Halberstädter Kongress - erster allgemeiner Gewerkschaftskongress Deutschlands
Werner Ruch
Vor 120 Jahren, vom 14. bis 18. März 1892 fand in Halberstadt der erste allgemeine Gewerkschaftskongress Deutschlands statt.
Vertrauensleute der Metallarbeiter hatten im August 1890 die Frage aufgeworfen: Wie können die Arbeiter den Unternehmerkoalitionen am wirksamsten entgegen treten? Besonders in Hamburg hatte es massenhafte Aussperrungen der am 1. Mai streikenden Arbeiter gegeben. Deren Wiedereinstellung wurde vom Austritt aus der Gewerkschaft abhängig gemacht. Den Gewerkschaftsvorständen wurde die Frage gestellt, ob es nicht dringend notwendig sei, eine Konferenz aller Gewerkschaftsorganisationen einzuberufen. Nach dem Sieg über das Sozialistengesetz drängte es zur Änderung der gewerkschaftlichen Strukturen.
So kam es in einem ersten Schritt im November 1890 zur Berliner Gewerkschaftskonferenz auf die Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands gegründet wurde, deren Vorsitzender Carl Legien bis zu seinem Tode 1920 war.
In seiner Halberstädter Eröffnungsrede an die 208 Delegierte, die mehr als 300.000 Mitglieder vertraten (von den 4.000 gewerkschaftlich organisierten Frauen waren vier delegiert), sagte Carl Legien, dass die Gewerkschaftsorganisationen allein nicht die Kraft haben, eine eigene Lösung der "Sozialen Frage" herbeizuführen aber wesentlich die Emanzipationsbestrebungen der Arbeiterklasse unterstützen würden. Gewerkschaften, so Legien, haben den Boden zu ebnen für eine höhere geistige Auffassung und durch Erringung besserer Lohn- und Arbeitsbedingungen die Arbeiter zu befähigen, die historische Aufgabe zu lösen.