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betrieb & gewerkschaft

Tarifeinheit bedroht kleine Gewerkschaften existentiell

Klaus Ernst

Die Bundestagsfraktion DIE LINKE. hat zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Tarifeinheit ein Gutachten bei dem renommierten Arbeitsrechtler Prof. Dr. Wolfgang Däubler in Auftrag gegeben. In dem Gutachten stellt er einen massiven Eingriff in die Koalitionsfreiheit fest, somit ist es grundgesetzwidrig. „Der faktische Entzug des Rechts, Tarifverträge abzuschließen und dafür einen Arbeitskampf zu führen, stellt einen denkbar weitreichenden Eingriff dar, der nur noch durch ein Gewerkschaftsverbot übertroffen werden könnte,“ warnt Däubler eindringlich. Sein Fazit: Das Gesetz ist nicht geeignet, der angeblichen Zersplitterung der Tariflandschaft Einhalt zu gebieten. Vielmehr gilt: Wer das Streikrecht für bestimmte Gewerkschaften per Gesetz einschränkt, bedroht deren Existenz.

Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf sieht vor, dass bei konkurrierenden Tarifverträgen in einem Betrieb nur derjenige der größeren Gewerkschaft zur Anwendung kommt. Die kleinere Gewerkschaft hätte damit keine Möglichkeit, ihren Tarifvertrag durchzusetzen. Rechtlich gesehen muss ein Streik jedoch immer das Ziel verfolgen, einen Tarifvertrag zu erreichen. Wenn ein Tarifvertrag ohnehin nicht greift, darf auch nicht mehr dafür gestreikt werden. Damit wäre die Daseinsberechtigung der betreffenden Gewerkschaft in Frage gestellt. Die gesetzliche Vorgabe der Tarifeinheit ist also der elegante Versuch, Gewerkschaften auszuschalten, ohne sie explizit zu verbieten.

Im Übrigen hat nicht die Tarifautonomie, sondern die seit Jahren zunehmende Deregulierungen am Arbeitsmarkt zur Zersplitterung der Tariflandschaft in den Betrieben geführt und die Gewerkschaften geschwächt. Im Ergebnis sind die Löhne seit Jahren faktisch von der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes abgekoppelt. Allein im Jahr 2013 hätten die Beschäftigten 120 Milliarden Euro mehr bekommen, wenn es den Gewerkschaften gelungen wäre, die Lohnquote, also den Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen, auf dem Niveau des Jahres 2000 zu halten!

Das Motiv für diese gesetzliche Regelung ist politisch motiviert und nicht rechtlich begründet. Auch das stellt das Gutachten von Prof. Däubler klar. DIE LINKE widersetzt sich massiv dem Versuch, durch Verfassungsbruch die Freiheitsrechte des Einzelnen zu beschneiden und die Existenz frei gebildeter Gewerkschaften zu gefährden.

Klaus Ernst, MdB, Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag

Das Gutachten ist hier als PDF zum Herunterladen verfügbar: bit.ly/1JNWn49