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Metalltarifrunde 2008 unter schwierigen Bedingungen

Heidi Scharf

Angetreten war die IG Metall mit dem festen Willen, endlich die Umverteilung von oben nach unten zu stoppen und wesentlich mehr in die Taschen der Beschäftigten zu bekommen, als die Jahre zuvor.

Bei der Aufstellung der Forderung gingen die Tarifkommissionsmitglieder noch davon aus, dass es eine kurze heftige Tarifrunde gibt und die Arbeitgeber stark unter Druck kommen und somit ein hoher Abschluss möglich ist. Immerhin gab es in dieser Tarifrunde keine Friedenspflicht. 8 % war eine berechtigte Forderung und sie wäre aufgrund der Riesengewinne vieler Unternehmen in der Metall- und Elektroindustrie auch finanzierbar gewesen. Die Beschäftigten hatten bis zum Schluss eine höhere Erwartung als das, was letztendlich abgeschlossen wurde. Das vor allem auch deshalb, weil sich an den Warnstreikaktionen in der ersten Novemberwoche wesentlich mehr Betriebe und Beschäftigte, auch erfreulich viele Angestellte, beteiligt hatten, als an den Aktionen der letzten Tarifrunden.

Das wirtschaftliche Umfeld wurde jedoch in der laufenden Tarifrunde von Tag zu Tag schwieriger. Die Unternehmen haben von diesen dunklen Wolken am Konjunkturhimmel eindeutig profitiert. Sie wussten genau, dass wir in der sich zuspitzenden Lage Schwierigkeit haben würden, einen schlagkräftigen, unbefristeten Streik zu führen. Manch eine Firma hätte sich sogar angesichts von Auftragseinbrüchen gefreut, wenn sie weniger Entgelt hätten zahlen und kein Kurzarbeitergeld hätte beantragen müssen.

Einzuschätzen war letztendlich in der Hintergrundkommission, ob mit einem Streik kurz vor der Weihnachtspause ein wesentlich höherer Abschluss erzielbar gewesen wäre, als der Verhandlungsstand der langen Verhandlungsnacht. Die Entscheidung ist bekannt. Man hat das Verhandlungsergebnis angenommen und es in der Tarifkommission zur Diskussion gestellt. Dort wurde die Tarifrunde sehr kritisch aufgearbeitet. Letztendlich wurde der Abschluss nach stundenlanger Diskussion mit wenigen Gegenstimmen angenommen.

Der Abschluss kann nicht schöngeredet werden, aber er ist auch nicht total schlecht. Einerseits mussten einige Kröten geschluckt werden und andererseits gab es doch auch positive Einzelergebnisse. Die tabellarische Erhöhung mit zwei mal 2,1 % jeweils zum 1.2. und 1.5. 2009 hätte besser ausfallen sollen. Für die drei Monate November bis Januar konnten 510 Euro Einmalzahlung im Dezember 2008 erreicht werden. Dies ist insbesondere für die unteren Entgeltgruppen ein sehr hoher Betrag bezogen auf das Monatsgrundentgelt. Negativ im Abschluss ist die Möglichkeit einer Verschiebung der Einmalzahlung um einen Monat bzw. eine Verschiebung der zweiten tabellenwirksamen Erhöhung bis spätestens Dezember 2009 auf betrieblicher Ebene. Eine Verschiebung der 510 Euro um einen Monat ist aus heutiger Sicht kaum erfolgt. Die meisten Betriebe haben im Dezember 2008 gezahlt. Inwieweit eine Verschiebung der zweiten Erhöhung durch die Arbeitgeber durchgesetzt werden kann, hängt von der betrieblichen Stärke ab. Der Betriebsrat hat hier ein Vetorecht, d.h. wenn er nicht zustimmt, muss der Arbeitgeber zum 1.5.2009 die 2,1 % auch zahlen.

Die IG Metall und ihre tarifpolitischen Akteurinnen und Akteure werden mehr denn je über mögliche Szenarien in Tarifrunden nachdenken und diskutieren müssen. Das hat keine Zeit bis zur nächsten Tarifrunde sondern muss jetzt geschehen. Die nächste Tarifrunde kommt bestimmt und die Mitglieder vergessen nicht, wie und was in dieser Tarifrunde gelaufen ist. Sie vergessen es auch nicht gegenüber den Arbeitgebern.

Heidi Scharf ist Mitglied im Parteivorstand und gewerkschaftspolitische Sprecherin der LINKEN