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Parteitag, Bundestagswahlen und Aktivitäten der BAG im Wahljahr

Von der Sitzung des Bundessprecherrates Senioren am 11. Juli 2013

Auf seiner jüngsten Sitzung nahm der Bundessprecherrat eine Auswertung des Dresdner Parteitages vor, diskutierte bisherige Aktivitäten und Schlussfolgerungen für die Arbeit der Landesarbeitsgemeinschaften im Wahljahr. Es erwies sich als erfrischende Fügung, dass sich Martin Schirdewan, eines der jüngsten Mitglieder des Parteivorstandes, in die Debatte des Bundessprecherrates über die Parteitagsergebnisse im Kontext mit der Seniorenpolitik der LINKEN einbrachte. Mit seiner Art, das komplizierte Vorfeld, den angespannten, aber sachlichen Verlauf und die Schwerpunktsetzung des Parteitages für den Bundestagswahlkampf zu beschreiben, traf er den Nerv der Sprecherratsmitglieder und bereitete damit den Boden für eine interessante Aussprache und mancherlei weiterreichende Erkenntnisse und Schlussfolgerungen.

Peter Deutrich (Torgau), selbst Delegierter des Parteitages, unterstützte die Wertung Martin Schirdewans und sah eine der wesentlichen Herausforderungen der nächsten Wochen und über die Bundestagswahlen hinaus in der Gewinnung von mehr Zustimmung für die Politik der LINKEN im großen Reservoir der Nichtwähler. Auch wenn die älteren Wähler i.d.R. als die bodenständigeren gelten, steht diese Aufgabe zunehmend auch für die Seniorenarbeitsgemeinschaften aller Ebenen. Das wird um so deutlicher, wenn man die Veränderungen in der Altersstruktur der Wahlberechtigten im Blick behält. Laut dem Institut "GeroStat" waren 1953 noch 22% aller Wahlberechtigten 60 Jahre und älter, 1990 26% und bei den letzten Bundestagswahlen bereits 32%.

Heike Tassis (LAG Bremen), berichtete über Schritte zur wirksameren Popularisierung der Seniorenpolitik der LINKEN mit Hilfe selbst gefertigter, schriftlicher, auf Bremer Verhältnisse zugeschnittener Materialien. Ihre Leitlinien für linke, Bremer Seniorenpolitik auf 4 Seiten, in großen, gut lesbaren Buchstaben auf farbigen Papier geschrieben, unterscheiden sie sich wohltuend von manchen ähnlichen Schriften. Sie sprechen nicht nur den Geldbeutel sondern auch die "Seele" derer an, die aus dem Erwerbsleben ausscheiden und sich in der Gesellschaft neu finden müssen. Die letzte Seite des Materials könnte eine interessante Anregung sein, Flugblätter mit der Fragestellung zu gestalten, warum Seniorinnen und Senioren die DIE LINKE wählen sollten. Behandelt wird bewusst nur eines der spezifischen Anliegen, die Menschen im Alter zunehmend bewegen - hier z.B die altersgerechte Gestaltung vorhandenen Wohnraums in Bremen. Dazu wird eine kurze, verständliche Argumentation geführt. Die Empfehlung am unteren Rand lautet in dicken Lettern lautet: Altersweisheit wählt links!

Dr. Silvia Wirth (Mitglied des BSR) verwies auf die Solidität der rentenpolitischen Aussagen im Wahlprogramm, die sowohl auf die Interessen der älteren als auch der jungen Generation abstellen, auf die Bewahrung des Lebensstandards im Alter und die Verhinderung von Altersarmut. Rentenpolitik ist und bleibt das Herzstück linker Seniorenpolitik und sollte auch weiterhin im Arbeitsplan jeder Seniorenarbeitsgemeinschaft stehen . Und dennoch sagen alle Erfahrungen, dass Seniorenpolitik, wenn sie mehr politische Wirkung zeigen soll, weit über Rente und Pflege hinaus gehen muss. Das scheint bei manchen Vorständen noch immer nicht angekommen zu sein. Wer die Menschen im nacherwerbstätigen Alter nur als Rentenempfänger oder Pflegebedürftige sieht, der unterschlägt nicht nur, dass die Seniorengeneration im Geflecht der Gesellschaft eine Vielzahl wichtiger Funktionen erfüllt , der spielt auch ungewollt jenen in die Hände, die immer wieder nachzuweisen versuchen, dass der "Ruhestand" (ein wirklichkeitsfremder Begriff für Seniorinnen und Senioren von heute) über seine Verhältnisse lebt und Abstriche hinnehmen müsse.

Peter Kätzel (LAG Sachsen) berichtete über jüngste Aktivitäten der LAG im Wahljahr. In einer gemeinsamen Beratung mit der Linksfraktion des Landtages wurden Positionen, Fakten und Argumente der LINKEN im Kampf gegen Altersarmut in Sachsen diskutiert. Eine Podiumsdiskussion zielte auf einen neuen Anlauf zur Verabschiedung eines Seniorenmitwirkungsgesetzes durch den sächsischen Landtag. An der Debatte beteiligten sich Genossinnen und Genossen aus Berlin. Sie berichteten über Erfahrungen, wie in der Hauptstadt dem Recht der "Alten" auf mehr Mitbestimmung zum Durchbruch verholfen wurde. Eine besondere Relevanz dieses Vorhabens für den Freistaat ergibt sich nicht zuletzt aus der Tatsache, dass Sachsen im Vergleich der Bundesländer den höchsten Anteil an über 65-jährigen Bürgerinnen und Bürgern an seiner Gesamtbevölkerung zählt. Genossinnen und Genossen der Kreis-AG Westsachsen (Borna), der Landtagsfraktion und eingeladene kompetente Gäste erörterten in einer gemeinsamen Beratung "Fragen des Lebens im Alter im ländlichen Raum" - ein Thema, das im Lichte der sich verändernden Bevölkerungsstruktur auch für die Bundesarbeitsgemeinschaft und die gesamte Partei an Brisanz gewinnt. In Auswertung einer gut durchdachten Seniorenumfrage analysierten die Teilnehmer die Lebenssituation in ländlichen Regionen und Kommunen, um neue Erkenntnisse zugewinnen, die geeignet sind, das Leben in der Gesellschaft seniorengerechter zu gestalten.

Hans Georg Schmidt (LAG Saarland) bestätigte auch an Hand saarländischer Erfahrungen diese Notwendigkeit, den Veränderungen der Lebensbedingungen der Menschen im ländlichen Raum durch die Bundesarbeitsgemeinschaft und die gesamte Partei mehr Aufmerksamkeit zu schenken. In manchen Gemeinden beträgt der Anteil der Seniorinnen und Senioren und damit der Wählerinnen und Wähler an der Gesamteinwohnerzahl bereits heute 50% und mehr. Er sprach sich für die Auswertung der Erfahrungen der Kreis-AG Westsachsen aus. Die Versuche anderer Parteien, der LINKEN vor den Wahlen Themen zu stehlen und nach der Wahl nichts dafür zu tun, sieht er auch als Chance, wenn solche Wahlversprechungen nach der Wahl konsequent entlarvt werden.

Ursula Monsees (LAG Thüringen) Eine solide Basis für die Aktionsfähigkeit der LAG und ihren Einfluss auf die Seniorenpolitik des Landesverbandes sieht sie in den im Vorjahr durch den Landesparteitag verabschiedeten seniorenpolitischen Leitlinien, in stabilen Arbeitsbeziehungen zum Landesvorstand und der engen Zusammenarbeit mit der seniorenpolitischen Sprecherin der LINKEN im Landtag, Margit Jung. In 16 der 21 Kreisverbände arbeiten Kreis-AG's, ein Ergebnis, an dem die Direktkontakte der LAG und ihrer Sprecherin mit den Kreisvorständen einen nicht unwesentlichen Anteil haben. Der Abbau noch vorhandener weißer Flecken erfordert eine genauere Kenntnis der Situation in den betreffenden Kreisverbänden wie auch gehörige Hartnäckigkeit und Geduld der LAG. Mit Unterstützung des Landesvorsitzenden wird daran gearbeitet, in den Kreisverbänden, je nach Möglichkeit, ein Mitglied der LAG in den Kreisvorstand zu wählen oder als Gast zu berufen. Um eigene positive Erfahrungen allen Kreis-AG zugängig zu machen, berichten in jeder Sitzung des Landessprecherrates jeweils 2 AG über ihre Arbeit. Erstmals wurden Probleme der Generationensolidarität gemeinsam mit Vertretern des Jugendverbandes Solid diskutiert. Im geplanten "Seniorensommer 2013" sollen diese Gespräche fortgesetzt werden.

Hans-Jürgen Scholz (LAG Sachsen-Anhalt) ging davon aus, dass in seinem Landesverband nur in 6 der 14 Kreisverbände Seniorenarbeitsgemeinschaften bestehen. Auf dem Hintergrund der sich verändernden Altersstruktur in Sachsen-Anhalt müsse der Sensibilisierung der Kreisvorstände für die wachsende Bedeutung linker Seniorenpolitik im Konzert der Gesamtpolitik der Partei mehr Aufmerksamkeit beigemessen werden. Die Ursachen für die unbefriedigende Situation reichen von der Unterschätzung der Seniorenpolitik (häufig durch ihre Reduzierung auf Rente und Pflege) über fehlende Information zu den Arbeitsinhalten der Seniorenarbeitsgemeinschaften bis hin zu der Befürchtung, dass damit die ohnehin schon dünne Personaldecke weiter belastet wird. Insoweit könnte die Nutzung positiver Erfahrungen anderer Landesarbeitsgemeinschaften hilfreich sein. Das jüngst durch den Landesvorstand beschlossene Personalkonzept sollte genutzt werden, um die Formierung der SAG'n in weiteren Kreisverbänden voran zu bringen.

Karl-Ludwig Spengler (LAG M.V) berichtete über einen ersten Gedankenaustausch des Sprecherrates der LAG mit der neugewählten Landesvorsitzenden Genossin Heidrun Bluhm. Im Mittelpunkt standen Vorstellungen und Vorschläge zur Stabilisierung der LAG, zur weiteren Aufwertung der Seniorenpolitik als Bestandteil der Gesamtpolitik des Landesverbandes sowie zur Vermehrung eigener Aktivitäten der LAG bei der Popularisierung und Umsetzung linker Seniorenpolitik. Der Landesvorstand bereitet gemeinsam mit der LAG in diesem Sinne eine seniorenpolitische Konzeption vor. Die LAG bringt sich in die Vorbereitung und Durchführung des 8. Altenparlaments in Mecklenburg-Vorpommern ein. Gestützt auf die Aussagen der 4. Landesprognose zur Bevölkerungsentwicklung setzt sich die Stadt- AG Hansestadt Rostock für einen ernsthaften Umgang des Stadtverbandes der Partei mit den Veränderungen der Alters- und Einwohnerstruktur in Rostock ein. Ein wahrscheinliches Anwachsen des Anteils der Rentnerinnen und Rentner an der Gesamteinwohnerzahl bis 2030 auf ca. 35 % bringt Herausforderungen mit sich, von denen viele bereits heute angegangen werden müssten, damit sie zum Wohle und nicht zu Lasten der Rentnerinnen und Rentner gelöst werden. Die Stadt-AG Senioren beteiligt sich an der Verteilung der Zeitung des Stadtvorstandes "Backbord", die künftig nicht nur Mitglieder sondern auch Parteilose erreichen soll.

Elke Böckmann (LAG Brandenburg) sprach über bisherige, noch nicht befriedigende Versuche zur aktuellen und perspektivischen Stabilisierung der personellen Situation der LAG. Ausgehend von einer nüchternen Bestandsaufnahme und dem Austausch der erfolgreichsten Aktivitäten der Landesarbeitsgemeinschaften auf diesem Gebiet sollte der Bundessprecherrat im kommenden Jahr Vorschläge erarbeiten, wie die Gewinnung weiterer Mitstreiter in den Seniorenarbeitsgemeinschaften aller Ebenen sytematischer und erfolgreicher gestaltet werden kann. Zu den stabilen Arbeitsgemeinschaften der LAG Brandenburg zählt neben denen der kreisfreien Städte vor allem die KAG Eberswalde. Ihre Grenzlage zu Polen nutzend, unterhalten die Eberswalder Genossen interessante Arbeitskontakte auch zu ehrenamtlichen polnischen Seniorenpolitikern. Die Auswertung der Eberswalder Erfahrungen durch die LAG und den Bundessprecherrat sollte eine weitere praktische Schlussfolgerung aus unserer Beratung "Linke Seniorenpolitik im Kontext mit der Seniorenpolitik der EU" am 4. April 2013 sein.

Wilhelm Döll (LAG NRW) berichtete über eine gemeinsame Veranstaltung mit der LAG "Selbstbestimmte Behindertenpolitik" und die erstaunliche Zahl von Schnittmengen, die sich in der Arbeit beider AG'n zeigen. Im Ergebnis dessen, wird darüber nachgedacht, in welchen Fragen sich die Anstrengungen beider LAG bündeln lassen, um so gemeinsam mehr politische Wirkung zu erreichen. Die LAG organisierte eine Info-Veranstaltung zur Vorsorgeproblematik im Alter. Vorsorgefragen (Vorsorgevollmacht u.a.) gehören zur Vielzahl der neuen, spezifischen Interessen und Bedürfnisse, die für Menschen nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zunehmend an Gewicht gewinnen. Die Mitglieder und Sympathisanten der LAG systematisch mit mehr Sachkenntnis zu Grund- und Alltagsfragen linker Seniorenpolitik auszurüsten, ist eine der Voraussetzungen, um die Seniorenpolitik der Partei nachhaltiger in die Öffentlichkeit zu tragen. Kritisch gewertet wurde die Art und Weise, wie eine geplante, mit den zuständigen, leitenden Genossen bereits vereinbarte Wahlkampfveranstaltung der Bundesarbeitsgemeinschaft und LAG in Nordrhein-Westfalen abgesetzt wurde. Das werfe die grundsätzliche Frage auf, wie ernst manche Funktionsträger die Arbeit der Seniorenarbeitsgemeinschaften der Partei nehmen und was ihnen die engagierte Mitarbeit der über 1200 ehrenamtlichen Seniorenpolitiker wert ist.

Frieder Rabe(Mitglied des Bundessprecherrates) unterstützte die Entscheidung der LAG NRW, mit der Wahlveranstaltung in Hamm auch die dort geplante Sitzung des Bundessprecherrates auszusetzen. Er plädierte dafür, den Bundesgeschäftsführer in einem Brief über den Vorgang "Wahlveranstaltung Hamm" und die Position des Bundessprecherrates dazu zu informieren. Die viel kritisierte Problematik, dass die Bundesarbeitsgemeinschaft im Parteivorstand keinen ständigen Ansprechpartner hat, resultiert nach seiner Kenntnis aus der Tatsache, dass der neugewählte Vorstand generell von der bisherigen Praxis der "Ansprechpartner" Abstand genommen hat. Frieder sprach sich dafür aus, dass der Bundessprecherrat selbst die Initiative ergreifen sollte, um eine/n an Seniorenpolitik interessierte Genossin oder Genossen als Ansprechpartner des Bundessprecherrates in Vorstandsfragen zu gewinnen.

Martin Schirdewan erklärte sich bereit, als solcher im Bedarfsfalle zur Verfügung zu stehen.

Angesichts der notwendigen Veränderungen am Arbeitsplan des Bundessprecherrates wurden die Sprecher, Karin Söllner und Wilhelm Döll beauftragt, mit Unterstützung der Genossen Silvia Wirth, Frieder Rabe, Dieter Zahn und Helmut Schieferdecker einen Änderungsvorschlag für die Arbeitsplanung II. Halbjahr 2013 vorzulegen.