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Bernd Riexinger

100 Jahre KPD

Rede von Bernd Riexinger auf der gemeinsamen Veranstaltung der Berliner Linksfraktion und des Parteivorstandes im Festsaal des Berliner Abgeordnetenhauses am 7. Januar 2019

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Gäste! Es freut uns, dass die Berliner CDU mit dem Versuch, diese Veranstaltung im Berliner Abgeordnetenhaus zu unterbinden, und auch die BILD-Zeitung mit einem unsäglichen Kommentar gute Werbung für die heutige Veranstaltung gemacht haben. Die BILD hat jedoch den Vogel abgeschossen. Sie behauptet ernsthaft, dass KPD und NSDAP gleichermaßen die Totengräber der Weimarer Republik gewesen seien und mehr oder weniger gemeinsame Sache gemacht hätten. Die allererste Partei, die nach der Machtübertragung an den Faschismus verboten wurde, war die KPD. Die ersten der geschätzten 150.000 Mitgliedern, die von Hitlers Schergen ermordet und in den schnell errichteten Konzentrationslager interniert wurden, waren Kommunisten. Das ist ein gravierender Unterschied zur Vorgängerpartei der CDU, der Deutschen Zentrumspartei, die geschlossen Hitlers Ermächtigungsgesetz zugestimmt hat und eine  Übernahme ihrer Fraktion in Form einer Hospitanz in die NSDAP angestrebt hat, was diese jedoch verwehrte. Die CDU sollte sich besser mit ihrer eigenen, wenig ruhmreichen Geschichte auseinandersetzen, als andere belehren oder gar in die Ecke der Verfassungsfeindlichkeit stellen zu wollen.

Die Gründung der KPD am 30. Dezember 1918 war die Reaktion auf die Zustimmung der SPD zu den Kriegskrediten am 4. August 1914 und den damit verbundene Verrat an allen zuvor gefassten Beschlüsse der Sozialistischen Internationale. Ihre Mitgliedsparteien hatten sich geschworen, bei drohenden Kriegen gegen die eigene Regierung zu kämpfen. Die KPD-Gründung war auch eine Antwort auf die Novemberrevolution in Deutschland und die Rolle der Mehrheitssozialdemokratie um Ebert und Scheidemann. Es ist kein Geheimnis, dass Ebert die Monarchie retten wollte und ihr Ende dem Druck des Matrosenaufstandes in Kiel und dem Druck der Straße zu verdanken war. Es ist auch kein Geheimnis, dass er die Räte und Selbstorganisation der Massen hasste. Von ihm ist der Satz überliefert: "Wenn der Kaiser abdankt, dann ist die soziale Revolution unvermeidlich; ich aber will sie nicht, ja, ich hasse sie wie die Sünde." Es ist umstritten ob die Zeit für eine sozialistische Revolution reif war. Rosa Luxemburg war hier zum Beispiel deutlich zurückhaltender als Karl Liebknecht. Es gibt es jedoch keinen Zweifel, dass die SPD die Januaraufstände 1919 mit Hilfe der präfaschistischen Freikorps blutig niederschlagen ließ. Der SPD-Reichswehrminister Gustav Noske erhielt von Ebert den Oberbefehl über die Armee. Noske hatte damals betont, dass er gerne den Bluthund der Gegenrevolution machen würde.

Enttäuscht vom Handeln nicht nur der SPD-, sondern auch der USPD-Führer sah die Spartakus-Gruppe keine andere Möglichkeit, als gemeinsam mit anderen Sozialisten die KPD zu gründen. Alleiniges Ziel und gleichzeitig Legitimation der Gründung war die ihrer Meinung auf der Tagesordnung stehende proletarische Revolution. Diese Einschätzung und die Unterschätzung der Stabilisierungskräfte des Kapitalismus, später auch der faschistischen Massenbewegung führte die noch junge Partei zu teilweise gravierenden strategischen Fehleinschätzungen.

Bereits der Start erfolgte unter schwierigen Bedingungen und legte erhebliche Differenzen über den einzuschlagenden Weg offen. Die von Rosa Luxemburg und dem Spartakusbund vorgeschlagene Beteiligung an den anstehenden Wahlen wurde von einer Mehrheit abgelehnt, die parlamentarische Arbeit und Mitarbeit in den Gewerkschaften als reformistisch und nicht zeitgemäß charakterisiert. Rosa Luxemburg sagte dazu auf dem Parteitag zu den Gegnern der Wahlbeteiligung: "Sie können sich nicht vorstellen, dieses (parlamentarische) Mittel zu gebrauchen im revolutionären Sinn. Sie verstehen: entweder Maschinengewehre oder Parlamentarismus. Wir wollen etwas verfeinerten Radikalismus. Nicht bloß dieses grobkörnige Entweder-Oder. Es ist bequemer, einfacher, aber das ist eine Vereinfachung, die nicht der Schulung und Erziehung der Massen dient."

Dieser Grundkonflikt, die Frage wie die proletarischen Massen gewonnen werden konnten, der Umgang mit der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften begleiteten die Partei während der gesamten Zeit ihrer Existenz. Die Neigung zum sektiererischen Linksradikalismus, vor dem auch Lenin warnte, führte immer wieder zu gravierenden Fehleinschätzungen. Ohne Zweifel beraubte die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, der Tod von Franz Mehring, der wenige Tage später starb, die Ermordung von Leo Jogisches die Partei ihrer klügsten und wichtigsten Köpfe und bedeutete eine schmerzhafte Schwächung der jungen Partei. Eine Fehleinschätzung zum Beispiel war die zuerst geübte Zurückhaltung beim Kapp-Lüttwitz-Putsch im März 1920. "Der Generalstreik gegen diesen konterrevolutionären Putschversuch wurde von den Gewerkschaften organisiert, und erst unter dem Druck der widerstandswilligen Arbeitermassen, sah sich auch die KPD genötigt, sich in die proletarische Abwehrfront einzureihen", schreibt Harald Jentsch in seinem lesenswerten Beitrag zur KPD in der Zeitschrift Z. Die KPD sah im Putsch lediglich einen die Arbeiterklasse nichts angehenden Machtkampf innerhalb der bürgerlichen Klassen.

Der Eintritt der USPD in die KPD, die zur Spaltung der USPD führte und der KPD rund ein Drittel der USPD-Mitglieder zuführte, änderte die Position der kommunistischen Partei schlagartig. Aus einer Partei mit 70.000 Mitgliedern wurde eine Massenpartei mit 350.000 Mitgliedern. Nach dem verlorenen Aufstand im März 1921 verlor die Partei davon wieder 200.000. Ungeduld und Fehleinschätzung der tatsächlichen Lage führten zur blutigen Niederlage. Viele ihrer pragmatisch ausgerichteten Anhänger verließen frustriert die Partei. Der zurückgetretene Vorsitzende Paul Levi wurde wegen der Herausgabe einer Broschüre, in der er die März-Aktion als Bakunistenputsch heftig kritisierte, aus der Partei ausgeschlossen. Damit verlor die KPD einen weiteren wichtigen politischen Kopf, der in der Tradition der Spartakusgruppe stand mitsamt einem Teil seiner Anhänger.

Die Parteiführung um Brandler, Thalheimer, Meyer, Pieck, Eberlein Stoecker und andere entwickelten nunmehr die Taktik der Einheitsfrontpolitk. Konkrete Nahziele, wie die Verteidigung des 8-Stunden-Tages, konkrete Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen, aber auch gegen Aufrüstung und Kriegsgefahr oder für die Entwaffnung und Auflösung aller konterrevolutionären Organisationen sollten in der Zusammenarbeit mit anderen Arbeiterorganisationen, insbesondere der SPD und den Gewerkschaften, durchgesetzt werden. Im gemeinsamen Klassenkampf mit den überwiegend reformistisch geführten Werktätigen wollte die KPD das Vertrauen der Arbeiter gewinnen. Voraussetzung einer wirklichen Einheitsfront waren daher Angebote an die Führungen von SPD und ADGB. Im Kern wurde damit die Politik von Levi in veränderter und erweiterter Form wieder aufgenommen.

Brandler, Meyer und andere versuchten dabei, dem von den Parteilinken vorhandenen Irrglauben entgegenzutreten, die KPD sei alleine stark genug um Massen-Aktionen durchzuführen. Als eine mögliche Konsequenz aus der Einheitsfrontpolitik wurde das Ziel einer Arbeiterregierung entwickelt. Was darunter zu verstehen ist, darunter stellten sich Ultralinke um Fischer, Maslow und die Parteiführung um Brandler und Thalheimer Unterschiedliches vor. Für die Ultralinken konnte eine Arbeiterregierung nur eine unter kommunistischer Führung sein, während für die anderen eine Arbeiterregierung ein Zwischenergebnis im Kampf gegen die Konterrevolution und auf dem Wege zur Erringung der politischen Macht sein konnte. Auf dem Leipziger Parteitag im Januar 1923 wurde letztere Position in Leitsätze gegossen. Damit bot sich der KPD die Möglichkeit, nicht nur ablehnend die Koalitionspolitik der SPD zu bekämpfen, sondern eine eigene positive revolutionär-demokratische Alternative zu entwickeln.

Doch bereits im Oktober 1923 kam die Wende, die das Schicksal der KPD wesentlich in eine andere Richtung drängte. Die Führung der KPD kam zu der Einschätzung, dass die Zeit reif für den Sieg der proletarischen Revolution war. Tatsächlich gab es als Reaktion auf die grassierende Inflation in verschiedenen Teilen des Landes mächtige Demonstrationen und Aufstände, deren Höhepunkt der Cuno-Streik war. Ziel war die Abwahl der reaktionären Cuno-Regierung, die für die stockende Lebensmittelzufuhr verantwortlich gemacht wurde. Die Aufstände und Streiks ebten jedoch ab, als die SPD in eine Koalitionsregierung eintrat, eine Währungsreform durchgeführt wurde und sich die ökonomische Lage wieder stabilisierte. Die KPD Führung kam zu der Einschätzung, dass die Mehrheit der Massen nicht bereit war, um die Eroberung der Macht zu kämpfen. Diese realistische Einschätzung wurde jedoch bei weitem nicht geteilt. Vielmehr wurde die Legende gestrickt, dass die Verhältnisse reif für den Sieg der proletarischen Revolution waren, aber die damalige Zentrale der Kommunistischen Partei mit Brandler an der Spitze den Sieg der Revolution verhindert hat.

Die Auseinandersetzung um die die "verpasste" Revolution 1923 fiel mitten in heftige Richtungsauseinandersetzungen und Nachfolgekämpfe in der KPDSU. Lenin zog sich zurück und nach und nach entschied die Stalin-Fraktion den Kampf um die Nachfolge. Die Theorie vom Sozialismus in einem Land machte die kommunistischen Parteien außerhalb Russlands zum verlängerten Arm der außenpolitischen Interessen und Diplomatie der siegreichen Stalin-Fraktion. Die Bolschewisierung der kommunistischen Parteien wurde auf dem V. Weltkongress der Komintern 1924 beschlossen. Den Widerspruch dazu formulierte einer der Haupttheoretiker und meiner Ansicht nach klügsten Köpfe der KPD, August Thalheimer: "Die russische alte Garde ist in erster Linie angehäufte russische Erfahrung. Das macht ihre Stärke aus, aber auch ihre Schwäche. Sie kann unendlich viel helfen zur Heranreifung der westlichen Parteien, aber nur unter der Bedingung, dass sie nicht glaubt, die westlichen Erfahrungen bereits zu besitzen oder ihrer nicht zu bedürfen. Wird praktisch versucht, die Rolle der russischen Partei festzuhalten, die nur eine vorübergehende sein kann, wird dem unvermeidlichen geschichtlichen Gang entgegen gearbeitet, statt mit ihm zu arbeiten, so kann daraus nur entstehen: praktische Fehlgriffe und Niederlagen, organisatorische Scherbenhaufen." Das Übergewicht der russischen KP, der Sieg des Stalin-Flügels führten zusammen mit der Unterwürfigkeit der Parteiführung zu einem Prozess der Gleichschaltung und Entwertung der kommunistischen Partei, ja der meisten westlichen kommunistischen Parteien.

Die Brandler/Thalheimer-Führung wurde durch die Ultralinken Ruth Fischer und Arkadij Maslow ersetzt, die die KPD bis 1925 mehr oder weniger in die Bedeutungslosigkeit führten und auf Druck von Stalin durch Ernst Thälmann abgelöst wurden. Brandler und Thalheimer erhielten Funktionsverbot in der KPD und wurden 1929 ausgeschlossen. Bis 1928 wurde in mehr oder weniger abgewandelter Form die Einheitsfrontpolitik fortgesetzt, bevor sich dann endgültig der ultralinke Kurs durchsetzte, der die KPD in eine verhängnisvolle Isolierung zu den immer noch mehrheitlich sozialdemokratisch geführten Arbeitern brachte.

Während die Gruppe um Brandler und Thalheimer, die die KPO als Strömung in der KPD gründeten, früh vor der Gefahr des aufkommenden Faschismus warnte und eine Einheitsfront mit den Sozialdemokraten gegen die NSDAP schmieden wollte, unterschätzte die KPD-Führung das Heraufziehen der faschistischen Gefahr. Die eigentliche Gefahr wären nicht die Faschisten, sondern die Sozialdemokraten wären der linke Flügel des Faschismus. Die Ziele der Faschisten und Sozialfaschisten sind dieselben, der Unterschied besteht in den Losungen und teilweise auch Methoden, hieß es. Vom 10. Plenum des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale wurde diese These im Juli 1929 formell bestätigt. Demnach war die Sozialdemokratie lediglich eine bloße Variante des Faschismus und jegliche Einheitsfront der kommunistischen Parteien mit den sozialdemokratischen unzulässig. Auf ihrem Parteitag 1929 schloss sich die KPD dieser These an. Diese Linie wurde sowohl von der KPO als auch von den Trotzkisten vehement, aber leider erfolglos bekämpft. Umgekehrt sahen auch die Sozialdemokraten in den Kommunisten häufig keine Verbündete gegen den Faschismus. Kurt Schuhmacher bezeichnete die Kommunisten 1930 als rotlackierte Doppelausgabe der Nationalsozialisten. Die CDU Berlin lässt grüßen.

Eine zweite verhängnisvolle Fehleinschätzung der KPD war der Rückzug aus den vermeintlich verräterischen und sozialdemokratisch geführten ADGB-Gewerkschaften und der Bildung eigener revolutionärer Gewerkschaften. Ab 1930 wurde die RGO als rote Klassengewerkschaft propagiert. Diese blieb jedoch klein, konnte nie größere Teile der Arbeiter organisieren und die Hälfte der Mitglieder war arbeitslos. Sie konnte auch keine nennenswerten Streiks organisieren. Ihre Arbeitskampffähigkeit blieb weit hinter der des heftig kritisierten ADGB zurück. Die KPD überließ damit jedoch die Gewerkschaften den Sozialdemokraten und gab ihren teilweise erheblichen Einfluss in lokalen Gewerkschaftsgliederungen und in den Betrieben zu Gunsten einer abenteuerlichen Gewerkschaftsstrategie auf. Viele erfahrende kommunistische Gewerkschafter machten diese Politik nicht mit und verließen die KPD.

Natürlich ist es Spekulation, ob durch die meines Erachtens richtige Strategie der Einheitsfrontpolitik der Faschismus verhindert werden hätte können. Sicher ist dagegen, dass durch die Fehleinschätzung die Gefahr des Faschismus unterschätzt und durch eine falsche politische Strategie die Chance auf eine Einheitsfront gegen den Faschismus vertan wurde. Die Aufrufe zum Generalstreik der KPD am 30. Januar 1933, der auch ein Angebot an die SPD und Gewerkschaften enthielt, wurden nicht befolgt. Lediglich in Mössingen, einem 4000 Seelen-Dorf am Fuße der Schwäbischen Alb, fand ein Generalstreik statt. KPD und SPD wurden verboten, wie später alle Parteien, außer der faschistischen, viele ihrer Mitglieder wurden terrorisiert und in den faschistischen Konzentrationslagern ermordet. Die größten Arbeiterparteien im Westen waren nicht in der Lage, die Gefahr der faschistischen Massenbewegung rechtzeitig zu erkennen und eine Einheitsfront gegen den Faschismus zu bilden. Erst 1935, viel zu spät, wurde die Sozialfaschismustheorie von der Komintern korrigiert und durch die Volksfrontpolitik, die auch ein Bündnis mit bürgerlichen Parteien einschloss, abgelöst.

Natürlich läuft ein zeitlich begrenzter Vortrag über eine geschichtlich entscheidende Phase einer Partei immer Gefahr verkürzter oder auch vereinfachter Beurteilungen. Trotzdem will ich aus der Geschichte der KPD von ihrer Gründung bis zur Machtübernahme des Faschismus 1933 einige Schlussfolgerungen für unsere heutige linke Partei ziehen.

1. Demokratie und Sozialismus gehören zusammen. Die Worte von Rosa Luxemburg zur russischen Revolution haben heute noch Gültigkeit. "Ohne allgemeine Wahlen, ungehemmte Presse und Versammlungsfreiheit, freien Meinungskampf erstirbt das Leben in jeder öffentlichen Institution, wird zum Scheinleben, in der die Bürokratie allein das tätige Element bleibt. Das öffentliche Leben schläft allmählich ein, einige Dutzend Parteiführer von unerschöpflicher Energie und grenzenlosem Idealismus dirigieren und regieren, unter ihnen leitet in Wirklichkeit ein Dutzend hervorragender Köpfe, und eine Elite der Arbeiterschaft wird von Zeit zu Zeit zu Versammlungen aufgeboten, um den Reden der Führer Beifall zu klatschen, vorgelegten Resolutionen einstimmig zuzustimmen, im Grunde also ein Cliquenwirtschaft - eine Diktatur allerdings. Aber nicht die Diktatur des Proletariats, sondern die Diktatur einer Handvoll Politiker, das heißt Diktatur im rein bürgerlichen Sinne." Demokratie heißt für die Linke unter anderem auch, dass die bürgerlichen Rechte verteidigt und weiterentwickelt werden, Demokratie auch für die wirtschaftliche Organisation gelten muss und vor allem die demokratischen Rechte für alle Menschen materiell verwirklicht werden.

2. Linke Parteien leben von lebendiger Diskussion und innerparteilicher Demokratie. Deshalb ist für mich die Existenz einer linkspluralistischen Partei mit verschiedenen Strömungen und Traditionslinien ein historischer Fortschritt. Sie kann nur als demokratische Mitgliederpartei gedacht und gelebt werden. Die demokratische kulturelle Herausforderung ist die inhaltlich kontroverse Debatte in der Sache, deren konstruktive inhaltliche Auflösung, die Respektierung von Minderheitenpositionen und die gemeinsame politische Umsetzung der Mehrheitspositionen in praktische außerparlamentarische und parlamentarische Politik,

3. Für Linke muss es darum gehen ihre Positionen bei der Mehrheit der Bevölkerung, insbesondere der Lohnabhängigen, Erwerbslosen und RenterInnen zu verankern und sie für ihre politischen Ziele zu gewinnen. Dabei geht es immer um die Organisierung und Selbstorganisation der Menschen. Die hierzu notwendige Arbeit in den Gewerkschaften und den Betrieben, in den Wohngebieten, in der Gesellschaft, in gesellschaftlichen Initiativen ist Basis linker Politik. Die Auffassung, dass nur eine Minderheit entschlossener Revolutionäre vorangehen muss, führt in der Regel zur völligen Fehleinschätzung der Kräfteverhältnisse. Ebenso die Meinung, es könnte populistische Abkürzungen geben. Es geht immer um Emanzipation im erweiterten Sinne. Gleichzeitig geht es darum gesellschaftliche Bündnisse zu schließen um für konkrete Verbesserung zu kämpfen. Der Spaltung und Prekarisierung der Lohnabhängigen und Schwächung der Gewerkschaften setzen wir das Konzept einer verbindenden Klassenpolitik entgegen. Auch vom Aufbau von Arbeitersportvereinen, Konsumgenossenschaften und Kulturvereinen können wir einiges lernen, ohne die damaligen Formen einfach in die heutige Zeit übertragen zu wollen.

4. Das Verhältnis zur Sozialdemokratie oder auch zu den sozialdemokratisch denkenden Menschen, deren Zahl weit über die Reichweite der SPD hinausgeht ist auch heute noch eine wichtige Frage linker Politik. Wir können von der Idee der Einheitsfrontpolitik lernen. Das heißt, Angebote für den Kampf um konkrete Verbesserungen oder auch Reformen machen und gemeinsame Erfahren in Auseinandersetzungen und Kämpfen sammeln. Das darf keinesfalls mit opportunistischer Anpassung verwechselt werden.

5. Die Verharmlosung oder Unterschätzung der Gefahren rechter oder gar neofaschistischer Politik ist gefährlich. Falsch ist jedoch auch, jede rechte Politik als faschistisch zu charakterisieren. Das führt ebenfalls zu einer Verharmlosung des Faschismus und verkennt zu welcher Brutalität und offenen Diktatur er in der Lage ist. Heute erleben wir wieder ein Erstarken rechtsradikaler Kräfte, nicht nur in Deutschland, in ganz Europa, in den USA und auch in Lateinamerika. Das Scheitern des Neoliberalismus führt keinesfalls zwangsläufig zu einem Erstarken der Linken. Heute stehen die Rechten für eine autoritäre Variante des Kapitalismus bereit, wie wir es unter Orban in Ungarn, Trump in den USA oder Bolsonaro in Brasilien beobachten können. Das gilt es zu verhindern. Unsere wichtige Aufgabe ist es, Alternativen zur herrschenden Politik und zum Kapitalismus aufzuzeigen, Kämpfe und gesellschaftliche Auseinandersetzungen und Bündnisse zu organisieren und die politischen Verhältnisse nach links zu verschieben. Was wir von unseren historischen Vordenkern lernen können. Wer das mit ganzem Herzen, mit Begeisterung für die Sache macht, kann andere begeistern. Gemeinsam. Vorwärts und nicht vergessen!