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betrieb & gewerkschaft

Fairer Welthandel statt Lohndumping

Michael Schlecht

Fairer Handel muss die Lebensbedingungen der Menschen verbessern und für gute Arbeit sorgen. Was aber im TTIP verhandelt wird, hat damit nichts zu tun.

Die TTIP-Verhandlungsführer wollen Handelsstandards für den Rest der Welt festlegen. Allein die Größe des Freihandelsraums USA/EU soll dafür sorgen, dass die Regeln auch für andere Regionen der Welt normsetzend werden. Die ärmsten Länder der Welt werden weiter an den Rand gedrängt. Der Freihandel westlicher Prägung weist den Ländern des Globalen Südens die Rolle als Rohstofflieferanten und verlängerten Werkbank zu. Davon profitiert in diesen Ländern zumeist nur eine kleine Elite. Für den Großteil der Bevölkerung bleibt oft nur bittere Armut.

TTIP und CETA sind nicht nur eine Gefahr für die Standards in den unmittelbar beteiligten Staaten selbst. Auch deshalb gehören die Abkommen gestoppt. Ein fairer Welthandel würde voraussetzen, dass die berechtigten Interessen aller Länder akzeptiert werden und darauf eingegangen wird. Vor allem heißt fairer Handel, dass insbesondere Deutschland seine einseitig exportorientierte Wirtschaftsstrategie aufgibt.

2014 wuchs die deutsche Wirtschaftsleistung um 1,5 Prozent. Darin enthalten war ein Exportüberschuss von rund 190 Milliarden Euro. Die deutsche Wirtschaft verkaufte im vergangenen Jahr Waren und Dienstleistungen im Wert von 190 Milliarden Euro mehr ans Ausland, als sie aus dem Ausland bezog. Das ist Weltrekord. Dieser Überschuss soll im Jahr 2015 nach Einschätzung des Wirtschaftsministers sogar auf 206 Milliarden weiter steigen. Diesen Außenhandelsüberschüssen müssen in anderen Ländern entsprechende Defizite gegenüberstehen. Diese können nur mit Schulden finanziert werden. Mit dieser deutschen Exportstrategie werden immer mehr Länder in die Verschuldung gedrückt.

Seit dem Jahr 2000 summieren sich die deutschen Exportüberschüsse auf 1,8 Billionen Euro, am Ende des Jahres werden es zwei Billionen sein. Kann so ein fairer Welthandel funktionieren? Nein! Eigentlich müsste Deutschland zeitweise Defizite im Außenhandel machen, um die Verschuldung des Auslands zu senken und zu fairem Welthandel beizutragen.

Der Exportüberschuss wurde durch Lohndumping erkauft. Von der Schröder-Fischer-Regierung wurde dieser mit der Agenda 2010 eingeleitet. Mit Leiharbeit, Befristungen, Minijobs und Werkverträgen wurden die Durchsetzungsbedingungen für gewerkschaftliche Tarifpolitik nachhaltig geschwächt.

Auch wenn in den letzten Jahren wieder zaghafte Reallohnsteigerungen möglich wurden, verdienen Beschäftigte in Deutschland preisbereinigt immer noch weniger als im Jahr 2000. Wären die deutschen Reallöhne seit 2000 im Gleichschritt mit der Produktivität gewachsen, dann lägen sie heute um nahezu 20 Prozent höher. Durch die Umverteilung von unten nach oben in den letzten 15 Jahren sind die Beschäftigten um mehr als eine Billion enteignet worden. Dies ist nicht nur ein sozialer Skandal, sondern auch ökonomisch verhängnisvoll. Die Massenkaufkraft wurde drastisch beschnitten und damit auch die Importe.

Dabei wäre die Lösung so einfach: massive Reallohnerhöhungen und öffentliche Investitionen zur Stärkung der Binnennachfrage. Das stützt die Konjunktur, schafft Jobs, macht Menschen wohlhabender, erhöht den Import. Und wäre so ein wesentlicher Beitrag zu einem fairen Welthandel.

DIE LINKE ist deshalb gefordert zusammen mit Gewerkschaften den Kampf für eine neue Ordnung am Arbeitsmarkt, für die Stärkung der Gewerkschaften und für höhere Löhne sowie gegen unsichere Lebensverhältnisse mit aller Kraft zu organisieren. Ein Erfolg der Kampagne "Das muss drin sein" der LINKEN wäre ein wichtiger Beitrag hin zu einem fairen Welthandel.

Michael Schlecht, MdB, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag.