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Magdeburger Parteitag

Reden und Grussworte

Magdeburger Parteitag

Gemeinsam auf den Weg!

Rede von Hans Modrow, Vorsitzender des Ältestenrates

Liebe Genossinnen und Genossen, euch liegt der schriftliche Bericht über die Tätigkeit eines vom Parteivorstand neu berufenen Ältestenrates vor. Im mündlichen Bericht möchten wir unsere Aussagen zu Kuba noch ergänzen. Mit den Beschlüssen und der strategischen Orientierung des 7. Parteitages der Kommunistischen Partei ist Kuba entschlossen, den revolutionären Prozess als sozialistisches Land auf neuer Stufe fortzusetzen. Für uns sollte gelten: Wer Revolution und Sozialismus sagt, ist zur Solidarität mit Kuba und den Linksentwicklungen in Lateinamerika herausgefordert. Dem Bestreben imperialer Mächte für einen Wechsel des politischen Systems vonseiten der USA und auch der BRD sollten wir unsere Entschlossenheit für die Fortsetzung des revolutionären sozialistischen Weges in Kuba entgegenstellen.

Nun etwas zu den deutschen und den europäischen Verhältnissen. Ein Wort steht wie kaum zuvor im Raum – es heißt »Krise«. Finanzkrise, Euro-Krise, Ukraine-Krise, Flüchtlingskrise, Milchkrise …. Kurz – wir erleben eine allgemeine Krise des realen Kapitalismus, den auch führende Sozialdemokraten, wie Helmut Schmidt, als »Raubtierkapitalismus« bezeichnet haben.

Vor 25 Jahren, am Ende des Kalten Krieges zwischen den politischen Blöcken, behaupteten die Sieger, dass sich nun weltweit Frieden, Demokratie und Marktwirtschaft entwickeln würden. Stattdessen haben wir es mit heißen Kriegen mit Hunderttausenden Toten, mit vielen Millionen Flüchtlingen, zerstörten Städten und Weltkulturschätzen zu tun. Diese 25 Jahre haben nicht einfach die Schere zwischen Armut und Reichtum gerade in den westlichen Industriestaaten weit wie noch nie geöffnet, sondern eine Ausbeutung geschaffen, die zum Zerfall ganzer Sozialsysteme und Gesellschaften mit vielfältig wachsenden Gegensätzen führt.

Was sich gegenwärtig vollzieht, ist eine historische Zäsur von globalem Ausmaß, weil Politik weltweit von neoliberal ausgerichteter Wirtschaft dominiert wird. Für Frau Merkel eine »marktkonforme Demokratie«.

Und diese Politik wird von einem ebenso irrational diffusen wie rabiaten Antikommunismus begleitet. Als wirkungsvolles Instrument dient dabei speziell in Deutschland die Dämonisierung der DDR. Leider ist DIE LINKE bis in die Regierungstätigkeit hinein, anstatt historisch seriöse Darstellung zu leisten, eher zur bereitwilligen Teilnahme an dieser Dämonisierung bereit.

Pegida und Ableger davon formieren sich. Die Parteien zeigen sich enttäuscht und hilflos. Dann brennen Flüchtlingslager und die Ermittlungsbehörden machen offenbar Dienst nach Vorschrift. Wie hoch ist die Aufklärungsrate?

Jetzt gibt es die »Allianz für Deutschland«. Dieser Name ist übrigens nicht neu, wenn wir an die letzte Wahl in der DDR denken. Dahinter versteckt sich ein Inhalt, der nach den drei letzten Landtagswahlen die zwingende Frage stellt: Was hat sich da in der Gesellschaft von unten angestaut, dass so viele Wähler für eine Partei plädieren, die ihnen wahrlich keine Lösung ihrer materiellen und ideellen Probleme zu bieten hat?

Wenn heute 82 Prozent Regierungsmehrheit im Bundestag sitzt und eine schwache und schwächelnde Opposition dagegen halten soll – wo kann da wohl Änderung herkommen? Umfragen sprechen von gerade noch ca. 50 Prozent Zustimmung zu dieser Koalition. Wer »Raubtierkapitalismus« sagt, sollte nicht übersehen, dass in ihm auch faschistische Elemente als scheinbare Lösung Platz finden könnten. Zur historischen Zäsur gehört auch die Tatsache, dass Deutschland seit dem 1. Mai 2016 in Stuttgart eine Rechtspartei mit wachsender Zustimmung in breiten Teilen der Gesellschaft und verbündet mit erzreaktionären Kräften und Parteien von Ost- bis Westeuropa besitzt. Eine Erscheinung, die es in diesem Ausmaß erstmalig seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges gibt.

Das Potsdamer Abkommen von 1945 und der Österreich-Vertrag von 1955 wurden ohne Verteidigung aus dem Völkerrecht verdrängt. Aus 2 + 4 ist nun 1 + 3 geworden, und Deutschland lädt ins Kanzleramt ein. Die vierte Siegermacht, die die Hauptlast beim Sieg über den Faschismus getragen hat, wird zum Feind erklärt. Unsere Frage bleibt: »Meinst du, die Russen wollen Krieg?«

Und damit ein Wort an uns selbst. »Keine Panik!«, hieß es unwidersprochen nach den drei Landtagswahlen im Parteivorstand. Mails seien schon ausgetauscht. »Keine Debatte über Personen!« wird gefordert. Nicht gesagt aber wird, welche Debatten dringend nötig sind, zum Beispiel welche Elemente von Demokratie den Bürgern real erlebbar gemacht werden müssen, im täglichen Leben, nicht nur als rhetorische Bekenntnisse vor einer Kamera oder bei Ansprachen im Parlament.

Linke sozialistische Politik kann nur hart erarbeitet werden. Wenn die Vorsitzende den Ältestenrat auffordert, an der Strategiedebatte der Partei teilzunehmen und sie mitzugestalten, aber eine solche nicht stattfindet, sondern lediglich ein Schlagabtausch zwischen Personen und Papieren, dann sieht das alles nicht gut aus. Und das ist sehr gelinde gesagt. Wenn Wahlniederlagen ausgeblendet werden, rotes Regieren oder Mitregieren Abbau politischen Profils toleriert, dann hört DIE LINKE auf, gegen den Strom eines gefährlichen Zeitgeistes zu schwimmen. Damit weicht sie ihrer historischen Herausforderung aus.

In der Geschichte der Arbeiterbewegung, aus der wir schließlich kommen, haben linke Parteien immer Wert darauf gelegt, gemeinsam stark zu sein und Zukunftsansprüche der nächsten Generationen organisatorisch und programmatisch zu integrieren. Wenn Katja (Kipping) die Rentner von heute auffordert, auf der Straße gegen Rentenunrecht zu protestieren, dann sollten wir auch die jüngeren Generationen auffordern, es gemeinsam zu tun. Gerade in der Rentenfrage sollten wir uns allen Versuche einer Gegenüberstellung der Generationen entgegenstellen – soziale Gerechtigkeit braucht den gemeinsamen Kampf aller Generationen. Es sollte uns, und mehr als bisher, bewusst sein, dass der Erfahrungsschatz aller – ich betone aller – Generationen für die Zukunftsfähigkeit der Partei gebraucht wird.

Machen wir uns gemeinsam und entschlossen auf den Weg!