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betrieb & gewerkschaft

Lesetipp: Demokratisch streiken.

Fanny Zeise

Am Beispiel des Stuttgarter ver.di Bezirks, der bekannt ist für seine häufigen und ausdauernden Streiks, hat Catharina Schmalstieg im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung den Zusammenhang von Beteiligungsmöglichkeiten und Arbeitskampffähigkeit untersucht. Die Studie „Partizipative Arbeitskämpfe, neue Streikformen, höhere Streikfähigkeit?“ kann kostenlos bei der Stiftung bestellt werden.

Als einen wichtigen Ort für Partizipation macht Catharina Schmalstieg die Streikversammlung aus. Hier werde über Probleme im Streik und den Umgang damit beraten. Als beispielsweise im Streik im öffentlichen Dienst 2006 der Streik der Müllwerker ins Leere zu laufen schien, weil die Stadt Stuttgart private Entsorger einsetzte, beriet eine Streikversammlung über die Situation. Im Ergebnis wurde beschlossen das Müllheizkraftwerk zu blockieren und der Versuch der Stadt, den Streik zu brechen und die Streikenden zum Aufgeben zu bewegen, abgewehrt. 

Die kampagnenförmige und langfristige Vorbereitung von Tarifrunden schildert Schmalstieg als einen zentralen Baustein einer partizipatorische Gewerkschaftsarbeit. Die Tarifrunde im öffentlichen Dienst 2012 wurde auf offenen Aktiven- und Funktionärskonferenzen diskutiert. In einem Planungsworkshop entwickelten die Aktiven Motto und Logo der Kampagne „Aktiv für mehr Geld“. Für die Beschäftigten sei es so möglich, sich frühzeitig an der Tarifauseinandersetzung zu beteiligen. Wichtig für den kontinuierlichen Austausch mit den Beschäftigten seien aber auch weitere Elemente wie die intensive Einbeziehung von Ehrenamtlichen in die Streikleitung oder die aufsuchende Befragung über das Tarifergebnis nach dem Arbeitskampf. 

Die Studie von Catharina Schmalstieg macht darüber hinaus die Schwierigkeiten und Grenzen von Partizipation deutlich. Beschäftigte müssen über Informationen und Erfahrungen verfügen, um die Tragweite ihrer Entscheidungen zu überblicken. Die Streikstrukturen transparent zu machen und die strategischen Fähigkeiten im Bezirk durch eine langfristige Planung und die frühzeitige Information und Einbeziehung der Beschäftigten auszuweiten sei ein Verdienst von ver.di Stuttgart, so Schmalstieg.

Die Stuttgarter Beteiligungsorientierung, so das Fazit von Catharina Schmalstieg, wirke sich entscheidend auf Mobilisierung im Arbeitskampf aus. Wenn Beschäftigte den Arbeitskampf mitprägen sind sie eher bereit ausdauernd zu streiken und ihre KollegInnen dazu zu ermuntern. Mit ihren Ausführungen zu demokratischen Streikstrukturen bietet ihre Studie viele Anregungen für die Praxis und eine gute Grundlage, die Diskussion um Erneuerung durch Streik weiterzuführen.