Nur mit Glück findet man einen Ausbildungsplatz
Diana Alt
Rückblick der IG Metall Jugend auf das Jahr 2012
Die IG Metall Jugend hat ein arbeitsintensives, aufregendes und schlussendlich erfolgreiches Jahr hinter sich. Die Kampagne "Operation Übernahme" konnte in der Tarifrunde neben der Stahl- auch in der Metall- und Elektroindustrie erfolgreich durchgesetzt werden. Dieses Ergebnis wurde nicht von heute auf morgen erzielt.
Die Forderung der Jugend nach einer unbefristeten Übernahme bekam 2009 ein Gesicht mit der Kampagne "Operation Übernahme". Am 23. Januar 2009 fand die Auftaktaktion in Erfurt statt. Eric Leiderer, Bundesjugendsekretär der IG Metall, sagte: "Die Übernahme nach der Ausbildung ist schon lange ein Kernthema der IG Metall Jugend. Aber heute - und das ist in den letzten Jahren noch einmal viel dramatischer geworden - ist für immer mehr junge Menschen die berufliche Zukunft vorbei, bevor sie richtig angefangen hat. Erst finden sie nur mit Glück einen Ausbildungsplatz, um nach drei Jahren wieder auf der Straße zu stehen."
Gemeinsames Ziel: Unbefristete Übernahme für alle!
Von da an kam es zu vielen bundesweiten Jugendaktionen. Am 5. September 2009 kamen erstmals tausende Jugendliche für eine gemeinsame Aktion in Frankfurt zusammen. Das gemeinsame Ziel wurde in die Öffentlichkeit getragen. Die IG Metall Jugend würde nicht locker lassen und weiter gemeinsam die unbefristete Übernahme für alle fordern.
Am 10. Juni 2010 gab es in Baden-Württemberg einen gemeinsamen Jugendtag in Stuttgart, Ulm, Rastatt, Aalen und Friedrichshafen. Tausende Jugendliche wurden mobilisiert. Die Jugendforderung gewann immer mehr Sympathisanten. In der Menge war auch der ein oder andere ältere Kollege oder Kollegin zu sehen.
Die Bundesjugendkonferenz der IG Metall im März 2011 beschloss einstimmig die Fortführung der Kampagne. Erst wenn die unbefristete Übernahme in den Betrieben wieder zur Regel wird, ist das Ziel der Kampagne erfüllt. Auch für die anderen Branchen der IG Metall forderten Jugendliche die unbefristete Übernahme.
Argumentation zur Übernahmesituation
Zu den Jugendaktionen kamen betrieblichen Aktionen hinzu. In den IG Metall Verwaltungsstellen gab es kaum einen Betrieb, der nichts von der Kampagne gehört hatte. Es gab keinen Auszubildenden oder dual Studierenden, dem die Forderung nicht klar war. Nun ging es darum, älteren Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben die Forderung der Jugend näher zu bringen. Manch einem/einer war die Übernahmesituation nicht bewusst. Viele meinten, es sei wie früher, die Auszubildenden erhalten nach ihrer Ausbildung einen unbefristeten Arbeitsvertrag und bleiben zumindest für die nächsten Jahre im Unternehmen. Diesen Irrglauben galt es zu berichtigen. Nicht nur die Jugend- und Auszubildendenvertreter und Betriebsräte taten hierfür ihr Bestes. Auch junge aktive Mitglieder fand man in den Pausen in klärenden Gesprächen mit ihren Kolleginnen und Kollegen.
Abstimmung für die Jugendforderung
Auf Jugend- und Betriebsversammlungen wurden verantwortliche Personen zur Stellungnahme aufgefordert. Nach den Versammlungen wurde für die unbefristete Übernahme abgestimmt. Auf Abstimmungskarten konnten alle Kolleginnen und Kollegen ihre Meinung abgeben. Allein im Bezirk Baden-Württemberg wurden 23.836 Stimmen für die Jugendforderung gesammelt.
Der nächste Höhepunkt der Kampagne war der Jugendaktionstag am 01. Oktober 2011 in Köln, an dem 20.000 Jugendliche teilnahmen. Sie kamen aus allen Regionen Deutschlands zur großen Kundgebung der IG Metall Jugend mit anschließender Demonstration durch Köln in die Lanxess-Arena. Das Medieninteresse war riesig. Die größten Nachrichtensender berichteten über die Aktion. Die Jugend zeigte erneut ihre Stärke und ihren Festigkeiten für die Forderung.
Forderung als Tarifforderung durchgesetzt
Die Arbeitgeber verweigerten die Forderung der IG Metall Jugend. Anderes war auch nicht zu erwarten, doch die Arbeitgeberargumente waren fadenscheinig. Am 19. April 2012 kamen Auszubildende und dual Studierende aus Baden-Württemberg zum Verhandlungslokal in Sindelfingen. Sie waren bereit den tarifpolitischen Kampf auszutragen, sollten die Arbeitgeber nicht einlenken. Dieses Zusammentreffen verlief ohne Ergebnis und so war es nicht überraschend, dass zur nächsten Verhandlungsrunde am 9. Mai 2012 in Böblingen noch mehr Jugendliche kamen, noch lauter waren und länger blieben.
Nach der fünften Verhandlungsrunde, in der Nacht zum 19. Mai 2012, nach einem 37-stündigen Verhandlungsmarathon verständigte man sich in Baden-Württemberg auf einen neuen Tarifvertrag. Neben einer Entgelterhöhung von 4,3 % ab 1. Mai 2012 konnte eine Mitbestimmung der Betriebsräte beim Einsatz von Leiharbeit und die unbefristete Übernahme der Auszubildenden verzeichnet werden.
Die IG Metall Jugend hat ein historisches Ziel erreicht und gezeigt, wie eine Forderung zur Tarifforderung wird und durchgesetzt werden kann. Nun gilt es, den Tarifvertrag in den Betrieben umzusetzen.
Diana Alt, IG Metall Gewerkschaftssekretärin