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Bonner Parteitag

Europa ist ein linkes Projekt

Rede von Gabi Zimmer, Vorsitzende der Fraktion GUE/NGL im Europäischen Parlament

Europa ist eigentlich ein linkes Projekt. Die von Zeus entführte kleinasiatische Prinzessin Europa war die erste Migrantin. Wir kämpfen für die Rechte von Migrantinnen und Migranten. Wir sind Internationalisten, stehen für länderübergreifende Zusammenarbeit. Unser Herz hat immer auf der Seite derer geschlagen, die sich gegen Unterdrückung, hegemoniale Strukturen, Ausbeutung und Krieg gewehrt haben, die für ihre Rechte und die Rechte aller eingetreten sind. Wir wollen weder auf Kosten anderer Menschen, noch auf Kosten anderer Generationen, noch auf Kosten von Umwelt und Natur leben. Nicht hier in Deutschland, nicht in der EU, nicht in Europa, nicht in der Welt! Wir wollen Kriege, militärische Aufrüstung und atomare Nachrüstung verhindern - gemeinsam mit vielen anderen Friedenskämpferinnen und -kämpfern. Das ist untrennbar mit unserer DNA als Linke verbunden. Deshalb können wir als Linke nur Europäerinnen und Europäer sein.

Wir wollen, dass die Europäische Union und mit ihr Europa Menschlichkeit und Solidarität leben.

Die Leidensgeschichte um den Brexit mit allen seinen möglichen Folgen für die Menschen in Großbritannien, Nordirland, Irland und den anderen 26 Mitgliedstaaten der EU macht deutlich, wie zerrissen die Union ist. Die dramatische Kürzungspolitik von Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds gegenüber den Menschen in Griechenland, Spanien, Portugal, Irland und die damit verbundene Abschaffung sozialer und demokratischer Grundrechte haben vielen Menschen die EU entfremdet. Das Sterben der Menschen auf dem Mittelmeer, die Schließung von Häfen für private Seenotrettungsschiffe, die Abschottung der EU machen uns fassungslos und treiben uns die Schamröte ins Gesicht.

Mut und Hoffnung geben uns der griechische Kapitän, der hunderte von Menschen vor dem Ertrinken gerettet hat, der leider kürzlich verstorbene Bäcker in Griechenland, der täglich Flüchtlinge unentgeltlich mit Brot versorgte. Die Protestaktionen gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung, die Solidarität mit den Aktivist*innen auf den Booten sollten uns motivieren. Das andere Europa, die andere EU - das sind auch die Bürgermeister mehrerer Großstädte in der EU, die in der Erklärung von Rom klarstellten, dass ihre Städte Flüchtlinge auch weiterhin willkommen heißen werden. Oder die junge Klimaaktivistin Greta Thunberg aus Schweden, der inzwischen Tausende junge Menschen in vielen EU-Mitgliedstaaten im Kampf gegen den Klimawandel folgen.

Es sind die Menschen, die Europa und die EU ausmachen und denen wir uns in unserem Kampf für ein anderes Europa, eine andere EU verpflichtet fühlen müssen. Deshalb stehen wir heute hier.

Seit zwei Jahren erklären die Regierungschefs der Mitgliedstaaten jeweils vor dem Europaparlament, wie sie sich die Zukunft der Union vorstellen. Hat sich einer von euch diese Debatten mal mit angehört? Solltet Ihr es getan haben, müsstet Ihr zwangsläufig zu einer Schlussfolgerung kommen:  Die kriegen es nicht hin. Sie verspielen die Zukunft der Union. Weder Merkel, Macron noch Juncker sind dazu in der Lage. Sie kommen nicht aus ihrem neoliberalen Denken heraus.

Im Gegenteil, sie verschärfen die Krise und glauben tatsächlich, dass sie mit der Schaffung eines gemeinsamen Rüstungsmarktes, der Forschung und Entwicklung gemeinsamer Waffen die EU retten. Das war ihre erste Antwort nach dem Referendum zum Brexit und viel weiter sind sie auch heute noch nicht.

Blöd ist nur: Die Rechten tun so als hätten sie die Alternative und zu viele glauben ihnen. Aber: Ihre Vorstellungen sind noch unsozialer, undemokratischer als die heutige EU. Und sie sind im Kern menschenfeindlich!

Die Zeit läuft davon. Wir haben als europäische Linke gar keine andere Wahl als uns endlich der Aufgabe zu stellen eine überzeugende Vision für die Zukunft Europas und der EU zu entwickeln. Und wir müssen konkrete praktische Vorschläge machen, um die Politik in der EU und ihren Mitgliedstaaten zu ändern. Wir müssen sagen, was wir tun und mit wem wir es tun wollen. Wie verändern wir die Kräfteverhältnisse, um gesellschaftliche Mehrheiten zu erreichen?

Unser Verhältnis als Linke zur EU wird durch zwei Grundsätze bestimmt, die Etienne Balibar, französischer Philosoph, auf den Punkt brachte:

  • wir wissen, dass die europäische Integration unverzichtbar ist, und wir wissen, dass die EU so wie sie heute ist, diese nicht leistet.
  • wir wissen auch, dass es zwischen der neoliberalen und der sozialistischen Orientierung für die Zukunft Europas keinen Mittelweg geben kann.

Einfacher kann man es nicht sagen!

Aus diesem Grund haben einige Abgeordnete der linken Fraktion im Europaparlament vor zwei Jahren begonnen, sich mit dem Manifesto von Ventotene zu beschäftigen. Wir wollten wissen, wie es die drei italienischen Antifaschisten, die unter Mussolini auf Ventotene gefangen gehalten wurden, schafften, einen solchen Text zu schreiben, den sie später aus dem Gefängnis schmuggelten.

Einen Text, aus dem ich zitiere: „Die europäische Revolution muss sozialistisch sein, um unseren Bedürfnissen gerecht zu werden: sie muss sich für die Emanzipation der Arbeiterklasse und die Schaffung menschlicherer Lebensbedingungen einsetzen.“

2017, 60 Jahre nach der Unterzeichnung der Römischen Verträge, taten die Regierenden so, als seien sie die Erben dieses Manifests. Sie verschwiegen, dass Spinelli, Rossi und Conelli eine sozialistische europäische Vision vorschwebte. Sie soll die Freiheit der Menschen garantieren  und künftige Kriege zwischen den Staaten in Europa verhindern.

Wir sind heute aufgefordert, als linke Europäerinnen und Europäer diesen Kampf um die Europäische Integration wiederaufzunehmen. Ihn nicht den Rechten, Neoliberalen zu überlassen.

Die Antwort auf die Entwicklung der letzten beiden Jahrzehnte ist aber nicht die Re-Nationalisierung!

Vor wenigen Monaten hatte die rechte, nationalistische Regierung Österreichs die Ratspräsidentschaft inne. Ihr Motto lautete: Ein Europa, das schützt. Es ging ihnen nicht um den Schutz sozialer Rechte der Menschen in Österreich. Die Regierung Kurz /Strache hat das Österreichische Arbeitszeitgesetz krass verändert und damit Gewerkschaften und Opposition überrumpelt. 70 Stunden die Woche als zulässige Höchstarbeitszeit. Das war eine klare Botschaft gegen die sozialen und Beschäftigungsrechte n Österreich, aber auch in der EU. Nein, unter einem Europa, das schützt, versteht die rechtsnationalistische Regierung die Schließung und Abschottung der EU-Außengrenzen, die Kriminalisierung der Seenotrettung, den massiven Ausbau von Frontex, die schnellstmögliche Abschiebung von Flüchtlingen und Migranten in Krieg, Verfolgung, Not und Lager.

Die Widersprüche in der EU verschärfen sich. In den letzten Jahren gibt es immer mehr Regierungen, die wie in Österreich, Italien, Polen oder in Ungarn, nur auf ihre Machtinteressen im eigenen Land schauen. Sie pfeifen auf Gewaltenteilung, demokratische Werte, die Unabhängigkeit von Medien, Wissenschaft, die Rechte von Menschengruppen. Sie beschließen wie die Orban-Regierung Gesetze, wonach Obdachlose verhaftet werden können. Regierungen, die offen Antisemitismus propagieren und innere und äußere Feindbilder schaffen.

Uns lässt der Rechtsruck in vielen Mitgliedstaaten nicht gleichgültig. Schon jetzt vergiften rechte, nationalistische Abgeordnete das Klima im Europaparlament. Diese Leute benötigen keine Mehrheiten, um ihre Parolen los zu werden. Sie kennen keine Grenzen, keine Scham. Sie scheren sich nicht um Geschäftsordnungen, Verhaltenskodex. Ihnen reicht die pure Provokation.

Spätestens die Vorgänge um den Brexit haben gezeigt, dass es reicht, immer wieder mit Unverschämtheiten, bewussten Lügen die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen. Auf diese Weise diktieren sie immer mehr die öffentliche Meinung. Die Zeche bezahlen die anderen.

Die EU-Bürger in Großbritannien, die britischen Bürger in der EU, die Menschen in Nordirland und in der Republik Irland. Bei aller Kritik an den nicht ausreichenden sozialen und Beschäftigungsschutzregeln in der EU - die Grundrechtecharta der EU ist aber zunächst ein wichtiges Instrument, um die Einhaltung der Grundrechte in den Mitgliedsstaaten, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einzufordern!  Das steht für viele Bürgerinnen und Bürger jetzt auf dem Spiel.

In einer solchen Situation fällt es besonders ins Gewicht, wenn Linke in ihrem Verhältnis zur EU im Ungefähren bleiben, in ihren Positionen nicht klar erkennbar sind. Zu den Lehren des Brexits sollte für die Linke in Europa, in der EU zählen, dass die Kämpfe um soziale Gerechtigkeit, gute Arbeit, für ein Leben ohne Armut, für intakte Gesundheits- und Bildungssysteme, kulturelle und soziale Dienstleistungen nicht getrennt von der europäischen, EU- und der nationalen Ebene geführt werden können. Die Gefahr eines No Deals ist dramatisch gewachsen.

Es ist unsere Aufgabe, darüber aufzuklären, wie die EU funktioniert. Auch wir Linke müssen das wissen. Nichtwissen schützt vor Strafe nicht. Es geht um die Widersprüche, die wir für unsere Ziele besser nutzen müssen.

Welche Verantwortung tragen die Regierungen der Mitgliedstaaten? Wir müssen für mehr Transparenz sorgen. Somit helfen wir viel mehr Menschen, ihre demokratischen Rechte wahrzunehmen und sich einzumischen. Ein wichtiger Schritt, um dem Gefühl der Machtlosigkeit, das viele Menschen haben, etwas entgegenzusetzen.

Und immer die Frage: Was tun?

Die Fraktion der GUE/NGL hat in den zurückliegenden Jahren immer wieder das Sterben im Mittelmeer, an den Außengrenzen der EU skandalisiert. Wir haben uns mit Aktivisten von Flüchtlings- und Seenotrettungsinitiativen getroffen, uns mit ihnen solidarisiert und waren in zahlreichen Flüchtlingslagern. Wir haben immer wieder den internationalen Schutz und die Rechte von Migrantinnen und Migranten in den Vordergrund gestellt. Wir haben wesentlich dazu beigetragen, dass das EP mit großer Mehrheit Kriterien für die Reform der Dublin-Richtlinie verabschiedet hat. Wir haben zusammen mit Abgeordneten anderer Fraktionen Vorschläge erarbeitet, um legale und sichere Wege in die EU zu schaffen.

Die Delegation des EP zu den Verhandlungen mit Rat und Kommission über die Neuansiedlung (resettlement) von Flüchtlingen wird von einer schwedischen Abgeordneten unserer Fraktion geleitet. Es war für uns ein großer Erfolg, dass das Parlament die Linie der Kommission zurückgewiesen hat, die die Umsiedlung der Flüchtlinge zu einem Instrument der Migrationskontrolle machen wollte. Unsere Abgeordneten haben es erreicht, dass die Neuansiedlung von Flüchtlingen die humanitäre Antwort auf die globale Flüchtlingssituation ist. Wir haben verhindert, dass dieses Instrument zur Erreichung außenpolitischer Ziele und zur Kontrolle der Grenzen von Drittstaaten missbraucht wird. Diese Positionen des Parlaments verteidigen wir in den Verhandlungen. Wir nehmen dabei auch nicht hin, dass der Rat seit vielen Monaten wichtige Entscheidungen zum Gesamtpaket für eine gemeinsame europäische Asylpolitik blockiert.

Die EU hat 2015 dazu beigetragen, zwei wichtige globale Abkommen zu initiieren. Die Abkommen zu den Zielen globaler Entwicklung bis 2030 (Sustainable Development Goals) und zu Bekämpfung globaler Erderwärmung (Pariser Deal). Die EU hat diese Abkommen ratifiziert und sich zu deren Umsetzung verpflichtet. Dafür engagieren sich sehr verschiedene politische und zivilgesellschaftliche Kräfte. Ich sehe hier die Chance für die Bildung neuer Bündnisse.

Eine Politik der EU und ihrer Mitgliedstaaten, die auf die Umsetzung dieser Abkommen zielt, würde die Bedingungen für eine sozial und ökologisch nachhaltige Entwicklung in Europa und der Welt deutlich beeinflussen. Letztendlich liegt darin auch der Schlüssel für die Lösung der globalen Migrationsbewegung.

Die künftige Fraktion und Delegation der Linken im EP wird und muss diese Arbeit der Fraktion fortsetzen.

Die Zusammensetzung der GUE/NGL, ihr breites Spektrum und das spezifische Profil, das die unterschiedlichen Parteien in die Fraktion einbringen, ist unsere Stärke. Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, Feministinnen, Tierschützer, Grün-Linke, Aktivistinnen aus sozialen Bewegungen prägen das Profil der Fraktion ebenso wie jene Abgeordnete, die sich besonders für den Datenschutz, die persönlichen Freiheitsrechte, gegen die Zensierung des Internets einsetzen. Klar erkennbar ist unsere Fraktion aber auch in Punkto Freihandelsverträge. TTIP, CETA und wie sie alle heißen- unsere Fraktion hat hier immer um Allianzen im EP gerungen. Gemeinsam mit vielen Initiativen unterstützen wir globale Aktionen zu den binding treaties, zur Beendigung der Straflosigkeit globaler Konzerne uvm. Wir sind als Fraktion eine feste Adresse, wenn es den Schutz und die Rechte von Tieren geht. Wir bieten linken Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, Lokalpolitikerinnen und -politiker, Feministinnen regelmäßig den Raum, sich zu vernetzen, zu diskutieren und neue Projekte abzusprechen.

Für die weitere Stärkung und Profilierung der Fraktion ist wichtig, dass sich die Linke in ihrem Europawahlprogramm konkrete Aufgaben stellt und ihren künftigen Abgeordneten ein klares Mandat überträgt:

  •  Sich für die Umsetzung der beiden genannten UN-Abkommen einzusetzen,
  • Für die individuellen und kollektiven Rechte zu streiten, so wie sie in der Grundrechtecharta der EU, in der revidierten Fassung der Europäischen Sozialcharta, in den internationalen  Konventionen und Abkommen zu den Menschenrechten  formuliert sind!
  • Militärische Abrüstung zu fordern und den bedingungslosen Beitritt der EU zum UN-Prozess der Ächtung und Abschaffung aller Atomwaffen zu unterstützen! (siehe Scheitern INF-Vertrag)

Die neue Delegation der Linken sollte sich auch weiterhin mit den anderen Linken im Europaparlament für die Aufnahme des von Gewerkschaften, sozialen Organisationen und Initiativen geforderten Sozialprotokolls in die EU- Verträge einsetzen. Dieses könnte unter anderem auch eine gesetzliche Fortschrittsklausel für demokratische, soziale und ökologische Standards enthalten. D.h., dass im EU-Recht festgeschriebene demokratische und soziale Rechte sowie ökologische Kriterien nicht mehr abgesenkt, sondern nur noch angehoben werden können.

Die in einzelnen Mitgliedstaaten der EU erreichten höchsten Standards wie z.Bsp Mindesteinkommen und –löhne werden geschützt. Sie würden als Maßstab gelten, um auch in anderen Mitgliedstaaten dieses Niveau Schritt für Schritt zu erreichen. Und ich halte es auch für sinnvoll, den Vorschlag von Professor Klaus Dörre aufzugreifen: Die Schaffung eines EU-Streikfonds, durch den grenzüberschreitende Arbeitskämpfe in transnationalen Unternehmen unterstützt werden können.

Die Delegation der Linke im EP kann solche und weitere Projekte nur gemeinsam mit der Fraktion der GUE/NGL auf den Weg bringen. Deshalb gehören Kooperation und Kommunikation zu den entscheidenden Boraussetungen, die Abgeordnete unserer Partei mitbringen müssen. Wir werden nicht einfach festlegen können, in welchen Ausschüssen unsere Abgeordneten arbeiten. Manche wie der Aussenpolitische Ausschuss, der Sozial- und Beschäftigungsausschuss, der Umwelt- und der Landwirtschaftsausschuss werden in der Fraktion hart umkämpft sein.

Die künftige Arbeit in der linken Fraktion im Europaparlament (GUE/NGL)

Die GUE/NGL hat sich in den letzten Jahren verändert, sich geöffnet. Die Delegation der deutschen Linken hat diese Öffnung immer unterstützt. Es hat gutgetan, dass Parteien, die eine ganz andere Erfahrung, andere politische Kämpfe geführt haben, die Fraktion verstärkt haben.

Parteien mit einem Bewegungshintergrund wie Podemos, Syriza oder France Insoumise. Sinn Fein aus Irland, unsere baskischen Freunde wiederum kommen mit ganz anderen Sichtweisen in die Fraktion. In Europa muss es heute möglich sein, Konflikte durch politischen Dialog, Respekt und die Achtung demokratischer Entscheidungen zu lösen. Das setzt voraus, dass die Menschenrechte gegenüber Häftlingen und ihren Familienangehörigen gewahrt werden. Das gilt in Spanien ebenso wie in der Türkei. Von dieser Stelle solidarischer Gruß an die Freunde der HDP, von denen viele zur Zeit in Haft sitzen oder mit absurden Haftstrafen in den nächsten Wochen rechnen müssen. Besonderer Gruß an Leyla Güven!

Die Öffnung der Fraktion hat uns geholfen, den ewigen Kreislauf unserer Diskussionen zu durchbrechen, die oftmals nach dem Motto liefen „Und ewig grüßt das Murmeltier“.

Ja, es stimmt. manchmal waren wir nicht sicher, ob wir die Arbeit in der Fraktion gemeinsam durchhalten. Wir haben es aber und das zählt.

Auch die Linken in Europa sind nicht ungerupft durch die harten und unruhigen Zeiten gekommen. Für Syriza waren die Herausforderungen besonders hart. Es hat Kontroversen um die Syriza-Regierung unter uns Linken gegeben. Konflikte hatten sich zugespitzt.

Wir brauchen uns gegenseitig. Wir schwächen uns, wenn wir versuchen,uns auf Kosten der einen  durchzusetzen. Wir machen uns Sorgen um Italien und hoffen sehr, dass es gelingt, eine Gemeinsame Liste linker Parteien und Bewegungen zu den Europawahlen aufzustellen. In Frankreich sortiert sich die Linke völlig neu.  Die Fraktion im EP  bringt Linke zusammen. Auch die, die sich zu Hause als Konkurrenten betrachten. Das, was sich in den einzelnen linken Parteien abspielt, hat Auswirkungen auch auf unsere Fraktion. Allein in dieser Legislatur sind 11 Mitglieder aus ihren Delegationen ausgetreten. Wir haben sie aber alle in der Fraktion halten können und in die Arbeit integriert.

Es war sehr wichtig, dass sich im vergangenen November die Vorsitzenden der in der Fraktion vertretenen Parteien in Brüssel getroffen haben. Wir haben mit ihnen die Zukunft der Fraktion diskutiert. Alle wollen die Zusammenarbeit in der Fraktion fortsetzen.

Wir gehen jetzt den nächsten Schritt, in dem wir uns auf die nächste Wahlperiode vorbereiten. Es ist durchaus vorstellbar, das neben all den bereits jetzt vertretenen Parteien weitere hinzukommen bzw. sich Parteien zu gemeinsamen Listen zusammenschließen, um somit den Wiedereinzug ins EP zu schaffen.

Es gibt ja auch viele Fragen in unserer Partei zum Beispiel zu DIEM 25, einem Bestandteil des Bündnisses Europäischer Frühling. Varoufakis tritt in Deutschland als Spitzenkandidat mit einer Liste an.

Was immer wir auch davon halten mögen, wir sollten nicht vergessen, dass es gerade für den ehemaligen Finanzminister Varoufakis eine besondere Herausforderung ist, in Deutschland politisch aufzutreten. Die Bundesregierung, insbesondere Schäuble und Merkel, kann man nun nicht gerade von Schuld und Verantwortung für die dramatische humanitäre Krise in Griechenland freisprechen.

Es sei wie es sei - Yannis Varoufakis hat dieser Tage um die Mitgliedschaft der griechischen Partei in der Fraktion gebeten. Wir werden in den kommenden Tagen darüber formell entscheiden, was immer sich daraus auch für eine kommende Fraktion ergeben sollte.

Aber zunächst müssen erst einmal alle wiedergewählt oder neugewählt werden.

Hoffen tun wir u.a. auf die belgische Partei der Arbeit und auf die slowenische Linke. Für die Mitgliedschaft in der kommenden Fraktion gilt, dass sie offen ist gegenüber allen linken, progressiven Parteien und Bewegungen, die sich mit den Zielen und den Grundsätzen der Fraktion identifizieren und sich gegenseitig respektieren. Das konföderale Prinzip gilt weiter. Darüber sind sich alle bisherigen Mitglieder der Fraktion einig.

Auch von der neuen Delegation der Linken, die im Ergebnis der Europawahlen zustande kommt, wird wieder viel abverlangt werden. Die Abgeordneten und die Delegation die Linke im EP haben Eigeninteressen zurückstecken müssen. Das war nicht immer einfach. Letztlich hat sich die Delegation immer wieder als Brückenbauerin erwiesen. Ohne diese Unterstützung hätte ich meiner Arbeit als Fraktionsvorsitzende nicht nachkommen können. Dafür möchte ich mich bei allen Abgeordneten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter recht herzlich bedanken.

Jetzt lasst uns gemeinsam in den Europawahlkampf ziehen! Lasst uns die linke Fraktion im EP stärken! Wir wollen wachsen. Zeigen wir es den Neoliberalen und den Rechten! Europa ist ein linkes Projekt!