufstocken muss, und das Kind des Bankers aufeinander treffen. Das setzt soziale Durchmischung der Wohngebiete voraus, sowie höhere anerkannte Kosten der Unterkunft und Heizung und generell eine sanktionsfreie Mindestsicherung, die vor Armut schützt. Der Hartz IV-Satz reicht nicht zum Leben und diese Realität erkennen die beiden nicht an.