Erneuerung durch Streik
Fanny Zeise, Cuno Hägele
Um voneinander zu lernen diskutierten über 500 Gewerkschaftsaktive über ihre Streikerfahrungen auf der von der Rosa-Luxemburg-Stiftung und ver.di Stuttgart organisierten Konferenz „Erneuerung durch Streik“ vom 1. bis 3. März in Stuttgart.
„Es gibt keine wissenschaftliche Sozialkritik ohne Sozialkritik in der Praxis“, beschrieb der Soziologe Klaus Dörre von der Universität Jena in seiner Abschlussrede am Sonntag sein Verständnis kritischer Wissenschaft und würdigte die auf der Konferenz zusammengetragenen praktischen Erkenntnisse. Neben haupt- und ehrenamtlichen Gewerkschaftsaktiven suchten auch GewerkschaftsforscherInnen und Studierende den Austausch im Stuttgarter Gewerkschaftshaus.
Bernd Riexinger, ehemaliger Geschäftsführer von ver.di Stuttgart, betonte wie wichtig demokratische Streikstrukturen seien. „Streiks können eine Emanzipationsbewegung sein, wenn die Streikenden tatsächlich Akteure und nicht Objekte sind.“ Von einem gestiegenen Selbstbewusstsein der Beschäftigten berichteten Aktive des Streiks 2009 in der Gebäudereinigung. Allerdings sei es schwer, in diesem Bereich Streikfähigkeit herzustellen. Prekäre Verträge üben Druck aus und der flexible Einsatz an verschiedenen Objekten – von Flughafen bis Schulkantine – macht eine gemeinsame Verständigung schwierig. Mit einer guten Recherche über Schwachstellen der Arbeitgeber, engagierte Streikende und Druck von außen – an der Technischen Universität solidarisierten sich die Studierenden mit den streikenden Reinigungskräften ihrer Hochschule – wurde der Streik dennoch zum Erfolg.
Herausgestellt wurde auf der Konferenz immer wieder der Zusammenhang von Streiks und Mitgliederentwicklung. Um Gewerkschaften zu stärken und zu erneuern, müsse das wichtigste Machtmittel der Gewerkschaften, der Streik, offensiv und innovativ genutzt werden. „Erneuerung durch Streik, heißt konfliktorientierte Gewerkschaftsarbeit, nicht Stellvertreterarbeit sondern basisdemokratisch, transparente betriebliche Gewerkschaftsarbeit.“ formulierte Cuno Hägele, Geschäftsführer von ver.di Stuttgart, seine Vorstellung von Gewerkschaftsarbeit. „Viel hängt vom Handeln der Akteure ab“, so Klaus Dörre und konstatierte, Gewerkschaften hätten, auch in Krisenzeiten, eine „strategische Wahl“. Die Diskussion über Streikstrategien und konkrete Schritte soll auf regionalen Treffen und in Publikationen weitergeführt werden. Angedacht ist auch eine Folgekonferenz in Hannover.
Cuno Hägele, Geschäftsführer ver.di Bezirk Stuttgart
Fanny Zeise, Referentin Arbeit, Produktion, Gewerkschaften bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung