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Streiks der Krankenschwestern, Röntgenassistenten

Jörg Uksa

Anmerkungen zu den Tarifauseinandersetzungen am Klinikum Chemnitz

Im Juli dieses Jahres kam es zum Abschluss des Haustarifvertrages zwischen der Gewerkschaft ver.di und der Arbeitgeberseite des im 100%igen Besitz der Stadt Chemnitz befindlichen Klinikums für die nichtärztlichen Beschäftigten der Muttergesellschaft. Der Abschluss gilt nicht für die Tochterunternehmen, die weiterhin ohne Tarifvertrag dastehen, wie z.B. die Laborassistenten, die Physiotherapeuten, …

Die konkreten Ergebnisse unserer Tarifauseinandersetzungen können auf der Homepage der ver.di-Betriebsgruppe www.nichtalein.de eingesehen werden. Der Tarifabschluss ist ein Kompromiss nach harten, für die Öffentlichkeit zwar nicht so sichtbaren, Auseinandersetzungen, die in der Endphase in erstmals durchgeführten Streiks der Krankenschwestern, Röntgenassistenten u.a. mündeten.

Ursache der Konflikte war der 2005 von allen im Aufsichtsrat vertretenen Parteien (CDU, SPD, DIE LINKE, FDP) gefasste Beschluss, aus dem Kommunalen Arbeitgeberverband auszutreten. Das hatte den Effekt, dass der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, bis auf marginale Ausnahmen, nur noch ohne reale Lohnentwicklung nach dem TVöD galt. Neu Eingestellte wurden nach einer sogenannten Haustabelle, die vom Betriebsrat überhaupt erst eingefordert werden musste, bezahlt.

Das allgemeine Niveau dieser Tabelle, insbesondere der Berufsanfänger/innen war so niedrig, dass es unweigerlich zum Konflikt kommen musste. Hinzu kommt, dass viele Einstellungen nicht mit 100 Prozent, sondern nur mit 75 Prozent Arbeitszeit ausgeschrieben werden. Resultate dieser Entwicklung, die im übrigen Zeichen einer bundesweiten Entwicklung sind und nicht nur für Chemnitz, sondern auch für Leipzig, Berlin, Kiel und viele andere Standorte gelten, sind Reallohnverluste bis über 10 Prozent, tendenzieller Trend zur Teilzeit- und Niedriglohnbeschäftigung, Arbeitszeitverdichtung, frustrierende und krankmachende innerbetriebliche Verhältnisse (Burnout, Mobbing, innere Kündigung), Arbeitsstellenwechsel (Weggang ins Ausland bzw. in normal bezahlende Krankenhäuser in den alten Bundesländern).

Diese Entwicklung gefährdete letztlich die Versorgung der Bevölkerung von Chemnitz und Umgebung mit hochentwickelten medizinischen Leistungen, da ein großer Teil dieser notwendigen Aufgaben (Notfall- und Intensivmedizin, Krebstherapien, Operationen) Seite an Seite mit den ärztlichen Kollegen von den nichtärztlichen Beschäftigten geleistet wird.

Der Haustarifvertrag ist Ergebnis der Streiks der Beschäftigten am Klinikum, die nicht mehr die gleichen sind wie vor dem Streik. Für die meisten war es ihre erste Erfahrung mit dem grundgesetzlich verbrieften Recht von abhängig Beschäftigten.

Bescheiden höhere Löhne dürfen jetzt nicht dazu führen, dass auf anderem Wege versucht wird, den Druck auf die Beschäftigten zu erhöhen und Sparmaßnahmen durchzuführen.

In diesem Zusammenhang sind natürlich erst recht die demokratisch gewählten Stadträte und ihre Aufsichtsratsmitglieder gefragt. Die ver.di-Betriebsgruppe ist bestimmt an einem intensiven und konstruktiven Dialog interessiert.

Jörg Uksa ist Fachkrankenpfleger Anästhesie und Intensivmedizin, Mitglied der Tarifkommission und Streikleitung am Klinikum.

Jörg Uksa war im Forum 2 der Gewerkschaftspolitischen Konferenz zum Thema: Macht das Gesundheitssystem krank oder können doch noch Köpfe die Kopfpauschale stoppen? Der Marsch in die Kopfpauschale und eine weitere Verschlechterung der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sind erklärtes Ziel der Bundesregierung. Gibt es Alternativen, die erfolgreich in die Auseinandersetzung eingebracht werden können? neben Katrin Lompscher (Gesundheitssenatorin Berlin, DIE LINKE) und Harald Weinberg, MdB (Gesundheitspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag) ein kompetenter Gesprächspartner für die KonferenzteilnehmerInnen.